Bochum/Irland. David Stalling ging nur für ein Semester nach Irland, blieb dann aber ganz. An ein Geräusch in Bochum erinnert sich der Komponist besonders.
Eigentlich war es schon immer sein Traum, einmal Musik zu studieren. In Bochum aber konnte sich David Stalling dazu nicht durchringen. „Ich habe zwar Klavier und theoretischen Musikunterricht bei Pervez Mirza an der Musikschule genommen, studiert habe ich am Ende aber erst einmal Philosophie und Kommunikationsdesign“, sagt der heute 50-Jährige, der in Querenburg aufgewachsen ist und die Waldorfschule in Langendreer besucht hat.
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Dass Musik sein Ding ist, war schon zu Bochumer Zeiten offensichtlich: Stalling spielte in mehreren Bands, arbeitete mit Mitgliedern der Hip Hop Gruppe „RAG“ und besuchte monatlich die Bochumer Symphoniker. Erst aber, nachdem sich Stalling für ein Auslandssemester in Maynooth, 30 Kilometer westlich von Dublin, entschied, wurde dem heutigen Komponisten klar: „Eigentlich will ich doch Musik machen.“ Kurzerhand schrieb er sich von Philosophie in Musik um – und kam nie wieder dauerhaft nach Bochum zurück. Bereut hat er es nie.
Bochumer Auswanderer komponiert Klänge nach Bochumer Vorbild
Heute komponiert der Klangkünstler selbst Stücke, beispielsweise Kammer- und Orchestermusik. Sein Steckenpferd aber ist experimentelle Musik: So fuhr Stalling, der einst Werbeflächen für das Musikfestival „Bochum Total“ sprühte, mit einem Seismologen auf einem Schiff bis zum Atlantischen Graben und zeichnete tief im Ozean Wellenbewegungen auf dem Meeresgrund auf. „Diese wandele ich nun in hörbare Klänge um“, erklärt Stalling. „Ich interessiere mich allgemein für die Kombination von Natur und menschengemachten Klängen“, erzählt er weiter.
So hat er beispielsweise Verkehrsgeräusche mit Kammermusikinstrumenten kombiniert und dabei ein Vorbild in Bochum gehabt: „Wenn ich die Augen schließe, kann ich das Geräusch des alten Opelwerkes noch hören“, sagt der 50-Jährige. Auch seine Frau hat er über die Tätigkeiten in der Musikbranche kennengelernt: „Ich war 2012 für eine Reihe von experimentellen Konzerten in Boston eingeladen worden und habe dort die Künstlerin EL Putnam getroffen“, sagt er. Als die Veranstaltung vorüber war und beide wieder in ihrer Heimat, merkten sie schnell: Es fehlt etwas.
Bochumer lebt mit Familie in Irland
„Wir haben dann erst eine Fernbeziehung geführt, heute wohnen wir gemeinsam in Irland“, sagt Stalling, der selbst Mikrofone und Saiteninstrumente baut und damit experimentiert und improvisiert. Mittlerweile hat das Paar zwei Töchter, lebt in der hügeligen Mitte Irlands in Westmeath und plant dort ein Haus zu bauen. „Ich bin noch jährlich in Bochum, um Familie und Freunde zu besuchen. Dann gehe ich auch jedes Mal zu Situation Kunst im Schlosspark“, verrät Stalling, der bereits mit Jed Speare, David Toop, Danny McCarthy und Jennifer Walshe arbeitete und seit 15 Jahren mit seinem Künstlerkollegen Anthony Kelly das Musiklabel Farpoint Recordings leitet.
„Gerade die Besuche bei den Bochumer Symphonikern in meiner Kindheit und Jugend waren für meine musikalische Laufbahn prägend“, sagt er. Wenn er nach Bochum kommt, dann fährt er auch gerne alte Strecken ab. „Zum Beispiel mit der U35 von der Universität in die Stadt“, sagt Stalling. An Bochum schätzt er den öffentlichen Nahverkehr: „In Irland braucht man definitiv ein Auto“, sagt er.
Besuch im Musikforum in Bochum
Irland
Irland ist ein Inselstaat in Westeuropa und grenz an das Vereinigte Königreich.Typisch für das Land sind unter anderem die Irish Pubs mit dazugehörigem Guinness und Musik oder die Natur unter anderem mit vielen Klippen.Es gibt zwei Amtssprachen: Englisch und Irisch, letztere wird jedoch nur von einer Minderheit gesprochen.
Außerdem habe ihm an Bochum immer der industrielle Charme gefallen. „Urbane Industrieflächen zu erkunden, hat mir immer besonders Spaß gemacht“, sagt er. In Irland hingegen sei es beeindruckend, auf einem Spaziergang keltischen Monumenten mit tausendjähriger Geschichte zu begegnen. „Das ist wirklich Wahnsinn“, sagt Stalling, dessen Vater Roland Stalling Maler und Bildhauer in Bochum ist.
Auch das kollegiale Verhalten der Bochumer ist ihm in Erinnerung geblieben. „Das habe ich immer sehr geschätzt“, sagt Stalling. Auf eine andere Weise seien die Iren aber auch sehr kollegial. „Das ist eine Parallele. Dadurch, dass sie viel Armut und einen Bürgerkrieg erlebt haben, merkt man diese Charakterzüge hier auch“, meint der einstige Bochumer. Etwas steht noch für die nächsten Heimat-Besuche auf seiner To-Do-Liste: „Ich möchte unbedingt noch das Musikforum besuchen“, sagt Stalling.