Bochum. Die Junge Bühne Bochum bringt staunenswertes Kindertheater für Menschen ab acht Jahren in die Zeche Eins. Nervig oder cool? Das ist die Frage.
Das muss man sich erstmal trauen: Bei ihrem ersten Auftritt im Theaterrevier (Zeche Eins) des Jungen Schauspielhauses bringt die Junge Bühne Bochum ein Stück auf die Bühne, das einen kongenialen Titel trägt. Die rund einstündige Performance für Kinder ab acht Jahren heißt schlicht „Nervt!“.
Die freie Gruppe entwickelt seit einigen Jahren bemerkenswerte Stücke für ein junges Publikum auf der Grenze zwischen Schauspiel, Musik- und Tanzperformance. Fabelhafte Theaterabenteuer waren darunter: etwa „Lindbergh“ (mitsamt Ozeanflug!) und „Silence“, das Kindern auf traumschöne Weise die Welt des Experimental-Komponisten John Cage näherbrachte. Nicht selten kommen die Inszenierungen ohne große Worte aus, dafür lassen die Schauspieler lieber viele bunte Bilder sprechen und mischen eine Menge (auch live gespielte) Musik darunter.
Infos und Spieltermine
Die Junge Bühne Bochum wurde gegründet von Martina van Boxen, der ehemaligen Leiterin des Jungen Schauspielhauses. „Nervt!“ ist das erste Stück, das die Gruppe im neuen Theaterrevier in der Zeche Eins (Prinz-Regent-Straße 50-60) zeigt.
Weitere Termine: 26., 29. und 30. September sowie 14., 16. und 17. Oktober. Karten: Tel. 0234 / 33 33 55 55.
„Nervt!“ in der Zeche Eins in Bochum
„Nervt!“, erneut in der Regie von Thorsten Bihegue, entstand während des Lockdowns in zahlreichen Zoom-Konferenzen mit den jungen Leuten aus der „Drama Control“, die in ihrem Theaterrevier seit einem Jahr die Fäden in der Hand halten. Gemeinsam entwickelten sie eine Hitliste der schlimmsten Nervereien, was den Schülern mitten in der Pandemie nicht schwergefallen sein dürfte. Die Freunde nicht sehen zu dürfen und allein im Kinderzimmer vor dem Online-Unterricht zu hocken, stresst natürlich erheblich. Doch es sind auch viele Alltagsbeobachtungen darunter: der kratzige Pullover, die Hundekacke am Schuh, die Kugel Eis für 3,50 Euro…
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Herzliches buntes Wimmelbild ohne viele Worte
Auch die Zuschauer werden vor Beginn der Vorstellung dazu aufgerufen, einige Dinge in kleinen Büchern zu notieren, die einen hohen Nervfaktor besitzen. Schauspielerin Maria Trautmann liest sie mit einem Lächeln vor.
Erstaunlich ist, was danach passiert: Wenn die Vorstellung einmal beginnt, nervt plötzlich gar nichts mehr. Auf der weiten Bühne von Michael Habelitz, die wie ein großer Kinderspielplatz aussieht, beginnt ein buntes, herzliches Treiben ohne viele Worte. An jeder Ecke ist was los. Die fünf Schauspieler (darunter mit Mourad Baaiz und Lukas von der Lühe auch zwei aus dem Ensemble des Schauspielhauses) kreieren ein wundervolles, federleichtes Wimmelbild. Jeder Schritt, jede Bewegung ist exakt einstudiert.
Ausgefallene Kostüme, famose Musikeinsätze
Was in der folgenden Stunde auf der Bühne so alles passiert, muss man nicht genau verstehen. Radikaler und freigeistiger als jemals zuvor setzt sich die Junge Bühne Bochum über das Thema des Abends einfach keck hinweg. Die Hitliste mit den Nervereien spielt höchstens noch eine Nebenrolle, dafür sieht man ausgefallene Kostüme, eigenwillige Tanzchoreographien, famose Musikeinsätze, ein spanisches Heldenepos, junge Leute mit Superkräften – und haufenweise gehobenen Blödsinn.
Die leider nur wenigen Kinder, die bei der Premiere in der coronabedingt nur spärlich besetzten Zeche Eins dabei waren, haben sichtliche Freude. Und die Erwachsenen sowieso. Viel Jubel.