Bochum. Bochumer Eltern mussten zwei Jahre nach einem Kita-Platz für ihre Zwillinge suchen. Die Ausrede: „Sie brauchen zwei Plätze, das wird schwierig.“
Jennifer und Mark Heger sind verzweifelt: Die Eltern von Zwillingen haben ihre Kinder 2018 zwei Wochen nach der Geburt angemeldet, um für 2020 einen Kita-Platz zu bekommen. Ohne Erfolg - die ständige Ausrede: „Sie benötigen ja zwei Plätze, das wird schwierig.“ Mit Ende der Anmeldephase für das Kita-Jahr wächst die Angst, dass die Familie wieder keinen Platz in Bochum-Weitmar bekommt. Doch plötzlich wendet sich das Blatt.
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„Bereits vor der Geburt meiner Kinder im Oktober 2018 habe ich versucht, sie über das Kita-Portal der Stadt Bochum anzumelden“, erzählt Jennifer Heger, die mit Mann und den Zwillingen Moritz und Mathilda in Weitmar lebt. Ihr ist bewusst, dass die Suche nach einem Kita-Platz schwierig werden könnte und deshalb früh dran. Weil Kinder erst angemeldet werden können, wenn sie auf der Welt sind, erledigt sie das zwei Wochen nach der Geburt an. „Hier nahm der Wahnsinn seinen Lauf“, berichtet die 33-Jährige im Nachhinein.
Zwillingseltern aus Bochum suchen Kita-Platz – und scheitern immer wieder
Weil Heger ab dem 1. Januar 2020 wieder arbeiten möchte, sucht sie für den Übergang bis zum Beginn des Kita-Jahres eine Tagesmutter. „Um dann immer und immer wieder die Aussage zu bekommen: ,Sie benötigen ja zwei Plätze, das wird schwierig’“. Schließlich hört sie doch noch von einer Tagesmutter in Linden, die Plätze frei hat. Sie akzeptiert die tägliche Fahrzeit. „Ich sagte mir, es ist ja nur bis August 2020, danach wird das mit dem Kitaplatz in Weitmar schon klappen.“ Fehlanzeige.
Die Kinder sind weiterhin im Kita-Portal angemeldet, Heger spricht mit Erzieherinnen und Erziehern in den Einrichtungen in Weitmar und hört die bekannte Aussage: „Sie brauchen ja zwei Plätze...“ Ihr wird bewusst, dass es mit dem Betreuungsplatz in Weitmar nicht klappen wird – auch weil ein Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz erst ab dem Alter von drei Jahren besteht. Und so bleiben die Zwillinge bei der Tagesmutter, wo sie sich immerhin sehr wohl fühlen.
„Verzweifelt und absolut sprachlos über diese Zustände“
Heger bleibt erstmal optimistisch, denn: „Es war ja auch klar, dass meine Kinder im Oktober 2021 drei Jahre alt werden und ich sie ja tatsächlich sehr früh angemeldet habe, sodass einem Kindergartenplatz im Sommer 2021 ja absolut nichts mehr im Wege stehen dürfte“, meint die Mutter. Wieder Fehlanzeige.
Bekommen alle Kinder in Bochum einen Kita-Platz?
„Die Platzvergabe für das kommende Kita-Jahr dauert noch an“, antwortet Stadtsprecher Peter van Dyk auf die Frage, ob alle Kinder einen Kita-Platz bekommen. Vor diesem Hintergrund könne derzeit – mitten im Verfahren der Vergabe der Betreuungsplätze – keine Aussage dazu getroffen werden, wie viele Kinder zum Stand heute noch keinen Platz haben.
„Im laufenden Kita-Jahr konnte allen Eltern, die einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz geltend gemacht haben, ein Betreuungsplatz für die jeweiligen Kinder zur Verfügung gestellt werden“, heißt es weiter. Dieser Rechtsanspruch besteht ab dem Alter von drei Jahren.
Die Stadt Bochum geht deshalb davon aus, dass möglichst allen Kindern auch für das kommende Kitajahr ein Betreuungsplatz bereitgestellt werden kann.
„Ich habe auch dieses Jahr tatsächlich keinen Platz im Raum Bochum-Weitmar bekommen. Ich bin sauer, verzweifelt und absolut sprachlos über diese Zustände“, sagt die 33-Jährige und wendet sich an die WAZ. Im Gespräch schildert sie ihre Situation, woraufhin unsere Redaktion bei der Stadt anfragt. Rund eine Stunde später der Anruf: Die Familie Heger hat ab 1. August zwei Kita-Plätze – in der Städtischen Kita Neuhofstraße, die wenige Meter von ihrem Zuhause entfernt ist.
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„Es besteht kein Zusammenhang zwischen Ihrer Anfrage und der Platzvergabe“, teilt Stadtsprecher Peter van Dyk auf Anfrage mit. Die Vergabe der Kita-Plätze sei noch in vollem Gange. „Ein bereits einer anderen Familie angebotener Platz wurde nicht angenommen, insofern gab es dann die Möglichkeit, Frau Heger zwei Plätze anbieten zu können“, so van Dyk.
Sind die Vergabeverfahren für Kita-Plätze fair?
Trotzdem fragt Heger sich: „Wie kann es sein, dass wir in manchen Kindergärten erst gar nicht auf der Liste standen?“ Obwohl sie sich über das Kita-Portal für diese Einrichtung angemeldet hat. „Es gibt klare Regeln für die Kita-Platz-Vergabe in den städtischen Kindertageseinrichtungen, die im Jugendhilfeausschuss im Oktober 2018 beschlossen worden sind“, erläutert van Dyk. Wichtig sei aber: Die freien Träger haben eigene Vergaberegeln.
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Jennifer Heger will mit ihrer Geschichte an die Öffentlichkeit gehen, auch wenn der Ärger bei der Suche nach einem Kita-Platz für sie ein gutes Ende genommen hat: „Für mich wird das nicht mehr viel ändern, aber allen anderen Eltern soll diese Prozedur einfach erspart bleiben“, sagt sie. Sie ist mit ihren Sorgen nicht alleine, anderen Eltern in Bochum geht es ähnlich: „Meine Tochter wird im November drei Jahre alt und hat keinen Kindergartenplatz erhalten für diesen Sommer“, schrieb erst Mitte März eine alleinerziehende Mutter bei Facebook, die ihr Kind ebenfalls kurz nach der Geburt angemeldet hat.