Bochum. Die Corona-Zahlen steigen. Wie bewertet die neue Leiterin des Bochumer Gesundheitsamtes die Entwicklung? Die WAZ sprach mit Dr. Cordula Kloppe.
Bochum muss sich auf weiter steigende Corona-Zahlen einstellen. So schnell wie möglich sollten daher Haus-, Fach- und Betriebsärzte in die Impfkampagne einbezogen werden, sagt die neue Leiterin des Bochumer Gesundheitsamtes, Dr. Cordula Kloppe.
Seit dem 1. März ist die 52-Jährige Chefin der Gesundheitsbehörde am Westring. Die Internistin und Kardiologin war zuvor am Katholischen Klinikum tätig, wo sie als Oberärztin die Notaufnahme und Intensivstation im St.-Elisabeth-Hospital leitete. Zudem war sie ärztliche Leiterin des städtischen Rettungsdienstes.
Corona in Bochum: Noch reicht das Personal
Als Nachfolgerin von Dr. Ralf Winter (62), der in den Ruhestand wechselte, hat Cordula Kloppe eine Mammutaufgabe übernommen: die Koordination der Krise vor Ort, dort, wo alle Beschlüsse, Erlasse und Verordnungen der Bundes- und Landespolitik vom Krisenstab umgesetzt werden und den Alltagstest bestehen müssen.
Dafür fühlt sich Cordula Kloppe gut gerüstet. Noch. Zuletzt deutlich sinkende Neuinfektionen hätten das Gesundheitsamt wieder in die Lage versetzt, seine Anti-Corona-Mission zu erfüllen: Kontaktpersonen nachzuverfolgen, Infektionsketten zu durchbrechen, Quarantänen zu verhängen und zu überwachen (derzeit bei 1309 Bürgern). Dazu, versichert Kloppe im WAZ-Gespräch, sei das Personell aktuell ausreichend. Inklusive Bundeswehrsoldaten (35, befristet bis Mitte April) und studentischer Hilfskräfte sind 230 Mitarbeiter im Einsatz. Regulär sind es 41.
„Sormas“ soll Datenaustausch verbessern
Technisch sei man ebenfalls auf der Höhe – auch dank des Programms „Sormas“, eine Datenbank, die die 400 deutschen Gesundheitsämter digital verknüpfen und die Fax-Steinzeit überwinden soll. „Die Basisversion ist neben unserer eigenen Software eingeführt und in Betrieb. Der Antrag auf die erweiterte Version ist gestellt“, berichtet Cordula Kloppe.
Gleichwohl könnte der öffentliche Gesundheitsdienst schnell wieder an seine Grenzen stoßen. „Wir rechnen damit, dass die Infektionszahlen weiter hochgehen“, sagt die Behördenleiterin. Mit Sorge blickt sie auf die jüngsten Inzidenzen, die binnen Tagen von unter 50 auf über 80 geschnellt sind. Für Kloppe eine Folge der hochansteckenden britischen Mutante B.1.1.7, die in Bochum bei jeder dritten Neuinfektion nachgewiesen wird. Bundesweit sind es schon 50 Prozent.
Corona-Fälle in 38 Schulen und Kitas
Wie rasant sich die Ansteckungen ausbreiten können, zeigt sich in diesen Tagen in der Kindertagesstätte „Outlaw“ an der Günnigfelder Straße. Nach einem Corona-Ausbruch sind 25 Kinder und sieben Erzieher infiziert, davon sechs mit der Briten-Mutante. Die Kita bleibt vorerst geschlossen. 70 Kontaktpersonen sind allein hier bekannt. Dabei dürfte es nicht bleiben. „Aktuell gibt es Corona-Fälle in 38 Schulen und Kitas“, berichtet Stadtsprecher Peter van Dyk.
Die dritte Welle, sie scheint unbarmherzig ihren Anfang genommen zu haben. Sieben Bochumerinnen und Bochumer sind in der vergangenen Woche an Covid-19 gestorben. Von 300er-Inzidenzen nach Ostern ist beim Robert-Koch-Institut die Rede. Herausfordernde Zeiten für Cordula Kloppe und ihr Team. Noch seien die Kapazitäten in den Kliniken, besonders auf den Intensivstationen, ausreichend. Noch folge der überwältigende Teil der Bevölkerung den Corona-Auflagen und AHA-Regeln. „Doch: Wie lange noch?“, fragt sich Kloppe.
Impfen und Testen sind elementar
Elementar sei daher das Impfen. Dabei liege Bochum mit einer Impfquote von 4,53 Prozent zwar über dem Bundesschnitt. Das Impfzentrum im Ruhrcongress funktioniere – anders als die Terminvergabe der Kassenärzte – sehr gut. „Das muss aber schneller gehen“, fordert Cordula Kloppe und befürwortet den baldigen Einsatz der 200 Bochumer Hausärzte sowie der Fach- und Betriebsärzte. Die könnten kurzfristig und kompetent helfen – natürlich nur, wenn ausreichend Impfstoff vorhanden ist. Ein Problem, vor dem alle Kommunen stehen, ohne darauf Einfluss nehmen zu können.
Kurzfristig reagiert hat das Gesundheitsamt bei den kostenlosen wöchentlichen Schnelltests. Die Drive-in-Stelle am Harpener Feld nimmt sie seit Anfang vergangener Woche vor – bislang mehr als 300. Über 25 weitere, private Testzentren sollen in Kürze folgen.