Bochum. Kein Widerspruch heißt Ja. Nach diesem Muster haben Banken häufig Gebühren erhöht. Das ist unfair, urteilt der BGH. Kunden dürfen sich freuen.

Wer kennt das nicht? Die Hausbank informiert in einem Schreiben über künftig höhere Gebühren. Wer nicht binnen einer Frist widerspricht, muss zahlen. Diese auch bei der Sparkasse Bochum gängige Praxis hat der Bundesgerichtshof (BGH) Ende April mit einem Urteil für unwirksam erklärt.

Für Banken könnte das teuer werden, denn ihre Kunden dürfen erhöhte Gebühren vermutlich samt Zinsen zurück fordern, wenn diese mit Hilfe der sogenannten „Schweigen-ist-Zustimmung“-Regel in den vergangenen fast dreieinhalb Jahren auf den Weg gebracht wurden. Auf eine Erstattung hoffen können demnach auch rund 160.000 Kunden der Sparkasse Bochum, die zum 1. November 2019 eine Gebührenerhöhung für ihr privates Girokonto schlucken mussten.

Kunden der Sparkasse Bochum können auf Gebührenerstattung hoffen

„Wir raten allen Kundinnen und Kunden von Banken und Sparkassen seit dem 1. Januar 2018 geänderte Entgelte zurückzufordern“, empfiehlt Andrea Thume. Auch wenn das BGH im konkreten Fall über eine Klage des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen gegen die Postbank entschieden habe, sei das Urteil des BGH beispielhaft für andere Geldinstitute, sagt die Leiterin der Verbraucherzentrale Bochum.

„Der BGH kritisiert in seinem Urteil einen Mustertext des Bankenverbandes. Wir gehen daher davon aus, dass fast alle Banken und Sparkassen betroffen sind“, so Thume. Und: Es gehe in der Sache nicht nur um Gebühren für ein Konto, sondern auch um Einzelposten wie Überweisungen.

Bundesgerichtshof sieht Position der Verbraucher entwertet

Die entscheidende Aussage des BGH ist deutlich. Die Postbank erhalte mit dieser Regel „eine Handhabe, das Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung erheblich zu ihren Gunsten zu verschieben und damit die Position des Vertragspartners zu entwerten“.

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„Wir kennen nur die Kernaussage und haben das Urteil noch nicht komplett ausgewertet“, sagt Thomas-Josef Schröter von der Volksbank Bochum Witten. Man sei im Hause aber „sehr entspannt“. „Seit mehr als dreieinhalb Jahren hat es bei uns keine Gebührenerhöhungen gegeben.“ Die Volksbank betreut in Bochum rund 35.000 Kunden.

Ganz anders betrifft das Urteil die Sparkasse Bochum. Schon im Vorfeld der Gebührenerhöhung hatte es im Sommer 2019 Kritik gegeben. CDU und Linke hinterfragten die Entscheidung, in den sozialen Medien erntete die Stadttochter einen Shitstorm. Sollte sich nun herausstellen, dass die Erhöhung nicht rechtmäßig war, dürfte auch die Argumentation von Sparkassen-Chef Jürgen Hohmann nicht greifen.

Zur ersten Erhöhung der Preise für Privatgirokonten seit 17 Jahren sagte der Vorstandsvorsitzende der WAZ: „Nur so können wir unseren Privatkundinnen und -kunden auch nachhaltig das erstklassige, auf ihre Bedürfnisse abgestimmte, sichere und komfortable Sparkassen-Dienstleistungspaket in Bochum anbieten.“

Für die Sparkasse Bochum geht es um knapp vier Millionen Euro

Entsprechend vorsichtig kommentiert die Sparkasse Bochum das BGH-Urteil. „In langfristigen Geschäftsbeziehungen kommt es zwangsläufig zu Veränderungen in den rechtlichen oder wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Eine einfache Anpassungsmöglichkeit der AGB war und ist im Interesse beider Seiten“, heißt es. „Derzeit werten wir die Urteilsgründe noch im Detail aus. Das wird einige Zeit in Anspruch nehmen.“ Die Betroffenheit der Sparkasse durch das BGH-Urteil sei bislang noch „vollkommen offen“.

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Gedulden müssen sich bis dahin also alle Kunden, die auf eine Erstattung hoffen dürfen. Bislang haben sich laut Sparkasse auch nur wenige mit Blick auf das Urteil gemeldet. Für die Bank geht es geschätzt um knapp vier Millionen Euro, sollten die erhöhten Gebühren samt Zinsen allen Kunden erstattet werden müssen.

Künftige Gebührenerhöhungen will die Sparkasse Bochum auf jeden Fall nicht mehr nach der „Schweigen-ist-Zustimmung-Regel“ auf den Weg bringen. „Nach der Entscheidung des BGH müssen Kunden künftig wohl bei wesentlichen Vertragsänderungen, die dem Abschluss eines neuen Vertrags gleichkommen können, ausdrücklich zustimmen“, heißt es. Betroffen seien aber „möglicherweise nicht nur alle Banken, sondern auch Kundenverträge anderer Branchen u.a. Energieversorger, Verkehrsbetriebe und Medienunternehmen“.