Bochum. 54 Corona-Teststellen hat die Bochumer Firma Medican betrieben. Nach Ermittlungen wegen Abrechnungsbetrugs läuft nun auch ein Insolvenzverfahren.
Über das Vermögen des ehemaligen Corona-Teststellenbetreibers Medican GmbH aus Bochum läuft ein Insolvenzverfahren. Die beiden Geschäftsführer des Unternehmens wurden vor drei Wochen wegen des Verdachts des Abrechnungsbetrugs verhaftet. Der Jüngere der beiden wurde mittlerweile aus der U-Haft entlassen.
Insolvenzverwalter arbeitet mit Staatsanwalt zusammen
Der Bochumer Rechtsanwalt Markus Birkmann hat als vorläufiger Insolvenzverwalter gegenüber der WAZ betätigt, „dass ein Ermittlungsverfahren und Sicherungsmaßnahmen angeordnet wurden“. Er wurde ermächtigt, „Bankguthaben und sonstige Forderungen der Schuldnerin einzuziehen sowie eingehende Gelder entgegenzunehmen“, wie es in einer Bekanntmachung heißt. „Ich arbeite eng mit der Staatsanwaltschaft zusammen“, so Birkmann. Weitere Angaben zum Verfahren dürfe er nicht machen. Letztlich sei es seine Aufgabe, den Gläubigern ein umfassendes Gutachten über die Insolvenzmasse vorzulegen. Momentan sei er erst am Anfang seiner Arbeit.
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Ein Beschuldigter ist wieder auf freiem Fuß
Die beiden Betreiber der Medican-Teststellen wurden am 4. Juni verhaftet. Sie stehen in dem Verdacht, zu viele und zu hohe Abrechnungen vorgenommen zu haben. Ihr Rechtsanwalt Reinhard Peters hatte eine Woche später gegenüber der WAZ erklärt, die Konten der Beschuldigten mit 15 bis 16 Millionen Euro seien beschlagnahmt worden. Medican soll in seinen bundesweit 54 Teststellen in 36 Städten insgesamt 2,5 bis drei Millionen Corona-Tests vorgenommen haben. Alle Teststellen sind längst stillgelegt. Über ihren Anwalt hatten die Beschuldigten die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft bestritten.
Der Jüngere der beiden Geschäftsführer wurde nach Auskunft von Rechtsanwalt Peters mittlerweile wieder entlassen. Er sei auf freiem Fuß. Bei dem älteren der beiden Männer müsse geprüft werden, ob weiterhin Haftgründe bestehen.
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Medican ist zahlungsunfähig, weil Konten gesperrt sind
Das Insolvenzverfahren sei nach einem Eigenantrag eröffnet worden – um, so der Anwalt, „für ein sauberes, transparentes Verfahren zu sorgen“. „Dabei geht es nicht um eine Überschuldung“, so Peters, sondern vielmehr um eine Zahlungsunfähigkeit, die durch die staatsanwaltschaftlichen Schritte eingetreten sei. Peters: „Ich schätze, dass mittlerweile etwa zwölf Millionen Euro beschlagnahmt wurden.“ Den vermeintlichen Schaden habe die Staatsanwaltschaft auf 15 bis 16 Millionen Euro beziffert.
Forderungen von Kunden, die bereits eine Testgebühr entrichtet haben, bevor tatsächlich getestet wurde, müssten an den Insolvenzverwalter gerichtet werden. Ein betroffener WAZ-Leser hatte sich in dieser Sache an die Redaktion gewendet. Aufgabe des Insolvenzverwalters sei es auch, die Löhne der Beschäftigten von Medican zu bezahlen.
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Rechtsanwalt erwartet, dass alle Forderungen beglichen werden
Peters: „Ich gehe davon aus, dass grundsätzlich genügend Masse vorhanden sein muss, um alle Forderungen zu befriedigen.“ Wie hoch diese Forderungen aber insgesamt seien und wie hoch die Erträge, sei momentan noch nicht genau zu beziffern – zumal der Monat Juni noch gar nicht abgerechnet sei.
Was den weiteren Verlauf des Verfahrens betrifft, so rechnet der Rechtsanwalt über kurz oder lang mit einer Anklage durch die Staatsanwaltschaft. Derzeit laufen noch die Ermittlungen.