Bochum. Wer gibt den Löffel ab? Branchenkenner warnten vor einer Pleitewelle in der Gastronomie. Doch jetzt gibt es Zuversicht – und eine neue App.

Wer gibt zuerst den Löffel ab? Branchenkenner waren noch im Sommer sicher, dass in der Corona-Pandemie zahlreiche Restaurants in Bochum schließen müssen. Eine Fehleinschätzung. Die Gastronomie hat bisher kaum Abgänge zu beklagen. Aktuell brummt das Geschäft, auch befeuert durch eine neue App. Doch der Branchenverband Dehoga warnt: Die Krise ist noch längst nicht vorbei.

„Ich kann vor dieser Leistung nur den Hut ziehen“, sagt Andreas Sievers. Beim Lebensmittel-Großmarkt Niggemann koordiniert er das „Menue Karussell“, eine der bundesweit größten Gastro-Aktionen. Erfolgsrezept: ein Vier-Gang-Menue zum Festpreis, Getränke inklusive. Mehr als 20.000 Essen werden in der Region Bochum (mit Herne) in normalen Jahren aufgetischt. Wegen Corona drehte sich das Karussell 2021 erstmals nicht im umsatzschwachen Frühjahr, sondern im September und Oktober. „Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen haben die 22 teilnehmenden Lokale ein Plus erzielt. Und das bei dezimiertem Personal und Hochbetrieb in der Herbstsaison“, berichtet Sievers.

„Menue Karussell“ dreht sich noch bis Sonntag

Vor allem im Oktober nahm das Karussell an Fahrt auf, sagt Marcus Post, der in seinem Restaurant Post’s Lottental ein hochklassiges Menü u.a. mit Gambas-Spieß, Lachsfilet und Rumpsteak anrichtet. Gleichwohl zeigen sich die Gastronomen froh, nach dem Finale an diesem Wochenende (menue-karussell.de) 2022 zum angestammten Zeitraum Februar/März zurückzukehren. Dann mit neuem Design und reduziertem Teilnehmerfeld mit 25 Lokalen pro Region (bisher über 30). „Wir legen noch mehr Wert auf Qualität“, kündigt Sievers an. Gutscheine soll es rechtzeitig vor Weihnachten geben.

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Die erste Bilanz des „Menue Karussells“ spiegelt die Stimmung in vielen Lokalen wider. „Die Menschen haben wieder große Lust aufs Ausgehen“, beobachtet Thorsten Hellwig, Sprecher des Hotel- und Gaststättenverbandes in NRW. Eine befürchtete Pleitewelle sei bislang ausgeblieben. Die Restaurants seien voll. Und gerade in Universitätsstädten wie Bochum bestehe Zuversicht, auch die massiven Personallücken zu schließen. Durch die Rückkehr der Unis und Hochschulen zum Präsenzstudium könnte das Problem mit fehlenden Service-Aushilfen bald gelöst sein.

Mit dem Außer-Haus-Geschäft (hier im November 2020) hielt sich Andreas Schreiner im Corona-Lockdown über Wasser. Inzwischen ist sein Restaurant an der Hattinger Straße wieder gut gefüllt.
Mit dem Außer-Haus-Geschäft (hier im November 2020) hielt sich Andreas Schreiner im Corona-Lockdown über Wasser. Inzwischen ist sein Restaurant an der Hattinger Straße wieder gut gefüllt. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

Branchenverband warnt: Tief ist noch nicht überwunden

Alles in Butter also? Keineswegs. Thorsten Hellwig warnt vor einem weiteren Anstieg der Inzidenzzahlen im Herbst und Winter. „Da sehen wir noch viele Unsicherheiten.“ Hinzu komme: Die Überbrückungshilfen laufen zum Jahresende aus. 2022 müssen Corona-Kredite, häufig auch gestundete Mieten zurückgezahlt werden. „Da warten manche Herausforderungen.“

„Winter Kulinarisch“ fällt auch 2022 aus

Nach der Corona-Absage in diesem Jahr wird es auch 2022 kein „Winter Kulinarisch“ geben. Das kündigt Andreas Sievers vom Großmarkt Niggemann an, in dessen Verkaufshalle in Hofstede 2019 und 2020 der Winter-Ableger von „Bochum Kulinarisch“ jeweils mehr als 1000 Besucher angelockt hatte.

Zuversicht herrscht für den Sommer. Vom 10. bis 14. August 2022 soll „Bochum Kulinarisch“ mit 16 Gastronomen nach dann drei Jahren auf den Boulevard zurückkehren.

Andreas Schreiner will sie auch künftig meistern. Mit seinem Restaurant „Schreiner’s Essen + Trinken“ an der Hattinger Straße hat er sich im Lockdown mit einem florierenden Außer-Haus-Verkauf über Wasser gehalten. „Der ist seit der Wiedereröffnung um 90 Prozent eingebrochen“, sagt Schreiner. Zugleich seien die Gäste aber ins Lokal zurückgekehrt. „An den Wochenenden sind wir ausgebucht. Alle, die früher außer Haus bestellt haben, sitzen jetzt bei mir.“

Neue App bietet Vergünstigungen in 40 Bochumer Lokalen

Wer auch mal woanders sitzen will, kann eine neue App nutzen. Das Jungunternehmen „NeoTaste“ mit Sitz in Osnabrück ist damit in Bochum als erste Stadt in NRW gestartet. 40 Gastro-Betriebe stellen sich und ihr Angebot digital vor. „Die Nutzer erhalten einen 2:1-Hauptgericht-Deal, Direktrabatte oder werden auf eine gratis Vor- oder Nachspeise eingeladen“, heißt es bei „NeoTaste“.

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Die Mitgliedschaft kostet 29 Euro im Jahr. Damit hat man auch Zugriff auf die weiteren „NeoTaste“-Städte. Nach Bochum ist Düsseldorf als nächster Standort in der App live gegangen. Alle Infos auf neotaste.app.