Bochum. Im Bochum keimt Kritik am Entsorger USB auf. Der will Donnerstag Restmüll- und Gelbe Tonnen leeren. Stadt beauftragt Firmen mit Dachkontrolle.
Der Eissturm Tristan ist längst über uns hinweggezogen. Aber nach wie vor hält er Bochum fest im Griff. Allmählich sind die Straßen zwar wieder befahrbar, die Bogestra schickt nach und nach Bahnen und Busse aus den Depots. Vor allem die Müllabfuhr kämpft weiter mit Schnee und Eis, sieht sich aber auch zunehmend Kritik ausgesetzt. Die Stadt beauftragt die Kontrolle von Dächern öffentlicher Gebäude.
Vorsichtig sein sollten Passanten, die nah an Gebäuden oder unter Dachüberständen herlaufen. Dachlawinen und herunterfallende Eiszapfen können zu Unfällen und Verletzungen führen, heißt es bei der Feuerwehr und der Dachdecker-Innung. Vermehrt musste die Feuewehr in den vergangenen 24 Stunden ausrücken, weil Gefahr von Dächern ausging.
Dachdecker beschränken sich auf Sichtkontrolle
Auch die Dachdecker sind alarmiert. „Wir können im Moment aber vor allem nur Sichtkontrollen machen“, sagt der Bochumer Obermeister Raimund Weinand. Noch sei es zu gefährlich, Dächer zu besteigen, um die Dachlast und möglichen Schäden auf dem Dach zu kontrollieren. Aber: Vielfach kommen Dachdecker mit ihren Fahrzeugen auch nicht vom Hof, da vor allem die Nebenstraßen noch nicht geräumt sind.
Beauftragt hat die Stadt mittlerweile mehrere Firmen damit, die Dächer von öffentlichen Gebäuden zu kontrollieren, so etwa an Sporthallen mit großen Dachflächen. Dies soll in den nächsten Tagen geschehen. Je nach Höhe und Gewicht der Schneefläche müssen Statiker entscheiden, ob die Dächer die jeweilige Last tragen können. Mit weiteren Schneefällen ist nach den aktuellen Wetteraussichten nicht zu rechnen.
Weniger Politessen im Einsatz
Nur bedingt funktioniert in diesen Tagen die Parkraumüberwachung. „Es sind weniger Politessen im Einsatz als sonst“, bestätigt Stadt-Sprecher Peter van Dyk. Der Grund dafür seien die eingeschränkten Kontrollmöglichkeiten: „Viele Straßenschilder sind mit Schnee bedeckt und an vielen Stellen sind die Fahrbahnmarkierung nicht zu erkennen.“
Seit Mittwochmorgen hat die Bogestra erstmals wieder mehr als nur zwei Bahnen in Betrieb. Stand 8.30 Uh bietet sie folgenden Bus- und Bahnverkehr an:
U35 – im Zehn-Minuten-Takt zwischen Hustadt und Schloss Strünkende
308 – Im 15-Minuten-Takt zwischen Schauspielhaus und Vonovia Ruhrstadion; Ersatzbusse im 15-Minuten-Takt zwischen Bochum Hbf und Hattingen
310 – im 15-Minuten-Takt zwischen Höntrop Kirche und Lohring
194: unregelmäßig, soweit möglich
309 – Ersatzbusse im 30-Minuten-Takt zwischen Witten Hbf und Langendreer (S)
350 – Im 30-Minuten-Takt zwischen Bochum Hbf und Haarstraße
359 – im 30-Minuten-Takt zwischen Lindstockstraße und Hattingen Mitte
370 – im 30-Minuten-Takt zwischen Lütgendortmund und Surkenstraße (Haltestellen Heinrich-Gustav-Straße, Auf den Scheffeln und Von-Waldthausen-Straße können nicht angefahren werden)
SB 37 – gesamter Linienweg (Bochum - Sprockhövel bzw. Ennepetal)
Das Nahverkehrsunternehmen weist darauf hin, dass es ansonsten heute und und voraussichtlich auch an den weiteren Tagen „keinen gewohnten Betrieb von Bus und Bahn geben wird, sondern nur ein stark begrenztes Angebot zur Verfügung steht“.
Eingeschränkt ist auch die Leistungsfähigkeit des USB. „Die Müllabfuhr steht vor der Schwierigkeit, an vereiste oder festgefrorene Abfallbehälter und Müllschränke zu kommen. Insbesondere gestalten sich die Rollwege bis zum Fahrzeug schwierig, da dort bereits geräumte Schnee und Eiswälle den Weg zum Sammelfahrzeug versperren“, sagt Jörn Denhard, Sprecher des Bochumer Entsorgers USB. „Unsere Leute müssen an vielen Stellen die Tonnen über Schnee- und Eiswälle heben. Das ist enorm kraft- und zeitaufwendig“, an einigen Stellen auch unmöglich.
