Bochum. Weil sie in Suizidabsicht ihre Wohnküche in Bochum-Wattenscheid in Brand gesetzt hatte, wurde eine Rentnerin verurteilt: Haft auf Bewährung.
Die Rentnerin war verzweifelt und wollte sterben. Deshalb zündete die 65-Jährige mehrere Stühle in ihrer Wohnküche im ersten Stock eines Mehrfamilienhauses in Bochum-Wattenscheid an. Wegen schwerer Brandstiftung wurde sie am Mittwoch vom Schöffengericht zu neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.
Das Feuer hatte die alleinstehende Frau am Vormittag des 6. Mai 2019 in ihrer damaligen Mietwohnung an der Berliner Straße gelegt und hätte in einer Katastrophe enden können. Wäre die Feuerwehr nicht angerückt und hätte alles gelöscht, hätte ein Vollbrand entstehen können, wie ein Brandschutzingenieur (59) sagt. Die Stühle und der Teppich brannten bereits, Dielen und Fenster waren auch schon angegriffen.
Angeklagte aus Wattenscheid steckte in einer schwere Krise
Feuer im Krankenhaus gelegt - Bochumer (16) muss in Arrest Die 65-Jährige steckte damals in einer schweren Krise. Sie war depressiv, vereinsamt, hatte Probleme mit Alkohol und Tabletten und nun auch noch erfahren, dass sie womöglich an Krebs erkrankt sein könnte. „Ich wusste nicht mehr weiter.“
Soziale Beratungsstellen nahm sie nicht in Anspruch. Als auch eine Kontaktaufnahme zu Verwandten erfolglos blieb, wurden ihre Ausweglosigkeit und Panik unerträglich. „Ich war aufgeschmissen.“ Sie nahm ein Feuerzeug und steckte die Stuhlkissen in Brand.
Brandstifterin rief selbst die Bochumer Feuerwehr
Das Feuer wuchs so schnell, dass sie die Wohnung dann aber doch verließ und die Feuerwehr alarmierte. „Ich wollte Schluss machen“, erklärte sie den Einsatzkräften.
Was sie sich denn vorgestellt habe, fragte die Richterin – dass sie ersticken oder verbrennen werde? Darüber habe sie sich keine großen Gedanken gemacht, meinte die Angeklagte.
In dem Haus wohnen vier Parteien. „Ich war mir sicher, dass keiner zu Hause war“, sagte die Angeklagte. Tatsächlich waren alle Bewohner zur Tatzeit unterwegs. Sonst wäre die Strafe wohl härter ausgefallen.
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Der Sachschaden war enorm. Allein die reinen Wiederherstellungskosten betrugen 35.000 Euro, wie die Vermieterin sagt. „Der Ruß war überall im Haus.“
Angeklagte war bisher nicht vorbestraft
Die Angeklagte war bisher völlig straffrei durchs Leben gegangen. Heute lebt sie in einer kargen Unterkunft für betreutes Wohnen und bezieht eine überaus kleine Rente. Die letzten drei Wochen war sie stationär im Krankenhaus untergebracht, weil der nahende Gerichtstermin sie so sehr belastete.
Das Gericht attestierte ihr eine verminderte Schuldfähigkeit zur Tatzeit. Sie sei „nicht Herr ihrer Sinne“ gewesen. Als Bewährungsauflage muss sie eine „stationäre Heilbehandlung“ machen.