Bochum. Nina Hegemanns Sohn (16) ist Autist. Lange wurde dem Bochumer die Fahrt zur Schule mit dem Spezialbus zu Unrecht verweigert. Sie ist sauer.

Bis zu den Osterferien sollte jedes Kind in Nordrhein-Westfalenseine Schule wieder von innen gesehen haben. Bei einem 16-jährigen Höntroper, der Autist ist, hat das nur durch besonderen familiären Einsatz funktioniert. Dem Sohn von Nina Hegemann wurde der Transport mit dem Schülerspezialverkehr in Bochum verwehrt, zu Unrecht.

„Mein Sohn war seit Weihnachten einmal in der schuleigenen Notbetreuung. Dieser einzelne Betreuungstag konnte nur stattfinden, weil seine ältere Schwester ihn mit öffentlichen Verkehrsmitteln brachte und wieder abholte“, erzählt die Höntroperin. Weil die Eltern beide berufstätig sind, müssen sie die Notbetreuung in Anspruch nehmen, was so auch klappen würde.

Eigentlich würde der Sohn mit dem Schülerspezialverkehr fahren. Das Problem: Aus Infektionsschutzgründen verwehrt die Janusz-Korczak-Schule das. Er dürfte nur Bus fahren, wenn er Unterricht hat, was wegen ausfallender Lehrkräfte nicht der Fall ist. Bringen können die Eltern ihren Sohn nicht – weil die Schule erst nach Dienstbeginn anfängt.

Werden Kinder mit Behinderung benachteiligt?

„Obwohl ich als Mutter mehrfach die Schule darum bat, ihn doch mit dem gewohnten Bustransport mit in die Betreuung fahren zu lassen, teilte man mir lediglich mit, dass dies nicht in ihrer Zuständigkeit läge“, so Hegemann, die sich um ihren Sohn sorgt. „Andere 16-Jährige können über Instagram und Co. Kontakt halten. Das kann mein Sohn nicht. Für Kinder wie ihn ist der Besuch der Schule und ein Tagesablauf noch mal wichtiger“, so die Realschullehrerin, die glaubt, dass das an einer Regelschule nicht passiert wäre. „Ich sehe für meinen Sohn darin eine riesige Benachteiligung, eben weil es alles komplizierter und umständlicher ist als bei Regelschülern und vielleicht auch, weil er sowieso nie einen Schulabschluss schaffen wird.“

„Es gab mehrere Gespräche mit Frau Hegemann“, bestätigt Andreas Engelsiepen, Konrektor der Janusz-Korczak-Schule. „Der Wunsch der Schule, dass die Schülerinnen und Schüler der Notbetreuung nicht im Bustransfer des Präsenzunterrichts gefahren werden, erfolgt aus Hygieneschutzerwägungen. Kinder aus Distanz- und Präsenzunterricht zu mischen, bedeutet im Falle eines positiven Testergebnis unter Umständen eine sehr weitreichende Quarantäne“, begründet er.

Die Janusz-Korczak-Schule

Die Janusz-Korczak-Schule ist eine der zwei städtischen Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung in Bochum. Einzugsgebiet sind die süd-westlichen Stadtteile.„Unserem Leitbild entsprechend ,Für das Leben lernen - professionell begleitet’ fördern zurzeit 42 Lehrerinnen und Lehrer 153 Schülerinnen und Schüler in 14 Klassen“, heißt es auf der Homepage. Unterstützt werden sie von Klassenassistenten und Bufdis.:

Der Transport der Schülerinnen und Schüler sei eine Angelegenheit des Trägers, weshalb die Schulleitung zu jeder Zeit mit der zuständigen Sachbearbeiterin kommuniziert habe. Aus diesem Grund habe Engelsiepen bei Fragen zum Transport an das Schulverwaltungsamt verwiesen.

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Stadt Bochum: Busbeförderung ist unproblematisch

Die Stadt Bochum hingegen teilt auf Anfrage mit, dass die zuständigen Sachbearbeiter im Vorfeld nicht über die Entscheidung der Schulleitung informiert waren. „Die Beförderung der Kinder zur Schule ist Angelegenheit des Schulträgers. Die Busbeförderung ist unproblematisch, da die Kinder Masken tragen“, so Kirsten Ilk von der Pressestelle der Stadt. Sie könne demnach wieder erfolgen.

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Konrektor Engelsiepen räumt den Fehler ein und entschuldigt sich: „Wir haben versucht, vernünftig zu reagieren. Als Schule wünschen wir uns natürlich, dass alle dabei sein können. In Anbetracht der Infektionslage haben wir versucht, im Sinne des Infektionsschutzes zu handeln. Wir sind froh, dass wir das sachlich klären konnten“, sagt er.

Die Familie Hegemann und vor allem der 16-Jährige Sohn sind froh über die Entscheidung. „Gerade, weil er so gerne in die Schule geht“, sagt sie.