Bochum. Während sich die Stadt zurückhält, sickern immer mehr Details zur Bewerbung um die Nato-Agentur durch. Erstaunlich, was Bochum alles anbietet.

Wesentlich weiter gediehen als die Stadt offiziell einräumt sind nach Informationen der WAZ die Anstrengungen zur möglichen Ansiedlung der Nato-Cyber-Defence Agentur NCIA in Bochum. Sogar ein konkretes Grundstück für die abgeschottete Hightech-Einrichtung hat die Stadt in die Waagschale geworfen. Dabei soll es sich um die ehemalige Neuwagenstellfläche von Opel zwischen der Wittener und Alter Wittener Straße in Laer handeln. Auf dieser Fläche, die zum erweiterten Portfolio von Mark 51/7 gehört, war vorübergehend auch eine Flüchtlingsunterkunft angesiedelt.

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Für die Stadt sehr gelegen kommt, dass der ehemalige Parkplatz verkehrstechnisch äußerst günstig am Autobahnkreuz Bochum/Witten liegt. Weitere notwendige Infrastrukturmaßnahmen beträfen Wohnungen und Häuser für die im ersten Schritt 600 Nato-Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sowie ihre Familien. Hier war das in der Entwicklung begriffene Bahnhofsquartier Wattenscheid und auch der Ostpark ins Gespräch gebracht worden. Hinzu käme eine neue Internationale Schule, um den Ansprüchen des Bündnisses gerecht zu werden.

Parteien werben in Berlin für Standort Bochum

Der Hauptsitz der „Nato Communications & Information Agency“ (NCIA) ist derzeit in Belgien. Wie die WAZ erfuhr, fühlte die Agentur, die auch für die Cyber-Abwehr des Bündnisses zuständig ist, jedoch für einen möglichen Standortwechsel bei verschiedenen Städten vor.

Bei ersten internen Besprechungen der Stadt, bei dem außer der Spitzen von Stadt und Wirtschaftsentwicklung auch Fraktionsspitzen von SPD, CDU und Grünen beteiligt waren, soll im Rathaus eine durchaus euphorische Stimmung geherrscht haben. Die Parteien hätten demnach zugesagt, über ihre jeweiligen Spitzen in Berlin für Bochum als Standort zu werben.

Nach hier vorliegenden Informationen, soll es die Nato selbst gewesen sein, die sich im Frühjahr des Jahres mit dem Wunsch einer möglichen Verlagerung ihrer Cyber-Agentur von Belgien auf informellen Wege an mindestens drei deutsche Städte, namentlich Darmstadt, Bonn und eben Bochum gewandt habe. Wie berichtet, werde derzeit – falls es zu dem Umzug überhaupt kommt – in Deutschland die Stadt Bonn favorisiert. Doch eine Entscheidung sei bisher nicht gefallen.

Ministerien in Düsseldorf und Berlin involviert

Bekannt ist der Vorgang beim Verteidigungsministerium: Ein Sprecher verweist allerdings darauf, dass die Zuständigkeit nicht dort, sondern direkt bei der Nato und dem Land NRW liege. Das NRW-Wirtschaftsministerium gibt allerdings den Hinweis auf das Bundesministerium für Verteidigung als zuständige Einrichtung.

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Auf eine umfangreiche Anfrage unserer Redaktion an die Stadt Bochum und die städtische Wirtschaftsentwicklung heißt es knapp, dass es sich bei dem Vorgang nicht um „eine Bewerbung in einem entsprechenden Verfahren, sondern um eine Vermarktungsaktivität der Bochum Wirtschaftsentwicklung“ handele. Zu solchen „nicht abgeschlossenen Vermarktungsaktivitäten können wir leider keine Detailauskünfte geben“, heißt es knapp. Dagegen wird indes im internen Briefwechsel durchaus von einer Bewerbung der Stadt gesprochen. Dementiert wird das nicht, es handele sich jedoch nicht um ein formelles Bewerbungsverfahren.

Grüne befürworten Bewerbung für Nato-Einrichtung

Derweil bringen sich die Bochumer Parteien in Position. „Wir würden es bedauern, wenn eine andere Stadt, von den positiven Effekten, die mit der weiteren Internationalisierung der Stadtgesellschaft einhergehen, profitieren würde. Insofern befürworten und unterstützen wir, dass Oberbürgermeister Thomas Eiskirch sich für Bochum als Nato-Standort inkl. neuer Arbeitsplätze im zivilen und militärischen Bereich für die Abwehr von Cyberangriffen einsetzt“, so der Fraktionsvorsitzender der Grünen, Sebastian Pewny. Falls Bochum nicht Standort der Nato-Einrichtung würde, erwarte Pewny, dass das Land sich für die Ansiedlung einer anderen, gleichwertigen Einrichtung in Bochum, sozusagen als Kompensation einsetze.

Linke kritisieren das „Andienen“ ans Militär

Die Fraktionsvorsitzende der Bochumer Linken Gültaze Aksevi betont: „Statt sich dem Militär anzudienen, wie die Bochumer Grünen das tun, muss Bochum zusammen mit anderen Städten alle Aufrüstungspläne zurückweisen. Mit dem Zwei-Prozent-Ziel der NATO sollen sich die deutschen Rüstungsausgaben in den kommenden Jahren verdoppeln. Das ist Geld, das wir dringend Wiederherstellung des Sozialstaates, für die Sanierung von Schwimmbädern, Schulsanierungen und gebührenfreie Kitas brauchen.“