Bochum. Auf der Huestraße in Bochum lassen sich ungewöhnliche Begegnungen machen. Verfemte Sportler der NS-Zeit kehren in einer Ausstellung zurück.
Eine Fechterin steht en garde mit dem Florett, ein Boxer geht lauernd in Kampfstellung, ein Eishockey-Spieler posiert mit dem Schläger: Auf der Huestraße in Bochum lassen sich zurzeit ungewöhnliche Begegnungen machen.
Allerdings sind die Sportler nicht leibhaftig vertreten, vielmehr treten sie den Passanten als (fast) lebensgroße Fotografien entgegen - durch die ausgeschnitten Formate ergibt sich trotz der Schwarz-Weiß-Anmutung der Bilder ein lebendiger, unmittelbarer Eindruck der Begegnung.
Zwischen Bahnhof und Dr.-Ruer-Platz
„Zwischen Erfolg und Verfolgung – Jüdische Stars im deutschen Sport bis 1933 und danach“ lautet der Titel der skulpturalen Präsentation, die 17 historische Sportlerinnen und Sportler in den Mittelpunkt rückt. Sie wurden, nur weil sie Juden waren, während der NS-Zeit aus ihren Sportvereinen ausgeschlossen, Titel wurden aberkannt.
Die Outdoor-Schau erstreckt sich über die Huestraße vom Hauptbahnhof bis zum Dr.-Ruer-Platz und läuft bis zum 9. November. In Trägerschaft des Zentrums deutsche Sportgeschichte e.V. werden damit die Verdienste jüdischer Athleten für die Entwicklung des Sports in Deutschland gewürdigt.
Abgebildet sind Persönlichkeiten, die als Nationalspieler, Welt- und Europameister, Olympiasieger und Rekordhalter zu gefeierten Idolen ihrer Zeit zählten. Bis sie in den 1930er und 1940er Jahren aufgrund ihres jüdischen Glaubens aus der „Volksgemeinschaft“ ausgestoßen wurden: Titel wurden ihnen genommen, Verhaftungen vollzogen.
Verfemt vom NS-Regime
Dem deutschen Fußballpionier Walther Bensemann, Mitbegründer des DFB, blieb wie vielen anderen nur die Flucht aus Deutschland.
Nicht wenige Sportlerinnen und Sportler, wie der Fußballer Julius Hirsch oder die zehnfache Deutsche Leichtathletik-Meisterin Lilli Henoch wurden deportiert und ermordet. Ralph Klein entkam knapp der Deportation nach Auschwitz. Nach dem Krieg war er israelischer, später deutscher Basketball-Nationaltrainer.
Ausblick auf die Gegenwart
Die Fototafeln zeigen nicht nur Abbildungen der verfemten Sportler, sondern informieren auch über die Biografien der Abgebildeten. Die Fechtolympiasiegerin Helene Mayer, der Schachweltmeisters Emanuel Lasker, der Meisterboxer Erich Seelig und der Eishockeyspieler Rudi Ball sind einige Namen, die für viele stehen.
Mit lokalem Bochumer Bezug
Mit der Schwimmerin Sarah Poewe wird ein Ausblick gewagt und eine wichtige Verbindung zur Gegenwart hergestellt: Als erste jüdische Athletin nach dem Zweiten Weltkrieges gewann sie 2004 in Athen eine olympische Medaille für Deutschland.
Lokalkolorit fehlt ebenfalls nicht: Eigens für die Präsentation in der Huestraße hat das Fanprojekt Bochum eine weitere, 18. Figur der bundesweit präsentierten Schau zugestellt. Sie informiert über den Bochumer Kicker Erich Gottschalk. Initiiert, konzipiert und finanziert wird die Wanderausstellung durch die DFB-Kulturstiftung und die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien.
„Zwischen Erfolg und Verfolgung“ wurde 2015 anlässlich der European Maccabi Games in Berlin - eine ähnlich den Olympischen Spielen konzipierte internationale jüdische Sportveranstaltung - erstmals gezeigt.
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