Grumme. VBW informiert die Mieter über die Zukunft ihrer Wohnhäuser in Bochum-Grumme. Wie viele Häuser in der Vogelsiedlung wirklich abgerissen werden.

Nach Wochen zwischen Bangen und Hoffen erfuhren die Mieter der Bochumer Vogelsiedlung am Mittwoch, ob ihre Wohnungen abgerissen werden oder ob sie bleiben dürfen. Ergebnis: Der Großteil der Wohnungen hat Bestand und wird saniert, ein Viertel aber wird abgerissen.

Die VBW Bauen und Wohnen GmbH hat zur Informationsveranstaltung ins Gasthaus Goeke eingeladen. Für Presse, Parteienvertreter und sogar für den Mieterverein aber gilt: Wir müssen draußen bleiben. Es handele sich um eine geschlossene Versammlung, so VBW-Sprecher Dominik Neugebauer, und verweist die WAZ des Saales.

Schock für die Bochumer Mieter der Heckertstraße

Das Wohnungsbauunternehmen hat Gutachten zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht. Die Häuser am Lerchenweg 16 bis 22 sowie am Amselweg 10 bis 16 werden energetisch modernisiert; die Sanierung betrifft nur Fassaden und Dächer, so dass die Mieter währenddessen wohnen bleiben können.

Seit Wochen kämpfen die Mieter der Vogelsiedlung in Bochum-Grumme um den Erhalt ihrer Wohnungen.
Seit Wochen kämpfen die Mieter der Vogelsiedlung in Bochum-Grumme um den Erhalt ihrer Wohnungen. © SL

Schock hingegen für die anwesenden Bewohner der Häuser Heckertstraße 92, 92a, 94 und 94a: Sie erfahren bei der Versammlung, dass der Abriss ihrer Bleiben schon Mitte nächsten Jahres vorgesehen ist. Stattdessen sollen zwei Neubauten mit barrierefreien Wohnungen entstehen.

Viele sind den Tränen nah

Die Reaktionen sind mehr als emotional. Helga Schwarzenberg wohnt mit ihrem Mann seit 25 Jahren an der Heckertstraße. Sie kann auf dem Nachhauseweg nach der Versammlung ihre Tränen anschließend nicht zurückhalten. „Ich stehe hier mit meiner Nachbarin, die seit 60 Jahren hier wohnt. Ich kann gar nicht glauben, was die mit uns machen.“

Ringsum werde alles renoviert, die Mieter können in ihren Wohnungen bleiben; deshalb findet die Grummerin den Abriss ihrer Häuser so unfassbar. In zwei Wochen wolle die VBW mit den Bewohnern der Heckertstraße über deren Zukunft reden. Für Helga Schwarzenberg steht fest: „So schnell gehe ich nicht hier raus.“

Unternehmen will Leerstände nutzen

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Das Wohnungsunternehmen will den vom Abriss Betroffenen neuen Wohnraum anbieten. Dominik Neugebauer: „Es geht um 16 Wohneinheiten mit zwölf Personen, der Rest steht bereits leer. Wir wollen diesen Kunden Wohnungen in der Vogelsiedlung anbieten, sechs stehen leer. Für die restlichen Bewohner suchen wir Lösungen, damit sie in Grumme bleiben können. Dort haben wir insgesamt 1800 Wohnungen. Und: Wir bezahlen den Umzug.“

Die zeitlichen Pläne der VBW sind ehrgeizig: Der Neubau der zwei Häuser Heckertstraße ist für September 2021 vorgesehen, Mitte nächsten Jahres soll parallel die Modernisierung an Lerchen- und Amselweg beginnen. Neugebauer räumt ein: „Wir haben lange nichts gemacht, um die Häuser instandzuhalten.“

Mieterverein ist skeptisch

Aichard Hoffmann vom Mieterverein zeigt sich eher skeptisch: „Als städtische Gesellschaft kann die VBW keine Kündigungen aussprechen. Binnen eines halben Jahres halte ich die Umsetzung nicht für möglich.“

Mit den zwei neuen Häusern will das Unternehmen vor allem den Innenhof zwischen den drei Straßen besser nutzen. Die Neubauten ragen dann nicht mehr wie jetzt in die Grünfläche hinein, sondern werden parallel zur Straße gebaut, was den Hof vergrößern würde. Neugebauer sieht dadurch gute Chancen für den Erhalt des üppigen Baumbestands.

Unternehmen investiert 2,8 Millionen Euro

Die VBW Bauen und Wohnen begründet den Abriss und Neubau mit der Notwendigkeit, dass mehr barrierefreie Wohnungen für die zunehmend älteren Mieter nötig seien.

In die energetische Modernisierung investiert das Unternehmenrund 2,85 Millionen Euro. Auf der Versammlung gibt es viele Mieter, die fürchten, die Kosten anschließend nicht mehr bezahlen zu können.

Den Gesichtern der Anwesenden jedenfalls ist an diesem Abend abzulesen, ob sie bleiben oder ausziehen müssen. „Mir fehlen die Worte. Ich bin die ganze Zeit vom Schlimmsten ausgegangen. Dabei wohnen wir sei 18 Jahren an der Heckertstraße“, erklärt Alexandra Heinemann.

Nermin Hassan ist mit ihrem Vater Maoran gekommen; beide stammen aus Syrien, der Vater kann noch gar nicht so gut Deutsch. Die Tochter sagt: „Wir sind schockiert; wir hatten wirklich gehofft, bleiben zu können.“

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Ramona Mayer ist von dem Wohnungsunternehmen mehr als enttäuscht. Sie wohnt seit zehn Jahren an der Heckertstraße. „Ich ziehe ohnehin im nächsten Jahr aus. Für mich gilt: Nie wieder VBW. Wir haben einen defekten Balkon, Schimmel im Kinderzimmer, der nur überstrichen wird, und eine kaputte Gegensprechanlage.“ Sie kam zur Versammlung, um ihre Nachbarn zu unterstützen, Präsenz zu zeigen.

Lerchen- und Amselweg werden umfangreich modernisiert

Erleichterung hingegen bei denen, die in ihren Wohnungen bleiben können. Dort werden die Dächer mit Wärmedämmung ausgestattet, die Fassaden gedämmt, Türen und Balkone erneuert. Treppenhäuser sollen saniert; einige sollen Mietergärten erhalten. Von deren Seite gibt auch Lob für das Engagement der VBW.

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