Bochum. Unter der Corona-Krise im Handel leiden zunehmend auch die Vermieter. Mieten bleiben aus. Das Bochumer Hannibal-Center beklagt Rekordverluste.

Neben Geschäften, Gastronomie und Dienstleistung sind zunehmend auch gewerbliche Vermieter durch die Corona-Krise im Handel bedroht. „Wir müssen noch nicht um unsere Existenz bangen“, sagt Gerhard Uhle, Inhaber des Hannibal-Centers. Aber: „Mietausfälle in derartigem Ausmaß hat es in der Geschichte unseres Unternehmens noch nie gegeben.“

Die Euco GmbH mit Sitz an der Dorstener Straße lenkt von Bochum aus Fachmarktzentren und City-Center an mehr als 30 Standorten in Deutschland. 45 Immobilien umfasst allein die Keimzelle von Euco: das in den 1970er Jahren entstandene Hannibal-Center in Hofstede.

Corona in Bochum: Nur vier Hannibal-Läden sind noch regulär geöffnet

Beispiellos seien die Verluste, die die Unternehmensgruppe in der Pandemie zu beklagen habe, schildert Senior-Chef Gerhard Uhle (88). Seine Bestandsaufnahme fällt düster aus. Im Hannibal-Center mit seinen rund 400 Beschäftigten haben die Modekette Adler und der Schreibwarenhandel Askania wegen Insolvenz den Betrieb eingestellt. Im benachbarten Prater-Center, das gleichfalls zu Euco gehört, ist das Stoffgeschäft Alfatex geschlossen. Sämtliche Gastronomiebetriebe bleiben im Lockdown dicht.

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Ohne Einschränkungen geöffnet seien nur vier größere Betriebe: Real, Aldi, Netto und dm. Die meisten Fachgeschäfte können Kunden derzeit nur mit Termin und negativem Corona-Test bedienen, was vielfach mäßig in Anspruch genommen wird. Um es den Käufern einfacher zu machen, soll in Kürze ein eigenes, vom Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) betriebenes Testzentrum an den Start gehen.

Geschlossen ist im Hannibal-Center u. a. der Adler-Modemarkt. In den meisten Fachgeschäften ist der Einkauf nur mit Termin und negativem Corona-Test erlaubt.
Geschlossen ist im Hannibal-Center u. a. der Adler-Modemarkt. In den meisten Fachgeschäften ist der Einkauf nur mit Termin und negativem Corona-Test erlaubt. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Haus & Grund: Vermieter tragen Risiko

Zahlen mag Uhle nicht nennen. Die monatlichen Mietausfälle für Euco werden aber im sechs-, womöglich siebenstelligen Bereich vermutet. Manche Pacht bleibt komplett aus. Andere Mieten werden massiv gekürzt – auch ohne Einwilligung des Vermieters. Ein zum Jahresbeginn in Kraft getretenes Gesetz lässt Mietvertragsanpassungen zu. Der Bund will damit die Folgen des Lockdown abfedern. „Ob das rechtens ist, werden wir irgendwann einmal prüfen,“ sagt Uhle. Der Eigentümerverband Haus & Grund übt schon jetzt Kritik. Mit der Gesetzesänderung sei „das Risiko von Ausfällen auf den Vermieter verlagert“ worden, meint Landesgeschäftsführer Werner Weskamp.

Nachfolge für Real-Markt in Sicht

Positiv bewerten die Inhaber des Hannibal-Centers die Zukunft des bisherigen Real-Marktes.

Möglich sei in Hofstede nach dem Rückzug von Real als Ankermieter nicht nur eine komplette Neuverpachtung, sondern auch eine Aufteilung der Verkaufsflächen auf mehrere Filialen, berichtet Euco-Chef Gerhard Uhle.

Die Kaufhauskette Globus sei dabei einer von mehreren Interessenten. Die Verhandlungen seien im Gange.

Noch will Euco den Druck nicht erhöhen. Noch wird gehofft, dass die meisten Hannibal-Mieter die Krise überstehen. Etwa die Großraumdiskothek Prater, in der die Lichter seit mehr als einem Jahr aus sind. „Die Betreiber hatten sich erfolgreich um ein neues, schlankeres Konzept bemüht. Dann kam Corona. Wir alle wünschen uns, dass es weitergeht“, so Uhle, der den seit der Verkleinerung der Diskothek leerstehenden Gebäudeflügel an eine Fahrschule vermietet hat, die hier ihre Fahrlehrerausbildung ansiedeln will.

Hannibal-Chef: Innenstadt trifft es noch härter

„Wir überleben Corona“, konstatiert Gerd Uhle – wenn auch mit erheblichen Einbußen, die die weitere Expansion erschwerten. Sollte es zu Leerständen kommen, werde es in dem Fachmarktzentrum immer ausreichend Nachmieter geben. Deutlich härter werde es die Bochumer Innenstadt treffen, insbesondere die Textilbranche, befürchtet der erfahrene Handelsexperte.

Wie die Clubs in der Krise ums Überleben kämpfen, lesen Sie hier!

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