Bochum. Schauspielerin Esther Schweins ist Mitgründerin eines Start-ups in Bochum. Aus Alttextilien werden Kissen gefertigt. Der Füllstoff überrascht.

Bei „RTL Samstag Nacht“ wurde sie in den 90er Jahren bekannt. Längst hat sie sich als TV- und Bühnenschauspielerin und Regisseurin etabliert. Zusätzlich hat Esther Schweins nun ein neues Geschäftsfeld erschlossen: Als Mitgründerin eines Bochumer Start-ups ist sie als „Textilretterin“ im Einsatz – mit einem überraschenden Naturprodukt.

„amoamo“ lautet der liebevolle Name des Unternehmens, das Esther Schweins mit Jackie Welsing an den Start gebracht hat. Die Freundinnen kennen sich seit mehr als 30 Jahren, als sie bei der Modenschau „Art Couture“ in Castrop-Rauxel mitwirkten. Die war ihrer Zeit weit voraus, galt es doch schon damals, die Textilbranche nachhaltiger zu machen: mit dem Recyceln gebrauchter Kleidung.

Zusammenarbeit war schon vor 30 Jahren geplant

Der TV-Star und die Diplom-Ingenieurin für Textil- und Bekleidungstechnik nahmen sich immer wieder vor: Daran müssen wir anknüpfen! Daraus müssen wir etwas Gemeinsames machen! Doch es dauerte drei Jahrzehnte, bis die beiden ihren Plan jetzt in die Tat umsetzten.

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Die Leidenschaft für „amoamo“ ist im WAZ-Gespräch deutlich spürbar. Esther Schweins und Jackie Welsing schwärmen von ihrer Geschäftsidee, die so einfach wie erfolgversprechend daherkommt. Man nehme gut erhaltene Alttextilien, nähe sie um, fülle sie mit Seegras – und schenke ihnen damit ein neues Leben.

Idee zum Füllstoff kam auf Mallorca

Um auf Seegras zu kommen, hatte es Esther Schweins nicht weit. Die Oberhausenerin hat ihren ersten Wohnsitz auf Mallorca. An den Stränden des Mittelmeeres wird Seegras in Massen angespült. „Es ist ein Rohstoff mit vielen wertvollen Eigenschaften, die gut für Mensch und Natur sind“, sagt die 51-Jährige. Seegras sei schimmel- und milbenfrei, verrottungsbeständig, atmungsaktiv, aseptisch und absorbiere beträchtliche Mengen Schweiß. Heißt: ein optimaler Füllstoff für Kissen.

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Die Geschäftsfrauen machten sich ans Werk. Für das Seegras fanden sie einen der wenigen Lieferanten an der dänischen Nordsee-Felsküste. Mehrere Wochen getrocknet, werden die Gräser in Kartons nach Bochum transportiert. Zur Verarbeitung geeignete Alttextilien von Hosen und Pullovern über Vorhänge bis zu Decken liefert ein Händler in Wuppertal. In der Dortmunder Behindertenwerkstatt Gottessegen werden die Stoffe zu Kissenhüllen umgenäht. Als Füllstoff dienen neben Seegras auch Zirbenholzspäne und Korkgranulat.

Aus alten Lieblingsstücken werden neue Kissen

In ihrem kleinen Ladenlokal an der Königsallee 16 unweit des Schauspielhauses sowie im Onlineshop (www.amoamo.de) halten die Gründerinnen bisher ausschließlich vorgefertigte Ware bereit, darunter federleichte Yoga- und Meditationskissen (ab 40 Euro), Schlafkissen und Nackenrollen (ab 20 Euro).

Neu ist das Angebot, dass Kunden aus ihren ausrangierten Lieblingsstücken Kissen fertigen lassen können. Alles, was recyclingtauglich ist, ist willkommen. So wird aus der alten Jeans, dem heiß geliebten T-Shirt und Hoodie oder der ausgefransten Wolldecke ein umweltfreundliches Kuschel-Unikat. Die Kontaktdaten für eine Terminvereinbarung gibt’s auf der Homepage.

Das Knistern des Seegrases ist inklusive

„Für viele Menschen sind Altkleider nur Müll. Für uns sind sie eine wertvolle Ressource, die wir nutzen wollen“, sagen Esther Schweins und Jackie Welsing (55). Dabei trumpfen ihre Kissen mit einem beruhigenden Nebeneffekt auf: Das maritime Knistern des Seegrases ist auch Labsal für die Seele.