Bochum. 2000 Beschäftigte im öffentlichen Dienst in Bochum sind seit dem Morgen im Warnstreik. Der Nahverkehr und Müllabfuhr sind weitgehend lahmgelegt.

Der erneute Warnstreik im öffentlichen Dienst legt seit dem Morgen weite Teile des öffentlichen Lebens in Bochum lahm. Busse und Bahnen bleiben seit der Nacht in den Depots. Mülltonnen werden nicht geleert. Das stößt bei Bürgern auf Zustimmung, aber auch Kritik.

Um Druck auf die am Donnerstag (22.) geplante Fortsetzung der Tarifverhandlungen aufzubauen, haben die Gewerkschaften Verdi und Komba sowie die Nahverkehrsgewerkschaft (NahVG) sämtliche Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in Bochum am Dienstag zum Warnstreik aufgerufen. Rund 2000 Mitarbeiter beteiligen sich laut Verdi am Arbeitskampf. „Wir erwarten ein echtes Angebot“, sagt Verdi-Bezirksleiter Bernd Dreisbusch. Die Gewerkschaften fordern 4,8 Prozent mehr Geld, mindestens aber 150 Euro. Die öffentlichen Arbeitgeber bieten 3,5 Prozent bei einer Laufzeit von 36 Monaten. Als „dreist, respektlos und geradezu provozierend“ weist Verdi das zurück.

„Jetzt seid ihr dran!“ Mitarbeiter der Stadtverwaltung gingen am Dienstag auf die Straße.
„Jetzt seid ihr dran!“ Mitarbeiter der Stadtverwaltung gingen am Dienstag auf die Straße. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

Warnstreik in Bochum: Busse und Bahnen stehen seit dem Morgen still

Zum dritten Mal binnen weniger Tage ist die Bogestra von der Tarifauseinandersetzung betroffen. Seit 3 Uhr stehen alle Räder still. Das hat inzwischen wohl auch der letzte Fahrgast mitbekommen: Die Haltestellen sind am Dienstag anders als bei den bisherigen Streiks komplett verwaist. „Richtig so!“, meint Herbert Kaschniak (67) am Morgen auf dem Weg zum Hauptbahnhof (wo der Zugverkehr planmäßig rollt): „Ich bin alter Gewerkschafter. Wenn man was erreichen will, muss man auf die Straße gehen. Sonst passiert nichts.“

Auch die Bogestra-Kundencenter bleiben am Dienstag geschlossen. Der Nahverkehr soll ab Mittwoch wieder planmäßig rollen. Informationen gibt es unter der Servicenummer 01806/50 40 30.

Kundgebung vor dem Rathaus

Rund 50 Beschäftigte der Stadtverwaltung nahmen ab 9 Uhr vor dem Rathaus an einer – überschaubaren – Demonstration teil, bevor sich eine Abordnung auf den Weg zu einer zentralen Kundgebung in Essen machte. Nach den Demonstrationszügen in der vergangenen Woche zum Bergbaumuseum habe man sich wegen der steigenden Corona-Zahlen diesmal bewusst auf eine kleinere Aktion beschränkt, berichtet Verdi-Sekretärin Pamela Strutz. „Dennoch wollen wir mit unserm Anliegen heute in der Innenstadt sichtbar sein.“

SPD-Abgeordnete geben Rückendeckung

Rückendeckung erhalten die Beschäftigten im öffentlichen Dienst von den SPD-Bundestagsabgeordneten im Ruhrgebiet.

„Gerade in der Corona-Pandemie haben die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Verwaltungen, in den Krankenhäusern, in Kindertageseinrichtungen bewiesen, wie funktionstüchtig unsere Städte und Gemeinden sind“, schreiben sie in einem offenen Brief an die kommunalen Arbeitgeberverbände.

Diese Wertschätzung müsse sich in den Tarifvereinbarungen spiegeln. Gefragt sei „ein tragbarer Kompromiss, ohne dass der Alltag (...) durch lange Streiks zusätzlich belastet wird“.

Verdi geht von rund 800 Mitarbeitern aus, die in der Bochumer Verwaltung die Arbeit niedergelegt haben. Die Stadt hatte im Vorfeld angekündigt, dass die Angebote der Offenen Ganztagsschulen nicht stattfinden können. Die Turnhallen und die Zentralbücherei mit ihren sechs Zweigstellen bleiben geschlossen.

Sparkassen-Filialen geschlossen

Mit Einschränkungen müssen auch die Kunden der Sparkasse Bochum rechnen. Verdi-Gewerkschaftssekretär Björn Wißuwa berichtet von einer „Rekordbeteiligung von Sparkassen-Beschäftigten am Warnstreik“. Zwar bleibt die Hauptstelle auf dem Dr.-Ruer-Platz geöffnet. 21 der 45 Geschäftsstellen sind seit dem Morgen aber für den Kundenverkehr geschlossen, erklärt Sparkassen-Sprecherin Sabine Raupach-Strohmann. Die Selbstbedienungsbereiche mit den Geldautomaten sowie das Online-Banking stehen weiterhin zur Verfügung.

Dicht bleiben am Dienstag auch die USB-Wertstoffhöfe im Stadtgebiet. Das sorgte am Morgen in Kornharpen für Ärger. „Streiken mitten in Corona-Zeiten – das geht gar nicht, erst recht nicht so oft hintereinander. Die sollen sich endlich einigen!“, fluchte ein Autofahrer, der vergeblich mit seinem Wagen voller Müll zur Deponie gefahren war.

Der Umweltbetrieb meldete am Dienstag zudem erhebliche Einschränkungen bei der Leerung der Restmüll-, Papier- und Biotonnen. Rund die Hälfte der Touren fiel aus. Sie sollen bis Ende der Woche nachgeholt werden, „sodass wir in der nächsten Woche wieder im Regelbetrieb sind“, so USB-Sprecher Jörn Denhard. Auch die Straßen- und Gehwegreinigung fällt aus. Die USB-Servicenummer für alle Fragen: 0800/3336288