Bochum. Cansin Köktürk hatte den Bochumer Grünen in den Vorbereitungen zur Landtagswahl Mobbing vorgeworfen. Nun ist sie aus dem Vorstand zurückgetreten.
Bei den Grünen in Bochum tobt eine parteiinterne Schlammschlacht, nachdem Vorstandsmitglied Cansin Köktürk (28) auf der Landesdelegiertenkonferenz in Siegen Mobbing-Vorwürfe öffentlich gemacht hatte. Man habe sie über Treffen nicht informiert, erklärt sie im Gespräch mit der WAZ. Sie habe außerdem diverse „Nachrichten“ erhalten. Wie der Inhalt dieser Nachrichten gewesen sei und wer sie geschickt habe, das möchte die Sozialarbeiterin auf Nachfrage nicht verraten.
Die Sozialarbeiterin hatte sich auf der Landesdelegiertenkonferenz um einen Listenplatz für die Landtagswahl 2022 beworben – ohne dafür die Unterstützung ihres Bochumer Kreisverbandes zu haben. „Nein ich habe kein Votum. (...) Der eine mag sagen ‘krasse Aktion, sich so hoch auf die Liste zu stellen’ (...), aber ich habe einfach keinen Bock mehr, dass das Leid der Menschen knallhart ignoriert wird“, sagte die 28-Jährige in ihrer Bewerbung.
Eklat auf der Landesdelegiertenkonferenz: Mobbing-Vorwürfe gegen Bochumer Grüne
Die Wattenscheider Bezirksvertreterin Sonja Lohf stellte die Sozialarbeiterin in der anschließenden Fragerunde zu Rede: Warum sie denn ohne Votum auftrete. Cansin Köktürk reagierte angefasst, sprach von „hasserfüllten Fragen“. Auf ihrem Instagram-Account wird sie deutlich. „Ich habe (...) berichtet, dass ich in meinem Kreisverband von bestimmten Personen gemobbt wurde. Diese Art von versteckten Angriffen, von provozierenden Kommentaren und Ignoranz sowie Missgunst darf nicht ignoriert werden.“
Sie habe dies bereits vor der Wahl dem Landesvorstand kommuniziert. Im Mai 2021 sei über die Kandidaturen für die Landtagswahl gesprochen worden. „Da fingen die ersten Konflikte an. So ein Engagement wird nicht gerne gesehen, wenn man noch nicht lange dabei ist“, sagt Cansin Köktürk. „Mich hat nicht der ganze Kreisverband gemobbt. Es waren einige Fraktionsmitglieder und der Vorstand.“
Bochumer Grüne weisen Vorwürfe entschieden zurück
Die Bochumer Grünen weisen die Mobbing-Vorwürfe entschieden zurück. „Wir haben keinerlei Hinweise darauf, dass es Mobbing gegeben hat“, sagt Grünen-Kreisgeschäftsführer Oliver Buschmann im Nachgang der Aussprache. „Wir haben versucht, das zu verstehen. Aber sie sieht Kritik als Mobbing an.“
Vorstandssprecherin Claudia Stein erklärt in einem Beitrag auf Instagram, dass Vertrauen zwischen dem Kreisverband und Cansin Köktürk zerbrochen sei, nachdem die Sozialarbeiterin erklärt habe, dass ihr „eine Vielzahl von Regeln widerstrebe“ und Fraktionsdisziplin für sie nicht bindend sei.
In einem Brief an die Mitglieder der Grünen, der dieser Zeitung vorliegt, heißt es, dass die Vorwürfe „pauschal und ohne jeden Beleg“ seien. Trotz mehrfacher Versuche sei es nicht gelungen, die Konflikte intern und konstruktiv zu lösen. Der Vorstand der Grünen stellt sich in seinem Brief solidarisch hinter Sonja Lohf, die aufgrund der öffentlichen Behauptungen derzeit massiv um ihre Reputation fürchten müsse.
Cansin Köktürk war bereits in Talkshow von Markus Lanz zu Gast
Cansin Köktürk ist in der Öffentlichkeit keine Unbekannte. Mit ihrer scharfen Kritik an den – damals noch – Verhandlungen zur Ampelkoalition tourte die Sozialarbeiterin durch Medien, saß unter anderem in der Talkshow von Markus Lanz beim ZDF vor der Kamera. Mit ihrem Zitat „Es ist ein Skandal, dass so viele junge Leute die FDP gewählt haben“, sorgte sie bundesweit für Furore.
Mitglied seit Oktober 2020
Cansin Köktürk arbeitet als Sozialarbeiterin. Sie hat unter anderem die Flüchtlingsunterkunft am Nordbad geleitet.
Die 28-Jährige war bereits Mitglied bei den Linken, trat dort aber aus. Seit Oktober 2020 ist sie Mitglied bei den Grünen. Im April 2021 wurde sie bei den Bochumer Grünen in den Vorstand gewählt.
Am Mittwochabend hatten sich die Grünen zu einer Aussprache getroffen. Cansin Köktürk trat daraufhin aus dem Vorstand der Bochumer Grünen zurück. „Ich möchte nicht mit Menschen an einem Tisch sitzen, die ihr Tun nicht hinterfragen.“