Bochum. Die Kundgebung der Corona-„Querdenker“ in Bochum hatte weniger Teilnehmer als erwartet. Es gab Ärger um mehrere fragwürdige Masken-Atteste.
Mit Spannung und Sorge blickte Bochum am Samstag auf die bislang größte Demonstration der umstrittenen „Querdenker“-Bewegung in der Stadt. Befürchtungen vor Übergriffen und Ausschreitungen bestätigten sich nicht: Die Kundgebung verlief weitgehend friedlich und diszipliniert, auch wenn zahlreiche Demonstranten keine Maske trugen.
Statt der angemeldeten 1500 Teilnehmer waren es nach Polizeiangaben rund 500 Gegner der staatlichen Corona-Maßnahmen, die den Kirmesplatz an der Castroper Straße ab dem Mittag spärlich füllten. „Stoppt den menschenverachtenden Wahnsinn!“ und „Wir stehen für Frieden und Freiheit“ hieß es auf ihren Plakaten.
Mehr als 300 Gegendemonstranten
Mehr als 300 Gegendemonstranten postierten sich 150 Meter entfernt am Gersteinring. Der DGB, die Grünen und weitere Verbände und Gruppen hatten zu dem Protest aufgerufen. „Kritik an Maßnahmen? Ja!!! Mit Nazis und AfD? Nein!!!“, stand auf einem ihrer zahlreichen Transparente. Schwarz gekleidete Mitglieder der Antifa rückten näher an die Bühne heran und skandierten: „Nazis raus!“ Es blieb bei verbalen Attacken.
Die Bochumer Gruppe „Querdenken 234“ hatte bis zuletzt gerichtlich versucht, einen Demonstrationszug durch die Innenstadt genehmigen zu lassen. Den hatte die Stadt verboten. Sie sah den Infektionsschutz nicht gewährleistet. Das Verwaltungsgericht bestätigte die Entscheidung. Deshalb musste es bei einer „stationären Kundgebung“ bleiben.
Polizei ermittelt wegen Masken-Attesten
Die Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort. An den Einlässen zum Kirmesplatz wurde die Einhaltung der Maskenpflicht kontrolliert. Dabei kam es noch vor Beginn zu einem Zwischenfall. Eine „Querdenkerin“ wollte ohne Mund-Nase-Bedeckung auf den Platz. Die Polizei untersagte ihr den Zutritt. Dagegen wehrte sich die Frau derart vehement, dass sie abgeführt wurde.
Dabei blieb es nicht. Die Polizei meldet in einer ersten Bilanz 80 Platzverweise gegen Personen,, die keine oder keine geeignete Mund-Nase-Bedeckung trugen oder „versuchten, sich mittels unrichtiger Atteste von der Maskenpflicht befreien wollten“. 22 Strafanzeigen wurden erstattet.
Beschuldigter Arzt war einer der Redner
Nach WAZ-Information sollen die Atteste u.a. von Dr. Andreas Triebel stammen, der bei der Kundgebung offiziell als Redner auftrat. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Bochumer Hausarzt. Er steht im Verdacht, ohne medizinische Notwendigkeit pauschale Atteste zur Befreiung der Corona-Maskenpflicht ausgestellt zu haben. Unter dem brausenden Beifall der Demonstranten prangerte Triebel an, dass im Zuge der Pandemie und deren „sogenannten Neuinfektionen“ immer mehr lebenswichtige OPs in den Kliniken verschoben und immer mehr Suizide begangen würden. Drei Kinder seien aufgrund der Maskenpflicht gestorben. „Und es werden mehr werden.“
Gleichfalls gefeiert wurde der Stuttgarter IT-Unternehmer Michael Ballweg, der als Gründer der „Querdenker“-Bewegung gilt. „Achtung, Achtung, das Freiheitsvirus hat Bochum erreicht!“, rief er den Demonstranten in seiner Rede zu und betonte den „friedlichen“ und „demokratischen“ Charakter des Protestes, bei dem Rechtsradikale keinen Platz hätten.
Nur eine rechte Gruppe erkennbar
Die „Querdenken 234“-Gruppe hatte zwei Tage vor der Kundgebung auf Facebook die Bochumer Polizei um Unterstützung gebeten. Die Beamten wurden aufgerufen, „die mögliche Anwesenheit stadtbekannter Vertreter der rechten Szene und/oder rechter Symbolik zu unterbinden und dieses Klientel von unserer Veranstaltung auszuschließen“.
Das war am Samstag nicht erforderlich. Bis auf ein halbes Dutzend Männer und Frauen mit Jacken der „Bruderschaft Deutschland“ waren keine Vertreter der rechten Szene auf dem Kirmesplatz erkennbar.
Polizei lobt Teilnehmer
Am Abend zog die Polizei ein Fazit. Danach wurden zusätzlich zu den Verstößen gegen die Maskenpflicht sieben Strafanzeigen wegen Sachbeschädigungen und Widerständen geschrieben. Drei Personen wurden in Gewahrsam genommen.
Einsatzleiter Jörg Dermund, lobt gleichwohl nicht nur das Verhalten der Versammlungsteilnehmer, sondern insbesondere die gute Zusammenarbeit mit der Stadt.
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