Bochum. Ein Bericht offenbart: Das Bistum hat Fehler im Umgang mit einem in Bochum eingesetzten Sexualtäter gemacht. Bischof Overbeck entschuldigt sich.

Schwere Fehler im Umgang mit einem zweimal wegen sexuellen Kindesmissbrauchs strafrechtlich verurteilten Priester hat das Bistum Essen eingeräumt. „Für die Verkettung von Fehlleistungen, die Versäumnisse und Missstände, die jetzt offenbar geworden sind, entschuldige ich mich ausdrücklich und persönlich“, heißt es in einer Erklärung von Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck. Vor einem Jahr hatte der Gemeinderat der katholischen St.-Joseph-Gemeinde in Bochum-Wattenscheid dem Bistum Vertuschung im Zusammenhang mit dem Einsatz des Priesters vorgeworfen.

Der pensionierte, heute 87-jährige Ruhestandsgeistliche A. war 2002 nach Wattenscheid gekommen und hatte bis 2015 in der Gemeinde priesterliche Dienste übernommen. Gerüchte über seine Vergangenheit und auch Hinweise an das Bistum hatte es schon damals gegeben. Aber erst als ein Betroffener im Mai 2019 im Bistum Münster auf die Vorgeschichte von Pastor A. aufmerksam gemacht hatte, begann die Aufklärung durch eine vom Erzbistum Köln beauftragte Anwaltskanzlei.

Versäumnis des Bischofs

Eines der Ergebnisse: Die Personalverantwortlichen kannten die Vorgeschichte des Priesters „zumindest in Teilen“, so Ruhrbischof Overbeck. Aber: Eine „aus heutiger Sicht angemessene differenzierte und professionelle Abwägung möglicher Gefährdungen und Risiken“ habe nicht stattgefunden, auch nicht als spätestens im Spätsommer 2002 die gesamte Personalkonferenz des Bistums Essen über den Fall A. Bescheid gewusst habe. Overbeck nennt den Bericht „beschämend“. Man hätte A. auch noch 2010 nach seinem Amtsantritt als Bischof abziehen müssen. „Das war mein Versäumnis.“

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Ein Eingeständnis, das aus Sicht von Klaus Reiermann, dem Pastor der Joseph-Gemeinde, richtig und wichtig ist. Er glaube, die Erklärung des Bischofs werde dazu beitragen, Wunden in der Gemeinde zu heilen. Die Enttäuschung über Pastor A. und das Verhalten des Bistums sei groß gewesen. Am Sonntag werde der Abschlussbericht in der Messe vorgelesen. „Dann müssen wir sehen, ob es in der Gemeinde noch den Bedarf gibt, weiter über das Thema zu sprechen.“

Offener Brief des Gemeinderats

Alle Fragen sind womöglich noch nicht geklärt. „Aus heutiger Sicht unverständlich“ bleibe, so heißt es in dem Bericht, weshalb Anfang 2010, als alle Akten zu den damals bekannten Missbrauchsfällen im Bistum Essen durchgesehen wurden, „kein Handlungsbedarf gesehen wurde“. Dass man A. auch dann nicht die Wahrnehmung priesterlicher Dienste untersagt habe, „war auch mein persönliches Versäumnis“, räumt Franz-Josef Overbeck ein. „Als Bischof hätte ich den dringenden Handlungsbedarf erkennen und entsprechend handeln müssen.“

Der Gemeinderat der Wattenscheider Joseph-Gemeinde hatte am 17. November 2019 in der Sonntagsmesse eine Erklärung verlesen, in der es u. a. heißt: „Das Ausmaß der Vertuschung und der Umgang mit den Missbrauchsfällen machen uns fassungslos!“ Denn: Im Jahr 2002 hatte das Bistum Stillschweigen eingefordert, was u. a. dazu führte, dass eine Frau nicht nur das damalige Joseph-Pastoralteam verließ, sondern auch aus der Kirche austrat.

Zwei Wochen nach der Messe im November 2019, bei der der Gemeinderat die Aufklärung des Falls verlangt hatte, war der Bischof nach Wattenscheid gekommen und hatte gesagt: „2002 hat das Bistum eine Entscheidung getroffen – und die war falsch. Ein mehrfach verurteilter Missbrauchstäter darf nicht mehr in der Seelsorge tätig werden.“

Aufklärung geht noch weiter

Heute verspricht Franz-Josef Overbeck, die Aufklärung von Missbrauchsfällen im Bistum Essen weiter voran zu treiben. Auch das Bistum hat dazu eine „unabhängige und ergebnisoffene Untersuchung“ verschiedener Missbrauchsfälle durch das Institut für Praxisforschung und Projektbegleitung (IPP) in München in Auftrag gegeben. Ziel dieser Untersuchung sei es, „genauer zu verstehen, welche Strukturen die Missbrauchsfälle in unserem Bistum begünstigt haben, und weshalb Täter so vorgehen konnten, wie sie vorgegangen sind“. Auch der Fall von Priester A. werde Thema der Studie sein.

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