Bochum. Der Tierpark Bochum bietet bald eine Handy-App für Besuchende mit und ohne Behinderung an. Das Projekt ist einzigartig in der deutschen Zoo-Welt.

Der Tierpark Bochum bietet ab kommendem Frühjahr eine innovative Smartphone-App für Menschen mit und ohne Behinderung an. Mithilfe von sieben interaktiven Erlebnisstationen an ausgewählten Tieranlagen und des eigenen Smartphones wird die reale Zoowelt mit digitalen Angeboten verknüpft. Der Zoo spricht von einem „inklusiven Tierpark-Erlebnis“.

Zurzeit ist das Projekt in einer Testphase.

Angesprochen ist zum Beispiel Dennis H. (25), der seit seiner Geburt sehbehindert und seit seinem 15. Lebensjahr nahezu blind ist. Seine Restsehfähigkeit von zwei Prozent auf einem Auge ermöglicht es ihm, zwischen hell und dunkel zu unterscheiden. Ein Erdmännchen – oder ein anderes exotisches Tier – hat er noch nie gesehen. Bei seinem Besuch im Tierpark kann er nun mit allen verfügbaren Sinnen in die Welt der Tiere einzutauchen.

Moderne Technologien eröffnen dem Tierpark-Besuchenden völlig neue Perspektiven

Auf den Edelstahlpulten der interaktiven Erlebnisstationen sind Tastmodelle passend zum jeweiligen Tier angebracht. Die neue Smartphone-App begleitet das Ertasten.  
Auf den Edelstahlpulten der interaktiven Erlebnisstationen sind Tastmodelle passend zum jeweiligen Tier angebracht. Die neue Smartphone-App begleitet das Ertasten.   © Tierpark Bochum

Die neue Smartphone-App spielt wertvolle Informationen rund um den Zoobesuch und zu Tieren zur richtigen Zeit und am richtigen Ort auf das Handy des Nutzers. Moderne Technologien, wie etwa 360-Grad-Videos oder ein 3D-Druck-Verfahren eröffnen Besuchenden völlig neue Perspektiven auf die Tierwelt.

Blinde und sehbehinderte Menschen wie Dennis H. finden bereits am Tierpark-Eingang ein verlegtes Blindenleitsystem, das ihnen die Orientierung durch den Park erleichtert. Das Wegenetz ist zusätzlich als digitale, taktile Karte in der App hinterlegt. Vibrationen und ein Audioassistent signalisieren die Wegeführung.

Ein Hör-Führer begleitet Sehbehinderte beim Ertasten der Tiermodelle

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Auf den Edelstahlpulten der interaktiven Erlebnisstationen sind Tastmodelle passend zum jeweiligen Tier angebracht. Bei den Erdmännchen findet Dennis H. sowohl ein Ganzkörpermodell des Raubtieres sowie besondere Details, wie die Pfote oder das Gebiss, die sich genau ertasten lassen. Der Audioguide (Hör-Führer) der App führt Dennis H. langsam durch das ertastende Entdecken und erklärt genau, wieso ein Erdmännchen häufig aufrecht auf den Hinterbeinen steht, dass es die langen Krallen zum Graben von Höhlen einsetzt und die scharfen Eckzähne zum Fangen seiner Beute benötigt.

Mehr als drei Jahre Entwicklungszeit im Tierpark Bochum

Hinter der App steckt das Informationssystem „Ambient Information 4 All (AI4A)“. Mehr als drei Jahre hat das Projektkonsortium – die Bochumer Software-Entwicklungsfirma „Netzfactor GmbH“, das Stahlverarbeitungsunternehmen HOBA STEEL aus Holzwickede und der Tierpark – an der Realisierung von AI4A gearbeitet.

Zoodirektor Ralf Slabik: „Wir sind mit diesem, in der deutschen Zoolandschaft einzigartigen Projekt ein Vorbild für die gesamte Branche, mit Übertragungspotenzialen für alle Kultur- und Freizeiteinrichtungen in Deutschland.“