Bochum. Greift bald auch in Bochum die 15-Kilometer-Beschränkung für Hotspots? Die Inzidenz könnte schnell steigen. Dann soll gehandelt werden. Aber wie?
Reichlich Fragen wirft in Bochum der jüngste Beschluss der Bundesregierung und der Ministerpräsidenten auf, den Bewegungsradius in Corona-Hotspots zu beschränken. Weder die Stadt noch die Polizei können derzeit absehen, wie die Regelung vor Ort umgesetzt werden soll. Man warte auf klare Anweisungen der Landesregierung.
Bürgerinnen und Bürger aus Städten und Landkreisen, in denen der Inzidenzwert (Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen) 200 übersteigt, sollen sich ab dem 11. Januar nur noch 15 Kilometer außerhalb ihres Wohnortes bewegen dürfen. Als Ausnahmen gelten berufliche Fahrten und Arztbesuche. So soll die Corona-Pandemie wirkungsvoller als bisher eingedämmt werden.
Corona in Bochum: Inzidenz aktuell weit unter 200
Bochum scheint von der kritischen Marke weit entfernt zu sein. Am Mittwochmorgen meldete das Robert-Koch-Institut einen Inzidenzwert von 108. Bei der Stadt waren es am Nachmittag 111,7. Doch zur Entwarnung besteht kein Anlass. Das Jahresende 2020 hat bedrückend gezeigt, wie rasant die Infektionszahlen nach oben schnellen können. Bei 108, exakt so wie jetzt, lag die Bochumer Neuerkrankungsrate am 28. November. Gut zwei Wochen später war die Schallmauer von 200 durchbrochen. Noch kurz vor Weihnachten wurde der bisherige Spitzenwert von 236,1 registriert.
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Die jüngsten RKI-Daten und -Prognosen lassen nach den testarmen Feiertagen, spätestens nächste Woche, trotz der begonnenen Impfkampagne einen deutlichen Anstieg der Neuinfektionen befürchten. Was also tun, wenn die 200 überschritten sind und die 15-Kilometer-Verodnung greift? Ratlosigkeit allerorten.
Polizei wartet auf Leitlinien für NRW
"Wir warten auf die Leitlinien des Innenministers", sagt Polizeisprecher Frank Lemanis. Sicher ist: Die Beamten müssen jederzeit die Corona-Zahlen im gesamten Landes- und Bundesgebiet im Blick haben. Denn ob sich Bochumerinnen und Bochumer im Ü-200-Fall über die 15-Kilometer-Regel hinwegsetzen, kann nicht von der Bochumer Polizei kontrolliert werden. Sie müsste überprüfen, ob auswärtige Besucher aus Corona-Hotspots verbotenerweise in der Stadt unterwegs sind.
Wie das gelingen soll? Kfz-Kennzeichen könnten Hinweise geben. Aber keine zuverlässigen. Die Fahrer könnten Berufspendler sein oder mit Firmenwagen unterwegs sein. Und: "Bei einem Umzug ist niemand mehr gezwungen, sein Kennzeichen zu ändern. Wer mit einem Düsseldorfer Kennzeichen angetroffen wird, könnte also schon viele Jahre in Bochum leben", gibt Frank Lemanis zu bedenken.
Keine Beschränkung inennrhalb des Stadtgebiets
Inoffiziell wird bei der Polizei deutlich: Das 15-Kilometer-Limit sei wohl eher als Abschreckung für Tagestouristen, etwa Richtung Sauerland, zu verstehen. Von "Symbolpolitik" ist die Rede. Denn nachhaltig kontrollieren und ahnden ließe sich die Beschränkung kaum. So gibt sich auch die Stadtverwaltung am Mittwoch wortkarg. "Wenn durch das Land neue Regelungen getroffen werden, werden wir diese natürlich - wie auch bisher immer - umsetzen. Wie dies dann aussehen wird, entscheidet der Krisenstab", so Sprecherin Charlotte Meitler.
Wichtig: Innerhalb des Stadtgebietes werden sich die Bürger jederzeit frei bewegen können. Zwar wird die 15-Kilometer-Distanz zwischen Osten und Westen ebenso wie zwischen Norden und Süden überschritten: Von Leithe bis Langendreer sind es 16,4, von Gerthe bis Stiepel 18,2 Kilometer (Quelle: Google Maps). Bezugspunkt ist aber nicht die eigene Wohnadresse, sondern die Stadtgrenze - was Ausflüge in die nähere Umgebung grenzwertig bis unmöglich machen würde.
Beamte steht nicht vor der Tür
Gleichfalls am 11. Januar treten weitere Kontaktbeschränkungen in Kraft. Dann sind - unabhängig vom Inzidenzwert - außerhalb des eigenen Hausstands nur noch Treffen mit einer einzelnen Person erlaubt. Dabei zählen nun auch Kinder unter 14 Jahre als "volle Person". Die Landesregierung hat aber bereits angekündigt, dass weiterhin keine Polizei an der Tür "zum Nachzählen" klingeln wird.
Wenig überraschend kommt die Verlängerung des Lockdowns für den Bochumer Einzelhandel. Dass die Geschäfte für weitere drei Wochen geschlossen bleiben, sei erwartet worden, werde das Dilemma vieler Händler aber weiter verschärfen, befürchtet Marc Mauer, Chef der Interessen- und Werbegemeinschaft IBO. Er zeigt sich "wütend", dass die zugesagten November- und Dezember-Hilfen des Bundes vielfach bis heute nicht ausgezahlt worden seien. "Wir gehen bisher weitgehend leer aus."
Handel warnt vor "strukturellen Schäden"
Die Folgen, glaubt Mauer, werden sich in der Innenstadt zwar nicht direkt nach einem Neustart zeigen. "Zunächst werden keine großen Änderungen sicht- und spürbar sein, weil sich sowohl Vermieter als auch Banken kulant zeigen werden, wenn Insolvenzen drohen oder schon laufen. Nachmieter werden ja schwer zu finden sein." Mittelfristig jedoch werde es "strukturelle Schäden" und höhere Leerstandsquoten geben.
Die Hoffnung: Eine Vielzahl von Online-Bestellern kehrt zum Einkaufen in die City zurück und hält dem lokalen Handel die Treue.
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