Bochum-Dahlhausen. Bei der geplanten Bebauung am Ruhrort hat die Bezirksregierung Arnsberg erhebliche Bedenken. Die Stadt Bochum kommt dabei nicht gut weg.
Das geplante Neubaugebiet am Ruhrort in Bochum-Dahlhausen sorgt weiter für Gesprächsstoff. Nun ist auch herausgekommen, weshalb die Stadt Bochum die Beschlussvorlage für den Bebauungsplan Nummer 997 im Januar plötzlich, kurz vor den politischen Sitzungen, zurückgezogen hat. Die Bezirksregierung Arnsberg hatte kurz zuvor in einer Stellungnahme weiterhin erhebliche Bedenken gegen die angedachte Bebauung geäußert. Die Stadt Bochum, speziell das Planungsamt, kommt dabei gar nicht gut weg.
Bezirksregierung hat wegen Neubaugebiet Bedenken – Rüffel für die Stadt Bochum
Das Bochumer Netzwerk für bürgernahe Stadtentwicklung konnte sich Zugang zu einer schriftlichen Stellungnahme aus Arnsberg verschaffen. In diesem Schreiben vom 19. Januar reagiert die Bezirksregierung auf die Antwort des Bochumer Planungsamtes (11. Januar) zur Stellungnahme aus Arnsberg vom 29. Juni 2020, in der die Bezirksregierung erhebliche immissionsschutzrechtliche Bedenken zu dem Planungsentwurf dargelegt hat.
Von diesen Bedenken, das macht die Bezirksregierung sehr deutlich, rückt sie auch nicht ab. Mehr noch: Das Antwortschreiben des Bochumer Planungsamtes wird regelrecht auseinander genommen: Die dargelegten Ausführungen „sind teilweise nicht zutreffend und die vorgebrachten immissionsschutzrechtlichen Bedenken werden hierin nicht beantwortet bzw. die angesprochenen Probleme sind nicht erkannt und nicht gelöst worden“, heißt es darin.
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Arnsberg kommt zu dem Ergebnis, dass die Antwort des Planungsamtes „völlig unzureichend“ sei und die Bedenken der Bezirksregierung nicht entkräften könne. „Die aufgeführten Argumente sind nicht nachvollziehbar und können die immissionsschutzrechtlichen Probleme nicht lösen.“
Kritik an Stadt Bochum: Lärmmessung zur falschen Zeit am falschen Ort
So wird in Arnsberg etwa moniert, dass die ohnehin nur einmalige und damit wenig aussagekräftige Lärmmessung zur falschen Zeit, wenn ohnehin nicht so viel Lärm sei, und noch dazu an einem geschützten Ort durchführt worden sei. So sei eine Beurteilung der Lärmsituation dort nicht möglich. Im kritischen südwestlichen Bereich des geplanten Wohngebietes hingegen sei nicht gemessen worden. Zudem seien genauer Messort und Messhöhe immer noch nicht bekannt.
Aus Sicht der Bezirksregierung sei nicht auszuschließen, dass in den oberen Etagen der geplanten Wohnbebauung, die nicht durch die Ofenhalle der benachbarten Fabrik Dr. C. Otto abgeschirmt werden, „wesentlich höhere Lärmimmissionen zu erwarten sind“.
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Und: Nach einer 2014 in einem Genehmigungsverfahren für das benachbarte Unternehmen erstellten Lärmimmissionsprognose würden die zulässigen Lärmimmissionswerte für das geplante Baugebiet bereits jetzt überschritten. Darauf aber werde vom Planungsamt gar nicht eingegangen.
64 Häuser geplant – in allen Variationen
Die Wilma Immobilien AG will am Ruhrort auf einer Fläche von 2,6 Hektar 64 Einfamilien-, Reihen- und Doppelhäuser bauen. Für dieses Bauvorhaben wurde der Bebauungsplan 997 aufgestellt. Darin ist auch festgelegt, dass der Großteil der für die Baugrundstücke und die Erschließung vorgesehenen Flächen wegen Hochwassergefahr um ca. zwei Meter angehoben werden.
Die Bezirksvertretung Südwest hatte sich bereits für das Neubauprojekt in Dahlhausen ausgesprochen. Kurz vor der Sitzung des Ausschusses für Planung und Grundstücke hatte die Verwaltung die Vorlage mit dem Satzungsbeschluss jedoch zurückgezogen. Auch die Beratung und Beschlussfassung in Hauptausschuss und Rat wurden verschoben.
Das Netzwerk für bürgernahe Stadtentwicklung kritisiert, dass die Verwaltung die politischen Gremien bis heute nicht über diese konkreten Bedenken der Bezirksregierung informiert hat.
Thomas Sprenger, Sprecher der Stadt Bochum, hatte sich im Januar auf WAZ-Anfrage so geäußert: „Wir haben die Vorlage zunächst zurückgezogen, weil es noch Fragen zu klären gibt, etwa zum Baumbestand und zum Schallschutz. Wir sehen bei einigen offenen Aspekten noch Optimierungsbedarf. Wenn alles geklärt ist, wird der Satzungsbeschluss erneut vorgelegt.“
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Stadtbaurat Markus Bradtke habe gegenüber dem Netzwerk erklärt, auch wenn das Schallgutachten nun voraussichtlich überarbeitet bzw. ergänzt werde, gehe er davon aus, den Bebauungsplan zum Satzungsbeschluss zu bringen; es handele sich insofern um ein Nachschärfen der Unterlagen im Hinblick auf eine möglichst große Rechtssicherheit. Dies teilt Wolfgang Czapracki-Mohnhaupt für das Netzwerk mit. Er befürchtet, dass es nun nur noch darum gehe, „die Unterlagen gerichtsfest zu machen“.
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Übrigens: Auch das Argument des Planungsamtes, der Betrieb (Dr. C. Otto) habe die überplanten Flächen unter Kenntnis der beabsichtigten Errichtung einer Wohnbebauung dem künftigen Bauherrn verkauft, zog in Arnsberg nicht. Von dort heißt es: „Hieraus kann man aber nicht ableiten, dass gesunde Wohnverhältnisse vorliegen bzw. der Schutzanspruch des Wohngebietes eingehalten wird und Belästigungen nicht vorliegen werden.“