Bochum. Jugendliche haben in der Bochumer City behinderte Menschen angegriffen und verprügelt. Eine Mutter erlebte die Attacke am Telefon live mit.
Nach der brutalen Attacke auf eine Gruppe behinderter Menschen in der Bochumer Innenstadt wertet die Polizei derzeit Bilder aus, die Zeugen von den Täter gemacht haben. Mehrere Jugendliche hatten am Freitagabend sechs behinderte Menschen erst in der Straßenbahn 302, später auf dem Husemannplatz angegriffen und zwei von ihnen brutal verprügelt. Ob die Aufnahmen zur Tätersuche von der Polizei auch veröffentlicht werden, ist noch unklar. „Wir gucken erst einmal, ob wir die Leute vorher finden“, sagt Polizeisprecher Volker Schütte.
Die Opfer der Gewalt-Tat kennen sich von ihrer Arbeit bei einer Behindertenwerkstatt. Zu sechst waren sie an dem Freitag gegen 20 Uhr mit der Straßenbahn-Linie 302 unterwegs. In der Bahn – so heißt es von der Polizei – habe eine 26-Jährige aus der Gruppe ihren Mund-Nase-Schutz abgenommen, um etwas zu trinken. Daraufhin sei sie von einer Gruppe Jugendlicher beleidigt worden. Auf dem Husemannplatz in der Innenstadt seien beide Gruppen gegen 20.50 Uhr dann erneut aufeinander getroffen.
Angriff auf Behinderte in der Innenstadt: Mutter hörte Attacke am Telefon
Was dann passierte, erlebte die Mutter eines jungen Mannes aus der Gruppe live am Telefon. Die Eltern möchten erzählen, was ihren Kindern zugestoßen ist und wie schwer sie es gerade wegen ihrer Behinderung haben, mit dem Erlebten fertig zu werden. Erkannt werden wollen sie und ihre Kinder aber nicht. Zu groß ist die Angst vor Racheakten.
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„Ich hatte an dem Abend gerade meinen Sohn angerufen, um zu hören, wo er gerade ist“, sagt Silke S. (Name geändert). Ihr 20-Jähriger leidet an schwerer Epilepsie, die Mutter fragt regelmäßig nach, ob alles in Ordnung ist. „Mitten im Gespräch höre ich seine Freundin um Hilfe schreien.“
Auf dem Husemannplatz hatten die Jugendlichen da gerade die 26-jährige Freundin aus der Gruppe zu Boden getreten. Die junge Frau hat keinen Gleichgewichtssinn, das Laufen und Sprechen hat sie erst mühsam mit jahrelanger Therapie erlernt. Ein Schlag gegen den Kopf könnte all das zunichte machen.
Rippe geprellt – doch die eigentlichen Schäden sind viel schlimmer
Die 26-Jährige hat Glück. Zeugen alarmieren die Polizei, die Täter fliehen. Mehrere Rippenprellungen werden sie später im Krankenhaus diagnostizieren. Was nicht im Arztbericht steht: Die Jugendlichen spuckten die junge Frau an, traten ihr in die Nieren, da lag sie schon lange am Boden. Als ihr 20-jähriger Begleiter einschreitet, bekommt auch er einen Schlag ab. „Die Verletzungen werden heilen, aber die Seele ist kaputt“, sagt seine Mutter.
Es sei ein schwieriger Weg zu mehr Selbstständigkeit für die jungen Leute gewesen , der mit der Attacke in der Innenstadt brutal zunichte gemacht wurde. „Mein Sohn möchte nicht mehr mit dem Hund rausgehen.“ Und auch die Eltern haben Angst. „Können wir unsere Kinder nun noch alleine rauslassen?“
Polizei sucht weiter nach Zeugen für den Vorfall
Vor wenigen Tagen habe sie gemeinsam mit ihrem Sohn Einkäufe in der Innenstadt erledigt, als mehrere Jugendliche ihren Weg kreuzten. „Sofort hat mein Sohn seine Kapuze aufgezogen und sich versteckt. Das macht mir große Sorgen“, sagt die 55-Jährige. Die beiden jungen Erwachsenen zeigen sich dagegen betont gelassen. „Fassade“, sagen die Eltern.
„Ich wünsche mir, dass die Täter schnell gefunden werden“, sagt die 26-Jährige schüchtern. Die Polizei bittet weiter Passanten, die etwas beobachtet haben, sich zu melden. Hinweise: Tel. 0234/ 909 8105 (außerhalb der Geschäftszeiten unter -4441).
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