Bochum/Australien. Haie, Spinnen, Schlangen, Krokodile - alles anzutreffen in der neuen Heimat von Beke Bertram. Die Bochumerin ist nach Australien ausgewandert.

Ja, Beke Bertram hatte schon Schlangen in ihrem Garten: Eine Python und eine Baumnatter waren zu Besuch. Kein großes Wunder, denn Australien – Bertrams Heimat – gilt als der giftigste Kontinent der Welt. Den zehn gefährlichsten Schlangen überhaupt kann man hier begegnen.

„Ich bin als Schlangenphobikerin angekommen, aber mittlerweile relativ entspannt geworden“, sagt die 42-Jährige. Ihre Ankunft in Australien ist auch bereits einige Jahre her: Als Elftklässlerin verbrachte sie mit 16 Jahren bereits ein ganzes Schuljahr in Neuseeland und ging nach der Schulzeit gemeinsam mit einer Freundin auf Reisen nach Australien.

Eigene Klinik vor Ort

An einem Abend in Brisbane traf sie dann die Person, die später Grund für ihre Auswanderung sein sollte: ihren heutigen Ehemann Marc. Wissen konnte Bertram das damals noch nicht, aber als ihre Freundin wieder nach Hause flog, blieb sie – ein Zimmer vermieten konnte ihr Marc aus Brisbane. „So kam eins zum anderen“, sagt Bertram, die in Bochum-Ehrenfeld aufgewachsen ist und viel Zeit im dortigen Schwimmbad „Blau Weiß“ verbracht hat.

Die Schulbank hat sie an der Langen Malterse und der Graf-Engelbert Schule gedrückt, später Physiotherapie in Bochum und Osnabrück studiert. „Die Auswanderung nach Australien war ein großer formaler Aufwand. Ich habe extra jemanden für das Visum beauftragt und vor allem die berufliche Anerkennung war ein Hürdenlauf“, sagt Bertram. Inzwischen hat sie aber eine eigene Klinik und bietet als Therapeutin Kraniosakraltherapie an – eine alternativmedizinische Behandlungsform, die sich aus der Osteopathie entwickelt hat.

Surfen gehört zum Alltag

Als Bertram noch in Bochum lebte, war sie häufig im Sachs, im Wiesental oder im Schauspielhaus anzutreffen. In Australien ist der Strand ihr neuer Lieblingsort – wie es sich für Australier eben gehört. „Wir gehen auch Surfen. Meine Kinder Mia und Clyde lieben das Meer“, sagt die 42-Jährige. In ihrem Wohnort Coolum Beach, direkt an der Sunshine Coast im australischen Bundesstaat Queensland, haben sie auch beste Voraussetzungen dafür. „Mia und Clyde wachsen zweisprachig auf“, erklärt Bertram, die in Bochum in der Big Band der Musikschule spielte.

Zu ihren neuen Lieblingstieren zählen Possums – Beutelsäuger, die nachts durch die Straßen huschen. „Die Flora und Fauna in Australien ist ein wahrer Schatz und ziemlich aufregend. Alles ist bunter, lauter, größer“, sagt Bertram und erzählt von kreischenden Flughunden, Krokodilen und Haien. An das schwüle Klima – weit über 30 Grad – hat sie sich längst gewöhnt. „Eine australische Küche gibt es, wenn man nicht gerade Burger dazuzählt – eigentlich nicht – hier ist alles ziemlich multikulti“, sagt sie. Thailändische und indische Gerichte hätte sie besonders lieben gelernt. „Toll ist, dass es viel frisches Obst und Gemüse gibt, weil es hier angebaut wird“, sagt sie.

Ganzer Tag im Flieger

War sie in Bochum viel mit dem Fahrrad und dem öffentlichen Nahverkehr unterwegs, musste sie sich in Australien auf ganz neue Distanzen einstellen. „Hier ist alles viel weitläufiger und man ist mehr auf das Auto angewiesen“, sagt sie. Für die Australier in Coolum Beach ist Brisbane zum Beispiel „ganz um die Ecke“ – eine 120 Kilometer entfernte Stadt würden die Bochumer wohl anders bezeichnen. So sehr Bertram ihre neue Heimat auch liebt, Zurückkommen bleibt trotzdem eine Option. „Aktuell bin ich mit der australischen Politik nicht ganz einverstanden, zum Beispiel was die Ur-Einwohner, den Klimaschutz oder die politischen Werte betrifft“, sagt sie.

Außerdem sei es ein enormer finanzieller und zeitlicher Aufwand, die eigene Familie in Bochum zu sehen. „Wir machen das meist alle zwei Jahre, pro Strecke ist man aber etwa einen ganzen Tag im Flugzeug“, sagt Bertram. Auch Telefonate oder Video-Gespräche müssen gut abgestimmt sein: Bertram lebt von Bochum aus gesehen acht Stunden „in der Zukunft“. Wann sie ihre Familie das nächste Mal wiedersehen kann – wegen der Corona-Krise weiß die Auswanderin es nicht. Die nächste Umarmung am Flughafen dürfte also besonders lang werden.

Infobox:

Sehenswürdigkeiten in Coolum Beach ist neben dem langen Sandstrand auch der Mount-Coolum-Nationalpark, dessen Zentrum der Mount Coolum.

Der Berg hat keine Spitze. Das verrät auch sein Name: Coolum leitet sich vom Wort kulum oder gulum aus einer lokalen Aboriginesprache ab, welches ,ohne Spitze' heißt.

Die ersten Europäer kamen  im 19. Jahrhundert nach Coolum Beach und bauten Zuckerrohrplantagen an. Anfang des 20. Jahrhunderts ließen sie sich dauerhaft nieder. Ab den 1960er-Jahren wurde Tourismus die wichtigste Einnahmequelle.