Tonnen über Eis- und Scheewälle wuchten
Denn: „Ein großer Abfallbehälter 1100 Liter kann beispielsweise bis zu 600 Kilogramm wiegen. Deshalb sei der USB auf die Freihaltung der Rollwege bis zur Straßen angewiesen, um überhaupt eine Chance zu haben, die Behälter zu bewegen. Seit Mittwochmorgen seien die Kolonnen zwar stadtweit unterwegs. Denhard: „Aber wir werden sicher weniger schaffen als sonst üblich.“ Zumal es wegen der tiefen Temperaturen auch mechanische Schwierigkeiten an den Fahrzeugen gebe.
Kritik: USB macht es sich zu einfach
Aus Sicht einiger Kunden macht es sich der Entsorger damit aber zu leicht. So beklagt ein Anwohner der Huestraße, er habe am Dienstag die Restmülltonne und am Mittwochmorgen die blaue Tonne vom Innenhof nach vorne an die Straße gestellt und damit den schwersten Teil der Arbeit erledigt. Aber: „Die Straße ist geräumt und die Müllabfuhr kommt trotzdem nicht.“ Der USB habe ihm stattdessen eine Info geschickt, wie die Tonnen zu stehen haben, damit sie abgefahren werden.“
Für Donnerstag hat das Entsorgungsunternehmen angekündigt, sich auf die Leerung von Restmülltonnen und Gelben Tonnen zu beschränken. „Wir versuchen die seit Montag stehen gebliebenen Tonnen und die Tonnen aus dem regulären Plan zu leeren“, sagt USB-Sprecher Denhard. Zurückgestellt werden zunächst die Leerung von Bio- und Papiertonnen.
Der Entsorger weist derweil darauf hin: Viele Sperrmülltermine können diese Woche nicht eingehalten werden. Sie müssen an der Sperrmüll-Hotline 08001995900 neue vereinbart werden. Der Umweltbrummi fährt am Mittwoch nicht.
Immerhin: Mittlerweile haben vier Wertstoffhöfe haben geöffnet: Havkenscheider Straße, Am Sattelgut, In der Provitze und Schattbachstraße.
16 Räum- und Streureviere in der Stadt
Vier Tage nach dem Winterbruch keimt auch allmählich Kritik am Straßen- und Winterdienst des USB auf. In Castrop-Rauxel seien längst Haupt- und Nebenstrecken geräumt. „Wieso geht das bei uns nicht?“, fragt ein WAZ-Leser. Ein weiterer Leser sagt: „Früher wurden wenigstens die Überwege im Ampelbereich vom Schnee befreit. Der Hausbesitzer wird zur Beseitigung des Schnees aufgefordert und verpflichtet. Die Stadt kommt ihrer Pflicht nicht nach“, so der Vorwurf. Räumfahrzeuge seien weit und breit nicht zu sehen.
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„Zuerst wurden auf den Straßen der Streustufe 1 geräumt und Salz gestreut“, erklärt der USB-Sprecher. Das allein seien 520 Kilometer. Die Stufe 1 sind Hauptdurchgangstraßen, Zu- und Abfahrtsstraßen zu Bundesautobahnen sowie verkehrswichtige und gefährliche Straßen. In den insgesamt 16 Revieren sei jeweils ein großes Streufahrzeug unterwegs. In jedem bewegt sich ein Streufahrzeug, das für eine Tour zwischen zwei und drei Stunde benötige. „Dazu sind noch einige kleinere Fahrzeuge im Einsatz“, so der USB-Sprecher.
Nebenstraßen werden noch nicht geräumt
Seit Dienstag wird auch auf Straßen der Streustufe 2 gearbeitet. Das sind „innerörtliche Verbindungsstraßen mit geringerer verkehrlicher Bedeutung“, insgesamt etwa mit einer Länge von 270 Kilometer. Noch nicht bearbeitet werden Straßen der Stufen 3 (übrige Verbindungsstraßen ohne größere Bedeutung für den Verkehr, 165 Kilometer) und 4 (Anliegerstraßen, 285 Kilometer).
Dass Räumfahrzeuge bisweilen mit hochgestellten Schildern unterwegs sind, sei so zu erklären: „Das Fahrzeug ist auf dem Weg in sein Streurevier oder zum Salzlager. Auf dem Weg hin und zurück hat der Wagen den Räumschild in der Regel nicht auf der Fahrbahn und streut auch nicht.“
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Die Zahl der eingesetzten Fahrzeuge resultiere aus der Einsatzplanung, die sich u.a. auf Erfahrungen der vergangenen Jahre stützt. Extreme Wetterereignisse wie der aktuelle Wintereinbruch übersteigen dann offenbar die zur Verfügung stehenden Kapazitäten.
1500 Tonnen Salz im Reservelager
Einmal hat sich Bochum in den vergangenen Jahren bei seiner Planung an einer Extremlage orientiert. Vor zehn Jahren hat die Stadt gemeinsam mit Recklinghausen und Herne ein zusätzliches Salzlager aufgebaut, 1500 der in Recklinghausen-Hochlarmark eingelagerten 3200 Tonnen gehören Bochum. „Angegriffen haben wir diese Reserve noch nicht“, sagt USB-Sprecher Jörn Denhard. Auch derzeit reichen noch die Vorräte an der Hanielstraße.
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