Bochum. Die Impfung von Angehörigen der Klinikleitung im Augusta Bochum wird im Ministerium noch geprüft. Der Klinikchef bittet vorab um Entschuldigung.

Aus medizinischer Sicht richtig, unter ethischen Aspekten unsensibel – so bewertet der Geschäftsführer der Augusta-Kliniken Bochum, Thomas Drathen, die Impfung von Angehörigen der Klinikleitung direkt zum Start der Corona-Impfungen Mitte Januar. In einem „Sondernewsletter zur Kritik an unserer Impfpraxis“ bittet er die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Evangelischen Stiftung Augusta um Entschuldigung.

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Drathen bestätigt den Vorwurf, dass betriebsfremde Personen geimpft wurden. Es gehe aber nur um zwei von 1296 Fällen, so Drathen. Wie berichtet, handelt es sich dabei um Eltern und Lebenspartner von Klinikmanagern, die Mitte Januar nicht impfberechtigt waren.

Augusta-Kliniken Bochum: Geschäftsführer bestätigt Impfung von Angehörigen

Es handele sich, so Drathen, „um zwei Palliativ-Patienten, die bei uns in Behandlung sind, die aufgrund ihres Alters bzw. ihrer Erkrankung zur höchsten Risikogruppe zählen. Wir haben diese beiden Patienten, bei denen es sich um Angehörige der Klinikleitung handelt, kurzfristig kontaktiert, nachdem zwei Impfdosen nicht verimpft werden konnten und womöglich verfallen wären“, heißt es in dem Schreiben an die Belegschaft, das der WAZ vorliegt.

Geschäftsführer Thomas Drathen bittet die Belegschaft der Evangelischen Stiftung August in Bochum um Entschuldigung. Angehörige der Klinikleitung wurden vorzeitig gegen Covid-19 geimpft.
Geschäftsführer Thomas Drathen bittet die Belegschaft der Evangelischen Stiftung August in Bochum um Entschuldigung. Angehörige der Klinikleitung wurden vorzeitig gegen Covid-19 geimpft. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

„Aus medizinischer Sicht haben wir richtig gehandelt. Das sehen wir auch heute noch so. Was wir aber sicherlich unterschätzt haben, ist der ethische Aspekt unseres Handelns, in einer für uns alle neuen Situation, in der Menschen verunsichert sind und Impfstoff knapp ist, ist es unsensibel, betriebsfremde Personen zu bevorzugen. Für unsere – aus heutiger Sicht – schlechte Entscheidung bitten wir Sie um Entschuldigung. Seien Sie versichert, dass wir künftig umsichtiger verfahren werden.“

Aufsicht in Düsseldorf untersucht den Vorgang

Eine Stellungnahme des Krankenhauses zu dem Vorgang liegt mittlerweile dem NRW-Gesundheitsministerium (MAGS) vor. Die Bezirksregierung Arnsberg hatte es im Auftrag der Düsseldorfer Behörde angefordert. „Der Vorgang wird aktuell noch geprüft“, so das MAGS.

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Die Augusta-Kliniken stehen aber nicht nur wegen der Bevorzugung von Angehörigen der Manager in der Kritik, sondern auch, weil gleichzeitig wochenlang Zeitarbeitskräften, die monatelang regelmäßig Covid-19-Patienten behandelt haben, keine Impfung angeboten bzw. diese sogar verweigert wurde. Stattdessen impften die Betriebsärzte Personal aus Klinik und Ambulanten Diensten, das keinerlei Patientenkontakt hat (Personalabteilung, Buchhaltung, EDV ...).

Ministerium widerspricht der Klinikleitung

Augusta-Geschäftsführer Drathen indes verteidigt in dem Sondernewsletter das eigene Handeln: „Dem Vorwurf, dass wir bewusst und entgegen anderslautender Erlasse Zeitarbeitskräfte nicht geimpft hätten, treten wir entschieden entgegen. Richtig ist vielmehr, dass wir uns jederzeit nachweislich an die Vorgaben der Bezirksregierung und des Gesundheitsamtes gehalten haben.“

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Das MAGS bewertet dies wie berichtet anders und stellte auf Anfrage am Dienstag noch einmal klar: „Zu keinem Zeitpunkt wurde vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales eine Festanstellung als Voraussetzung für eine Impfung gemacht.“ Katholisches Klinikum, Bergmannsheil und Knappschaftskrankenhaus hatten dementsprechend ihre Leih-Pflegkräfte auf den Covid-19-Stationen auch geimpft.

Pfleger bezeichnet Umgang mit Zeitarbeitskräften als „Frechheit“

Wie es im Augusta-Krankenhaus Alltag war, schildert ein Mitarbeiter. Trotz massiven Drucks aller Zeitarbeitskräfte, seien alle Anfragen bezüglich einer Impfung ignoriert und abgelehnt worden. Auch die sogenannten Reste am Abend seien nicht für die Leihkräfte infrage gekommen. „Es ist ein Witz, wie man mit uns umgegangen ist. Ich versorge seit November 2020 Corona-Patienten. Eine Impfung wurde mir erst jetzt zugesagt, während Angehörige der Klinikleitung und nur klinikinterne Mitarbeiter seit Anfang der Impfung versorgt wurden. Eine Frechheit.“

Ergänzung: Als Reaktion auf diesen Bericht teilte die Augusta-Klinik am Mittwochnachmittag mit, dass die meisten der externen Mitarbeiter bis zum 2. März nun geimpft worden seien. „Bis zum Ende dieser Woche werden alle Leasingmitarbeiter in Bochum und Hattingen mit Astrazeneca geimpft sein“, heißt es. Zwei Leasingkräfte könnten allerdings die angebotenen Termine nicht wahrnehmen. „Diese beiden Mitarbeiter können nun mit einer Arbeitgeberbescheinigung im Impfzentrum geimpft werden“, versichert Geschäftsführer Drathen.

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