Bochum-Dahlhausen. Der Bochumer Heinz Stoffels hat Ideen für den künftigen Hochwasserschutz in Dahlhausen. Er schlägt Veränderungen an den Schleusen vor

Heinz Stoffels kennt die Ruhr wohl wie kaum ein Zweiter. Schon als zehnjähriger Junge ist der heute 76-Jährige von ihren Brücken gesprungen, in ihr geschwommen oder auf ihr gepaddelt. Seit Jahrzehnten auch führen ihn Spaziergänge und Fahrradtouren immer wieder an den Fluss.

Doch Stoffels kennt auch die andere Seite der Ruhr: "Es gibt ein Gedicht über die wilde Ruhr, das trifft es ganz gut", sagt er. Gemeint ist das Gedicht "Hochflut" von Heinrich Kämpchen, ein 1912 verstorbener Bergmann und Arbeiterdichter. Schon 1909 schrieb er: "Kennt ihr die Ruhr, die wilde Ruhr? Nicht wie sie gleitet durch die Flur, im Maienglanz als holde Fei - nein, sah't ihr sie in Raserei". 

Warnung vor Jahrzehnten

Die Dahlhausener bekamen die Ruhr beim jüngsten Jahrhunderthochwasser so zu sehen: Der Starkregen ließ ihren Pegel so sehr steigen, dass die Wassermassen über die Uferränder traten und große Teile des Bochumer Südens überschwemmt wurden. 

Stoffels Haus selbst blieb trocken, trotzdem machte er sich kurz darauf an die Arbeit: Er zeichnete Skizzen, entwarf im Kopf ein neues Schleusentor. Denn ein Satz, den sein verstorbener Nachbar, der Obermeister bei Dr. C. Otto war, zu ihm sagte, ging ihm nicht aus dem Kopf: "Er hielt schon vor Jahrzehnten die Erhöhung des Horster Wehrs am Wasserkraftwerk für Mist und sagte: "Jetzt wird uns bei Hochwasser der Keller volllaufen und der Leinpfad wird überflutet". Wie Recht er hatte!", sagt Stoffels.

Erhöhtes Wehr in Essen

Während er zu den Schleusen vom Horster Wehr führt - dem Ort, an dem er jetzt Veränderungen vorschlägt - sagt Stoffels: "Die Ruhr ist wie eine Badewanne mit einem Stopfen. Und der Stopfen ist die Schleuse."

Stoffels kann das genauer erklären: "Das Wehr und die Schleuse wurden gebaut, um die Ruhr schiffbar zu machen. Die Reichsbahn habe sich an dem möglichen Hochwasserstand der Ruhr orientiert und das Bahnbetriebswerk und den Rangierbahnhof entsprechend höher angelegt. "Die Altvorderen hatten die Jahrhundert-Flut 2021 geahnt. Nur, dass nachträglich das Wehr erhöht wird, war nicht eingeplant", meint Stoffels. 

Einbau eines Hubtors

Deshalb hält Stoffels nun Maßnahmen für nötig, um Überflutungen zu vermeiden: "Man könnte eins von zwei Klapptoren gegen ein Hubtor austauschen", schlägt er vor. Jenes solle bei Oberwasser geöffnet werden, solange das Klappschleusentor verschlossen bleibt, um den Wasserstand der Ruhr soweit wie möglich schon vor der Hochwasserwelle zu senken.

"Man könnte den Wasserstand vorausschauend absenken, wenn Pegel der Ruhr schon aus  Schwerte und Hagen gemeldet würden", sagt er. "Das Hubtor kann man - im Gegensatz zum Klapptor - auch noch bei Hochwasser öffnen und so den Wasserstand der Ruhr absenken", sagt Stoffels, der einst im Qualitätsmanagement von Thyssen Krupp arbeitete.

Vorbeugende Meldung

Sobald es eine Hochwasseranzeige beispielsweise in Hagen oder Wetter gäbe, könne das Hubtor vorbeugend geöffnet werden. "Der Wasserspiegel würde dann sinken und in Essen-Steele müsste das Gleiche gemacht werden", so der 76-Jährige.

Über den Baldeneysee und den Kettwiger See würde das Wasser schließlich in den Rhein geleitet. "So wären die Überflutungen in Dahlhausen vermeidbar gewesen", ist er sich sicher.

Das sagt die Regierung

Zuständig für die Schleuse ist die Bezirksregierung Düsseldorf. Ob der Vorschlag von Stoffel umgesetzt werden kann, vermag die Bezirksregierung derzeit aber nicht zu beantworten. "Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Fachdezernats Wasserwirtschaft der Bezirksregierung sind dabei, die Schäden zu beseitigen", teilt Sprecherin Dagmar Groß mit.

Sie seien in zahlreichen vor-Ort-Terminen mit Hochwasserverantwortlichen, nach- und übergeordneten Behörden, um die Situation zu analysieren, zu bewerten und Maßnahmen zu prüfen.

Auch der Vorschlag von Stoffel könne einfließen. "Ich gebe allerdings zu bedenken, dass bei einem solch punktuellen Eingriff die Auswirkungen auf den gesamten Flussverlauf und die Gegebenheiten der Schleuse berücksichtig werden müssen", erinnert sie.

1775 gebaute Schleuse

Der preußische König Friedrich II. ließ ab 1774 die Ruhr schiffbar machen, die Horster Schleuse am südlichen Altendorfer Ufer war bereits 1775 fertig. 15 weitere im Gebiet Langschede im Kreis Unna bis Werden folgten bis 1780. 

Der erste Schleusenwächter war ein Seyer aus Höntrop. Er wohnte in einem Fachwerkhäuschen auf der Anhöhe, bediente manuell die Schleusentore und kassierte das Schleusengeld.