Bochum. 13.200 Euro haben Bochumer für die Flüchtlinge auf Lesbos gespendet. Die Initiatoren waren jetzt vor Ort. Ihre Eindrücke sind verheerend.

„Es wird ekelig, wenn man beginnt, Moria zu idealisieren“, sagen Judith Büthe und Jens Feddersen. Mit bösen Vorahnungen sind die Bochumer in diesen Tagen nach Lesbos gereist. Das, was sie vor Ort sahen und erlebten, habe alle Befürchtungen übertroffen, sagen sie nach ihrer Rückkehr und müssen in der Tat konstatieren: „Moria war ein Traum gegen das neue Lager.“

Nachdem sie 2018 und 2019 Schlafsäcke, Schulmaterialien und Hygieneartikel gesammelt und ins Flüchtlingslager Moria transportiert hatten, starteten Judith Büthe und Jens Feddersen nach dem verheerenden Brand im September eine weitere Hilfsaktion für die Flüchtlinge. Erstmals wurde nicht zu Sach-, sondern zu Geldspenden aufgerufen. Die gingen reichlich ein. 13.200 Euro wies das Spendenkonto auf, als Büthe und Feddersen vor zwei Wochen erneut auf die griechische Insel flogen (selbstverständlich privat finanziert).

Bochumer auf Lesbos: „Zustände sind menschenunwürdig“

Im WAZ-Gespräch schildern sie in bewegenden Worten und mit aufrüttelnden Fotos und Videos ihre Eindrücke. Die sind verheerend. Im neuen Lager unweit des abgebrannten Camps, das die griechischen Behörden in aller Schnelle errichteten, herrschten menschenunwürdige Zustände. „Das Lager steht auf einem ehemaligen Truppenübungsplatz des griechischen Militärs. Der Boden ist bleivergiftet. Weil die Zelte keine Böden haben, kommen die Menschen direkt mit dem kontaminierten Erdreich in Berührung.“

Die Verpflegung für die mehr als 10.000 Flüchtlinge, überwiegend Familien, sei völlig unzureichend. „Einmal am Tag gibt es eine zentrale Essensausgabe, von 13 bis 13.30 Uhr. Morgens und abends gibt’s für 15 Minuten Wasser. Wer in dem Gedränge nichts kriegt, geht leer aus“, berichtet Jens Feddersen. Mitunter hausen 180 Männer in einem Großzelt. Als Waschstelle diene das salzige Meerwasser. Eine medizinische Versorgung gebe es quasi nicht, obwohl mehrere nichtstaatliche Organisationen (NGO) ihre Hilfe anböten. Ein Großaufgebot an Polizei und Militär überwache das Lager. „Das ist ein Gefängnis“, sagt Judith Büthe. „Kein Wunder, dass Tausende Flüchtlinge umherirren, sich versteckt halten und alles wollen – nur nicht in dieses Lager.“

Judith Büthe und Jens Feddersen setzen nach ihrer Rückkehr die Spendenaktion für die Flüchtlinge auf Lesbos fort.
Judith Büthe und Jens Feddersen setzen nach ihrer Rückkehr die Spendenaktion für die Flüchtlinge auf Lesbos fort. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Hilfe ist weiter erforderlich

„Ich habe früher gedacht, die griechischen Behörden seien inkompetent“, sagt Jens Feddersen. Jetzt, nach dem Brand in Moria, sei ihm klar geworden: „Die sind sehr effizient. Denn das, was dort passiert, ist die reinste Abschreckungspolitik“ Die Flüchtlinge würden dabei gnadenlos instrumentalisiert.

Spenden sind weiterhin möglich

Alle Infos zu der Bochumer Spendenaktion gibt es auf www.betterplace.me/bag4good-nothilfe.

Spenden sind per Sofortüberweisung, Paypal und Kreditkarte möglich.

Weitere Hilfe sei dennoch dringend erforderlich – gerade in den nächsten Wochen und Monaten, in denen der Herbst und Winter Einzug halten. Die Bochumer Spendengelder leisteten dabei gute Dienste, berichten die beiden Aktivisten. Sie kommen dem Verein „Sini Parxic“ zu, der Lebensmittel für die Flüchtlinge anschafft. Mehl, Milch, Babynahrung, Brot, Konserven und vieles mehr werden in Säcke gepackt und ins Lager transportiert. „Das ist zwar offiziell nicht erlaubt, kommt nach unserer eigenen Beobachtung aber bei den notleidenden Menschen an. Deshalb sind wir sicher, dass das Geld hier am besten aufgehoben ist.“

Flüchtlinge zeigen sich dankbar

Von Herzen dankbar seien die Flüchtlinge für die Unterstützung, haben Judith Büthe und Jens Feddersen erlebt. Deshalb wird die Spendenkampagne fortgesetzt. Dabei stehe außer Zweifel: „Dieses Lager darf so nicht weiter existieren! Jeder von uns muss dafür seine Stimme erheben.“ Die Botschaft der Bochumer: Vergesst die Menschen von Moria nicht!