Bochum. Seit drei Jahren arbeitet Caren Baesch aus Bochum als alternative Bestatterin. Sie ermöglicht Hinterbliebenen, Verstorbene selbst zu versorgen.

Das kleine Büro von Caren Baesch liegt in einem Hinterhof an der Herner Straße. Draußen rattern Lkw vorbei, auf den Asphalt fällt leichter Schneeregen. Im Büro hat dieses Grau noch keinen Einzug erhalten, überall leuchtet es in grünen Farben. Grüne Kissen, grüne Ordner, grüne Kisten, grüne Bilder und dazu Bücher, Dvds, Sprüche zu den Themen Tod und Trauer. Auf dem Schreibtisch stehen kleine bunte Totenschädel. An diesen Ort kommen Leute, nachdem sie einen geliebten Menschen verloren haben.

Caren Baesch arbeitet seit drei Jahren als alternative Bestatterin. Sie findet mit Sterbenden und Trauernden Wege des Abschieds. Kein leichtes Unterfangen - gerade jetzt während der Corona-Pandemie. Die fröhliche Einrichtung ihres Trauerbüros erklärt Baesch in einem einfach Satz: „Ich bin nicht in Trauer“. Sie ist eine Expertin in Sachen Tod. Dieser gelte noch immer häufig als Tabu. Als alternative Bestatterin ermöglicht Baesch Sterbenden, Toten und Trauernden individuelle Bestattungen jenseits traditioneller Riten.

Alternative Bestatterin aus Bochum: "Der Tod wird anonymisiert"

Dass der Tod von vielen Menschen nicht wirklich als Teil des Lebens begriffen wird, stellt Baesch schon seit Langem fest. „Wenn ein Todesfall eintritt, ist meist gar nichts festgelegt“ meint sie. Zudem würde heute über die Hälfte aller Menschen im Krankenhaus sterben, der Tod würde so anonymisiert.

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Ohne die Vergangenheit verherrlichen zu wollen, stelle sie fest, dass der Tod vor einigen Jahrzehnten im täglichen Leben noch sehr viel präsenter war. Üblich war es, Totenwache zu halten, also den Toten drei Tage lang in einem kühlen, gelüfteten Raum des sogenannten Trauerhauses, also im Hause des Toten, aufzubahren. Verwandte, Freunde und Nachbarn hatten so die Möglichkeit, sich zu verabschieden. Oft versorgte man nebenbei die engsten Angehörigen mit Essen. Noch ein paar Jahre zuvor, schenkte man einem Menschen das Totenhemd oft schon zur Geburt. Es hing dann neben der Kleidung im Schrank, auch im Sinne von „Memento Mori“ (deutsch: „Gedenke des Todes“).

Bochumer Bestatterin bietet Angehörigen an, Verstorben selbst zu versorgen

Diese Traditionen möchte Baesch in ihrer Arbeit in einem zeitgemäßen Gewand wieder aufleben lassen. An- und Zugehörigen bietet sie an, mit ihr gemeinsam den Toten zu waschen, einzukleiden, einzusargen und aufzubahren. So soll der Tod im wahrsten Sinne des Wortes begreifbar gemacht werden. „Um zu verstehen, dass da kein Blut mehr fließt, um diesen Temperaturunterschied festzustellen, um zu erkennen, dass dieser Mensch wirklich tot ist, dazu baucht es gar nicht viele Worte“.

Während der Corona-Pandemie sind diese Formen des Abschieds besonders eingeschränkt. Verstirbt ein Mensch an oder mit Covid-19 so wird er direkt nach Eintritt des Todes in einen sogenannten „Bodybag“, einen stabilen Plastiksack, und anschließend in einen Sarg gelegt, der dann nicht mehr geöffnet werden darf. Trauerfeiern sind momentan nur unter strengen Auflagen möglich. Gerade im ersten Lockdown durften diese nur unter freiem Himmel und mit wenigen Gästen stattfinden. Kirchen und Trauerhallen blieben geschlossen. Baesch vermutet, dass auch der plötzliche Tod vieler Menschen während der Pandemie viele dazu bewogen hat, ihre eigene Bestattung bei ihr zu planen.

Jugendtrauergruppe und Sargbauworkshop

Sie befindet sich im dritten Jahr ihrer Selbstständigkeit, doch ihre Arbeit als Bestatterin ist nicht die einzige, in der sie den Tod ins Leben holt. In Essen leitet sie seit 2012 eine Trauergruppe für junge Erwachsene im Alter von 18 bis 35 Jahren. Menschen, die diese Gruppe besuchen, fühlen sich nach dem Verlust eines geliebten Menschen in ihrem Umfeld oft nicht mehr verstanden. In den monatlich stattfindenden Treffen können sie mit gleichaltrigen Betroffenen über ihre Trauer sprechen, aber auch basteln, Limo trinken und schweigen.

Einmal im Jahr leitet Baesch zudem in Zusammenarbeit mit dem Schreiner Thomas Westermeier einen eintägigen Sargbauworkshop, bei dem jeder Teilnehmende seinen eigenen Sarg bauen und gestalten kann. Bis zum Tod dient der dann häufig als Regal oder als hauseigener Altar. Baesch hat ihren eigenen Sarg schon gebaut. Er steht umfunktioniert als Sitzbank grün gepolstert in ihrem Büro.

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Info:

Der Sargbauworkshop findet voraussichtlich am 13. Februar 2021 statt. Es sind noch Plätze frei. Anmeldung bei Doris Brandt unter Tel. 0234/ 962 90 46 62. Weitere Informationen unter dazu gibt es hier. (Externer Link)

Wer mehr über Bestatterin Caren Baesch erfahren will, kann das unter diesem Link. (Externer Link)