Bochum-Gerthe. Widerstand gegen den Umzug der Firma Ecosoil in den Bochumer Norden wächst. Die Stadt Castrop-Rauxel will gegen die Ansiedlung in Gerthe klagen.
Die Firma Ecosoil hält an ihrer Absicht fest: Das Bodenaufbereitungsunternehmen will nach Bochum-Gerthe umsiedeln. „Es gibt für uns keine Alternative“, erklärt Anna Neumann, zuständig für Standortentwicklung und Projekte. Doch der Widerstand gegen die Umzugspläne wächst – nicht nur in Bochum.
Nachdem die Stadt Bochum der Firma Ecosoil einen Bauvorbescheid erteilt hat und das Verfahren nun in der Verantwortung der Bezirksregierung Arnsberg liegt, hat die Stadt Castrop-Rauxel die Kanzlei Wolter Hoppenberg mit einer juristischen Beurteilung beauftragt. Darin kommt die Rechtsanwältin Anja Baars zu dem Ergebnis, „dass der Vorbescheid im falschen Verfahren ergangen ist und demzufolge von einer sachlich absolut unzuständigen Behörde erlassen wurde. Das Vorhaben, um dessen Verwirklichung es geht, ist baurechtlich nicht zulassungsfähig, da seine Zulassung nach Immissionsschutzrecht zu erfolgen hat“, und damit durch den Regierungspräsidenten.
Nachbarstadt will gegen Firmenansiedlung in Bochum klagen
Vor dem Hintergrund dieser juristischen Einschätzung hat die Koalition aus SPD und Grünen in Castrop-Rauxel einen Dringlichkeitsantrag an den Rat gestellt, wonach der Klageweg gegen die Ansiedlung der Firma Ecosoil geprüft werden soll. Dazu Pressesprecherin Uta Stevens auf Anfrage: „Die Verwaltung wurde in der Sitzung am 24. Juni einstimmig beauftragt, den Klageweg zu prüfen und bei positiver Prüfung den Klageweg zu beschreiten. Die Prüfung ist noch nicht abgeschlossen.“
Die Nachbarstadt wehrt sich ebenso wie die Anwohnerinnen und Anwohner in Gerthe gegen den Betrieb an der Bövinghauser Straße. Denn die Erschließung würde teils auch über Merklinder Stadtgebiet führen, und die Befürchtung ist, dass die Zunahme durch Lkw-Verkehr nicht zumutbar sei.
Stadtbaurat: Vorbescheid war nur ein planungsrechtliche Zustimmung
Bochums Stadtbaurat Markus Bradtke sieht dem Verfahren gelassen entgegen. Die Einlassung der Anwältin Baars kommentiert er mit „Thema verfehlt“. Er sagt: „Es war klar, dass wir nicht die zulässige Behörde sind. Ecosoil wollte aus planungsrechtlicher Sicht die Zustimmung der Stadt Bochum. Deshalb haben wir uns des Bauvorbescheids bedient.“ Vielleicht, so räumt er ein, sei die juristische Einschätzung der Kanzlei richtig, doch sei das irrelevant. Und: Es stimme nicht, dass die Stadt Bochum der Stadt Castrop-Rauxel nur eine Kopie des Vorbescheids übermittelt habe. „Wir haben der Stadt unsere Papiere zur Verfügung gestellt, aber keinen klagefähigen Bescheid ausgestellt. Die Aufgaben an den Gutachter wurden im Vorfeld mit Castrop abgestimmt. Im Ergebnis waren wir nicht einer Meinung.“
Auch die Politik im Bochumer Norden stemmt sich gegen die Umzugspläne von Riemke nach Gerthe, denn die Verkehrsbelastung im Bezirk sei schon heute sehr hoch. Bezirksbürgermeister Henry Donner hatte im Vorfeld der Ratssitzung, in der der Vorbescheid beschlossen wurde, vehement an die Mitglieder appelliert, vorerst nicht zu entscheiden. „Die Stadt hat etwas gemacht, was dem Regierungspräsidenten vorbehalten ist. Erst, wenn der Ja sagt, hätte ein Vorbescheid kommen dürfen.“
Bezirk Nord ist mit Antrag gescheitert
Die Bezirksvertretung Nord war mit ihrem Antrag gescheitert, einen Bebauungsplan für das Gebiet aufzustellen mit dem Ziel, dort künftig Kleingewerbe mit weniger Verkehr anzusiedeln. Donner: „Es war schon früher falsch, die Firma Philippine dort anzusiedeln, zwischen Landschafts- und Naturschutzgebiet, zwischen Pferdehöfen und Landwirtschaft.“ Philippine verließ erst dann den Standort Gerthe, als eine Betriebsausweitung in Teile des Landschaftsschutzgebietes nicht möglich war. Der Bezirksbürgermeister findet: „Es gibt doch genug versiegelte Flächen an großen Verkehrssträngen; da muss Ecosoil doch nicht ans Landschaftsschutzgebiet.“
Firma wird von Lidl verdrängt
Das Unternehmen Ecosoil, das sich erst 2016 nach einem Umzug aus Oberhausen auf dem früheren Gelände des Entsorgers Kost in Riemke niedergelassen hat, braucht eine neue Betriebsfläche, weil in Riemke der Discounter Lidl Platz für ein neues Logistikzentrum benötigt.
In Gerthe will die Firma das Gelände des früheren Dämmstoffherstellers Philippine nutzen.
Doch Ecosoil steht vor einem Dilemma: „Wir müssen unseren gegenwärtigen Standort zum März 2022 verlassen haben. Im Übrigen ziehen wir nicht nur mit dem Betrieb, sondern auch mit der gesamten Verwaltung und unseren Bauhof um“, sagt Anna Neumann. Zur Weigerung der Stadt Castrop-Rauxel, die Erschließung über ihr Stadtgebiet zuzulassen, betont sie: „Der Standort BO-Philippine ist seit beinahe 60 Jahren voll erschlossen.“ Eine andere Zuwegung für die Lkw gebe es indes nicht.
Unternehmen hat noch keinen Antrag gestellt
Christoph Söbbeler, Pressesprecher der Bezirksregierung Arnsberg, erklärt auf Anfrage: „Bislang liegt uns noch kein Antrag des Unternehmens nach Bundesimmissionsschutzgesetz vor. Solange nichts auf dem Tisch ist, können wir nichts beurteilen.“
Angst, dass der Firma wegen der Bearbeitungsphase und des Umzugsdrucks die Zeit davonlaufen könnte, hat Ecosoil nicht. Neumann: „Unser Zeitplan ist sportlich, aber machbar. Wir arbeiten daran.“