Bochum. Ein Bochumer Azubi ist wegen versuchten Mordes angeklagt. Am Freitag äußerte er sich zur Tat. Die hätte einer Frau (19) fast das Leben gekostet.
„Dann gingen bei mir die Lichter aus“, sagt der 20-Jährige. Keine Erinnerung will er an seine Bluttat haben, die der Mitbewohnerin seiner damaligen Partnerin beinahe das Leben gekostet hätte. Dass er fünfmal mit einem Messer zugestochen hat, steht außer Zweifel. Heimtücke und Tötungsvorsatz unterstellt ihm die Staatsanwaltschaft. Der Auszubildende, so legt seine Aussage am Freitag nahe, will im Affekt gehandelt haben.
Wegen versuchten Mordes steht der 20-Jährige seit dieser Woche vor der Jugendstrafkammer am Bochumer Landgericht. Am zweiten Verhandlungstag schilderte er, wie er den schicksalhaften 4. Dezember 2020 wahrgenommen haben will.
Versuchter Mord in Bochum: Beziehung mit Eifersucht und Gewalt
Stress, immer wieder Stress: Sie läuft nicht gut, die Beziehung zwischen dem Bochumer und seiner 17-jährigen Freundin. Auf Instragram hatten sie sich im Februar 2020 kennengelernt. Er lebt bei seinen Großeltern am Lerchenweg in Grumme, sie in einer Wohngruppe der Evangelischen Jugendhilfe an der Geitlingstraße in Wattenscheid. Eifersucht und Jähzorn vergiften den Alltag. Im Glauben, sie sei ihm untreu, habe er seiner Freundin mehrfach „Backpfeifen“ versetzt. „Danach ging’s normal weiter.“
Nicht so am 4. Dezember 2020. Der Azubi entdeckt auf dem Handy seiner Partnerin Chat-Verläufe mit vermeintlichen Liebesbotschaften eines Kevin. Sie beteuert: Da ist nichts. Er rastet dennoch aus, zerrt sie so brutal durch sein Zimmer, dass sie sich am Türrahmen verletzt, schlägt ihr mit einem Trinkglas so heftig auf den Kopf, dass sie eine klaffende Platzwunde erleidet.
Mitbewohnerin fragt: „Das warst du doch, oder?“
Die 17-Jährige macht Schluss. Endgültig. Beide steigen in das Auto seines Opas. Er soll bei ihr in Wattenscheid seine Klamotten abholen, „T-Shirts, Playstation und so’n Kram“, und dann verschwinden.
Es ist früher Abend, als der Skoda an der Geitlingstraße eintrifft. Die 17-Jährige läuft in ihre Wohnung. Er wartet vor der Tür. Dort taucht die 19-jährige Mitbewohnerin auf. Ihr ist die Kopfverletzung ihrer Freundin aufgefallen. „Das warst du doch, oder?“, stellt sie den 20-Jährigen zur Rede.
20-Jähriger sagt: „Dann gingen die Lichter aus“
Anfangs sei alles friedlich geblieben, schildert der Azubi. Dann jedoch habe sie ihn als „Hurensohn“ beschimpft und gedroht: „Dich bring’ ich in den Knast! Meine Mutter ist bei der Polizei!“
Sachlich, irritierend emotionslos wirkt die Aussage des Angeklagten. „Genervt“ habe ihn die 19-Jährige. Ihre Drohung habe er nicht ernst genommen. Für eine Glas-Attacke komme man bestimmt nicht ins Gefängnis, habe er gedacht.
Tatwaffe ist bis heute verschwunden
Der Angeklagte bekräftigte bei seiner Aussage am Freitag, das Klappmesser auf der halsbrecherischen Rückfahrt von Wattenscheid nach Grumme aus dem Beifahrerfenster geworfen zu haben.Die Polizei hatte damals die A 40 an einem Sonntagnachmittag vier Stunden zwischen Dorstener- und Herner Straße gesperrt, um nach der Tatwaffe zu suchen.Das Messer ist bis heute verschwunden.
Warum Sekunden später das Unbegreifliche geschah, könne er selbst nicht verstehen. Licht aus. „Blackout.“ Als er wieder zu Bewusstsein gekommen sei, habe er sein Klappmesser in der Hand gehabt, das er regelmäßig bei sich führte. Auf dem Gehweg lag die 19-Jährige, „blutend, vor Schmerzen schreiend“.
Messerstiche in den Hals und Rücken
Die Ermittler konnten das Verbrechen exakt rekonstruieren. Der erste Stich habe die junge Frau in den Rücken getroffen (was für die Mordanklage elementar ist). Die 19-Jährige fiel zu Boden, wo der Angeklagte mehrfach auf sie eingetreten habe, bevor er ihr vier weitere Messerstiche versetzt habe, auch in den Hals. Vermutetes Tatmotiv: Furcht, die 19-Jährige hätte wegen der verletzten Freundin die Polizei verständigen können.
Die Ärzte im Bergmannsheil retteten mit einer Not-OP das Leben der 19-Jährigen. Der Bochumer wurde noch am Abend vor seiner Wohnung festgenommen, nachdem er sich zuvor zwei Freunden offenbart hatte. Seither sitzt er in Untersuchungshaft. Der Prozess wird fortgesetzt.