Bochum. Exkursionen auf den Spuren jüdischen Lebens: Von Bochum aus kann man die vergessene Musik und Kultur des Judentums in Westfalen wiederentdecken.

In diesem Jahr wird auf 1700 Jahre jüdische Geschichte in Deutschland zurückgeblickt. Auch die Evangelische Stadtakademie Bochum beteiligt sich an dem bundesweiten Festjahr: Historisch kostbare Gebäude und eine reichhaltige Geschichte bilden den Rahmen für das Festival „Musik & Kultur in westfälischen Landsynagogen“, das am 2. Mai in Bochum eröffnet wird. Wegen der Pandemie leider nur auf virtuellem Weg.

Festival beginnt in der neuen Synagoge in Bochum

Bis Herbst wird mit neun Veranstaltungen an die unbekannte Tradition jüdischen Lebens in Westfalen erinnert. Das Projekt ist insofern ungewöhnlich, als dass sich in der Vergangenheit der Fokus des Gedenkens meist auf die Großstädte richtete, deren Synagogen in der Pogromnacht 1938 zerstört wurden. Anders auf dem Land: Dort wurden die Bethäuser nur deshalb nicht angezündet, weil sonst das ganz Dorf in Brand geraten wäre. In den letzten Jahrzehnten haben lokale Förderkreise die kleinen, oft arg geschundenen Gebäude instandgesetzt und zu Gedenkstätten umgewandelt.

Manfred Keller, ehemaliger Leiter der Ev. Stadtakademie Bochum, hat das Festival „Musik und Kultur in westfälischen Landsynagogen“ auf den Weg gebracht.
Manfred Keller, ehemaliger Leiter der Ev. Stadtakademie Bochum, hat das Festival „Musik und Kultur in westfälischen Landsynagogen“ auf den Weg gebracht. © WAZ | Sabrina Didschuneit

Organisiert von der Evangelischen Stadtakademie Bochum, werden nun die historischen westfälischen Synagogen in Petershagen (25.7.), Drensteinfurt (22.8.), Gronau-Epe (29.8.), Selm-Bork (12.9.), Hagen-Hohenlimburg (19.9.), Neheim (3.10.), Borgentreich-Borgholz (10.10.) und Coesfeld (24.10.) in den Blick genommen.

Jüdische Geschichte wird lebendig

„Die ehemaligen Landsynagogen sind mehr als bloße Bauwerke“, sagt Festival-Leiter Manfred Keller, Ex-Leiter der Stadtakademie. „Sie sind sozusagen Hotspots jüdischer Geschichte, in denen Glaube und Kultur des Landjudentums wieder lebendig werden.“ Mit dem Projekt ist nicht nur eine kulturelle, sondern auch eine gesellschaftspolitische Absicht verbunden. „Durch Freude an jüdischer Kreativität in Vergangenheit und Gegenwart und durch das gemeinsame Erleben mit jüdischen Menschen kann man dem Antisemitismus den Nährboden entziehen“, so Keller.

Corona-Hinweise

Die Pandemie stellt alle Veranstalter weiter vor große Schwierigkeiten. Deshalb steht auch das Festival „Musik & Kultur der in westfälischen Landsynagogen“ unter einem Corona-Vorbehalt.

Mit allen Partnern vor Ort haben die Bochumer Organisatoren vereinbart, dass eine räumliche Aufteilung vorgenommen wird: Besuch der jeweiligen Synagoge in Kleinstgruppen und getrennt davon Konzert bzw. Lesung, Gespräch und Bewirtung mit allen Gästen in einem Saal des betreffenden Ortes.

„Die Corona-Schutzverordnungen in der zum fraglichen Zeitpunkt geltenden Form werden beachtet und kontrolliert“, so die Evangelische Stadtakademie.

Der Festival-Auftakt findet am Sonntag, 2. Mai, um 15.30 Uhr in der Bochumer Synagoge am Stadtpark statt. Statt eines öffentlichen Festaktes gibt’s eine Online-Übertragung im Internet. Ehrengast ist Abraham Lehrer, Vizepräsident des Zentralrats der Juden und Mitbegründer des Vereins „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“. Der Nachmittag soll zugleich einen Vorgeschmack bieten auf die geplanten acht Halbtagesveranstaltungen, die ab Ende Juli jeweils sonntags zwischen 14 und 18 Uhr stattfinden. Jeder Termin umfasst ein Konzert und eine literarische Veranstaltung, eine kleine Bewirtung aus der jüdischen Küche und einen Besuch mit Führung in der jeweiligen Landsynagoge.

Drei Veranstalter tragen das Festival

Das Festival „Musik & Kultur in westfälischen Landsynagogen“ wird von der Evangelischen Stadtakademie Bochum, dem Evangelischen Forum Westfalen und dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Westfalen-Lippe veranstaltet.

>>> Programm und Anmeldung unter www.stadtakademie.de