Bochum. Bochum erstmals seit 50 Jahren ohne Weihnachtsmarkt: Kann da noch Feststimmung in der Innenstadt aufkommen? Ein City-Bummel gibt Antworten.

Moise Costica hält die Stellung. Mit Maske, roter Zipfelmütze und strahlendem Lächeln erfreut der Straßenmusikant auf seinem Akkordeon die Passanten auf der Kortumstraße. „Wenigstens das ist noch erlaubt“, murmelt ein Rentner und wirft einen Silberling in den Hut. Weihnachtsstimmung in der Bochumer City? Nun ja, in diesen Zeiten ist man auch für Kleinigkeiten dankbar.

Monatelang haben sie bei der Bochum Marketing GmbH geplant, gewartet, gehofft, gezittert und wieder neu geplant. Alles vergebens. Erstmals seit 50 Jahren (2020 wäre ein Jubiläumsjahr gewesen) musste der Weihnachtsmarkt in der Innenstadt abgesagt werden.

Heller Schein in dunklen Zeiten: Die Lichter strahlen bei Einbruch der Dunkelheit wie gewohnt in der Bochumer Innenstadt. Was fehlt, ist der Weihnachtsmarkt.
Heller Schein in dunklen Zeiten: Die Lichter strahlen bei Einbruch der Dunkelheit wie gewohnt in der Bochumer Innenstadt. Was fehlt, ist der Weihnachtsmarkt. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

Weihnachten in Bochum: Die Lichter strahlen wie gewohnt

Der Rest vom Fest? In Beurteilungsschreiben wäre an dieser Stelle wohl die verräterische Floskel „stets bemüht“ zu lesen. Was ja in diesem Fall stimmt. Der gewohnt-opulente Lichterglanz , die illuminierten XXL-Elche, 1000 mit roten Schleifen geschmückte Tannenbäume, leerstehende Ladenlokale als Pop-Up-Weihnachtsbuden, Geschenkboxen zum Selberpacken, virtuelle Shopping-Angebote: In der Tat haben die Stadtwerber alles getan, um so viel Weihnachten wie möglich zu bewahren. Und doch: Ein Bummel durch die City fühlt sich in diesem Advent kälter an – was nicht nur am derzeit frostigen Wind liegt.

Vieles fehlt. Mitunter schmerzlich. Auf dem Dr.-Ruer-Platz blicken die Kinder diesmal vergeblich gen Sparkassendach, dorthin, wo sonst der fliegende Weihnachtsmann (alias Artist Falko Traber) auf seinem Rentierschlitten abhebt. Ohne die 200 Hütten wirken die Einkaufsstraßen und Plätze merkwürdig verwaist. Auf dem Husemannplatz trotzt eine einsame Leucht-Pyramide der Tristesse. Kein Kuhstall, keine Glühweingasse, kein Volkers Glühwein. „Man hat“, schmunzelte kürzlich ein Bekannter, „noch nicht mal die Chance, sich den ganzen Wahnsinn schön zu trinken“. Morgen, Kinder, wird’s nichts geben.

Günther Bonrath ist mit seinen Schaustellerkollegen froh, die Verkaufswagen im Advent auf dem Boulevard öffnen zu dürfen. Zunächst hatte die Stadt das verboten.
Günther Bonrath ist mit seinen Schaustellerkollegen froh, die Verkaufswagen im Advent auf dem Boulevard öffnen zu dürfen. Zunächst hatte die Stadt das verboten. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

Schausteller hoffen, bis Silvester bleiben zu dürfen

Auch nicht auf dem Boulevard. Alkoholausschank ist strikt verboten. Und doch sind die Bochumer Schausteller heilfroh, überhaupt ihre elf Verkaufswagen öffnen zu können. Anfangs hatte die Stadt den „Winterzauber to go“ (so heißt die Budengasse offiziell) verboten. Corona-Verordnung. Muss leider sein. Sie wissen ja. Die Corona-gebeutelten Händler ließen nicht locker – und hatten Erfolg. Vorerst bis zum 20. Dezember bringen sie mit Süßwaren und Kalorien-Klassikern zumindest einen Hauch von Weihnachtsmarkt in die Stadt. „Vielleicht dürfen wir sogar bis Silvester bleiben“, hofft Günther Bonrath, der gebrannte Mandeln und Lebkuchenherzen verkauft. Wie die Geschäfte laufen? „Geht so. Kein Vergleich zu früher. Aber besser als wie nix.“

Adventskalender im Internet

Der Bochumer „Weihnachtsmarkt light“ hält seit dem 1. Dezember auch einen Video-Adventskalender bereit.

In Zusammenarbeit mit lokalen Künstlern und Institutionen hat Bochum Marketing 24 Beiträge zusammengestellt. Täglich öffnet sich auf www.bochumer-weihnacht.de digital ein Türchen, hinter dem sich eine bunte Tüte mit Kunst, Musik und Schauspiel versteckt.

Ergänzt wird der Kalender mit Basteltipps, Geschenk- und Dekorationsideen.

Zurück Richtung Kortumstraße. Mittags füllt sich die Stadt, ohne den sonst üblichen vorweihnachtlichen Rummel zu erreichen. Die Einzelhändler geben ihr Bestes, haben ihre Schaufenster (Baltz!) festlich und liebevoll dekoriert, werben mit omnipräsenten Sonder-Super-Wahnsinns-Angeboten und eigenen Öffnungszeiten für Corona-Risikogruppen. Die Kunden bleiben gelassen. Und vorsichtig. Schlangen sind nur vor Bäckereien sichtbar. Die Masken-Quote beträgt beinahe 100 Prozent. Auch vor dem Rathaus, wo ein Dutzend Freunde und Angehörige ein Brautpaar beglückwünscht. „Just married“ steht auf knallroten Luftballons. Die Liebe, sie bleibt.

Hoffen auf den Weihnachtsmarkt 2021

Die Hoffnung auch. Sonntag ist Nikolaus. Der Weihnachtsmarkt würde jetzt in die zweite Halbzeit gehen. Bochum Marketing wirbt im Internet bereits für den Budenzauber 2021. Bitte vormerken: Er findet vom 18. November bis 23. Dezember statt. Bitte kein Zweifel! Bitte nicht jetzt!

Wäre schön, wenn Moise Costica mit Zipfelmütze und Quetschkommode wieder dabei wäre.

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