Bochum. Die Bogestra streicht Freitickets für Rentner. So halten es andere Firmen und die Stadt Bochum mit Vergünstigungen für Mitarbeiter.

Bogestra-Ruheständler müssen von Februar an zehn Euro für ihre bislang kostenfreien Monatstickets bezahlen. Die Einnahmen von etwa 275.000 Euro sollen, so das Nahverkehrsunternehmen, dazu beitragen, Corona-bedingte Verluste auszugleichen.

In Teilen der Bogestra-Familie sorgt das für Empörung: "Viele von uns haben schon in der Vergangenheit erhebliche Lohn-Einbußen zur Sanierung der Firma geleistet", so ein früherer Mitarbeiter im Gespräch mit der WAZ. Nun die Mitarbeiter-Vorteile zu beschneiden, neben den Ruheständlern und deren Partnerinnen und Partner sind auch die Partner der aktuell Beschäftigten betroffen, grenze an "Abzocke".

Gesundheitsvorsorge und Azubi-Ticket

Wie halten es andere Unternehmen in Bochum mit Vorteile für ihre Belegschaft? Die WAZ hat sich umgehört.

Bei den Stadtwerken Bochum, die ebenfalls die Auswirkungen der Corona-Pandemie zu spüren bekommen, wie aus den Quartalsberichten des Unternehmens hervorgeht, gibt es nach Auskunft von Sprecher Kai Krischnak keine Pläne, bestehende Leistungen für die aktuelle Belegschaft oder für ehemalige Beschäftigte zu kürzen. Dazu gehören u.a. medizinische Vorsorgeleistungen und das kostenlose Azubi-Ticket.

Stadtwerke halten an Leistungen fest

"Die Leistungen des betrieblichen Gesundheitsmanagements für unsere aktiven Mitarbeite halten wir bewusst aufrecht", so Krischnak. "Die aktuelle Corona-Pandemie hat die Relevanz eines aktiven Gesundheitsmanagements noch einmal unterstrichen."

Auch bei den Senioren soll nicht gekürzt werden. Die 2020 Corona-bedingt ausgefallene Feiern für Ruheständler und Jubilare sollen möglichst in diesem Jahr nachgeholt werden.

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Unverändert bleiben auch die Sonderregelungen der Sparkasse Bochum. Sie übernimmt die Kosten für ein Monats-Ticket der Azubis und gewährt Mitarbeitern, die den öffentlichen Nahverkehr nutzen, einen Zuschuss. "Als Vergünstigung verzichtet das Unternehmen bei aktiven und ehemaligen Beschäftigten auf Kontoführungsgebühren", so Sprecherin Sabine Raupach-Strohmann. Das gelte aber nicht für Angehörige.

Sparkasse bietet Mitarbeitervorteile an

Zu den Mitarbeitervorteilen der Sparkasse gehören auch günstige Mahlzeiten im Betriebsrestaurant, das derzeit To-go-Essen anbiete, Gesundheitsaktionen mit der Betriebsärztin und Ansprechpartner bei Kooperationspartnern, die bei gesundheitlichen Problemen oder der Betreuung von Angehörigen benötigt werden.

In der Verwaltung der Stadt Bochum gibt es keine "klassischen Vergünstigungen", so Stadtspreher Thomas Sprenger. Aber mit zahlreichen Rahmenbedingungen, angefangen vom Gesundheitsmanagement bis zu vielen flexiblen Arbeitszeiten, versuche die Stadt ihren Beschäftigten gute Arbeitsbedingungen zu bieten. Mitarbeiter erhalten ermäßigte ÖPNV-Tickets, für Azubis sind die Tickets kostenfrei.

Auch in der Wirtschaft gibt es seit langem Sonderkonditionen für Beschäftigte. Gute Rahmenbedingungen am und um den Arbeitsplatz gelten längst als wichtige Faktoren auf dem immer enger werdenden Markt für Fachkräfte. 

Vonovia zahlt 1500 Euro Corona-Prämie

Die Vonovia, Deutschlands größtes Wohnungsunternehmen mit Sitz in Bochum, bietet ihrer Belegschaft nach eigener Auskunft eine betrieblicher Altersvorsorge und vermögenswirksamen Leistungen, ein Mitarbeiter-Aktienprogramm sowie Rabatten, unter anderem in bestimmten Fitnessstudios. Ende 2020 hat jeder Mitarbeiter eine Corona-Prämie in Höhe von 1500 Euro erhalten. Trotz der Pandemie "planen wir, die Vorteile weiter auszubauen, beispielsweise in Form eines Leasings für Fahrräder und E-Bikes", sagt Sprecher Marcel Kleifeld. Außerdem habe die Vonovia bereits alle Beschäftigten der jüngst übernommenen Firmen in das "Vorteileprogramm" des Unternehmens aufgenommen.

Arbeitsgericht: Freiticket gilt als Altersversorgung

In der Bogestra-Familie geht derweil die Debatte um die jüngste Maßnahme weiter. Während das Nahverkehrsunternehmen von "solidarischem Handeln der Belegschaft" spricht, machen Ruheständler ihrem Unmut Luft. Sie fragen, warum die Bogestra etwa -- anders als andere Nahverkehrsunternehmen -- den Ticketverkauf in Bussen erst dann wieder möglich machen will, wenn alle 270 Busse mit Sicherheitsgläsern am Fahrersitz ausgestattet sein ("Rheinbahn und  Vestische machen das sukzessive möglich"). So würden mögliche Einnahmen verschenkt.

Ein ehemaliger Beschäftigter verweist gar auf ein Gerichtsurteil. 330 Rentner der Vestischen Straßenbahnen GmbH hatten 2005 erfolgreich gegen die Streichung einer seit Jahrzehnten geltenden unbegrenzten Freifahrtberechtigung auch für ausgeschiedene Betriebsangehörige geklagt. Das Landesarbeitsgericht in Hamm habe damals entschieden, dass die Berechtigung zu Freifahrten der Pensionäre als zusätzliche betriebliche Altersversorgung wie das Kohledeputat geschützt sei.

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