Bochum. Die Pflegekräfte in Bochum sollen bis zu 1000 Euro Coronaprämie erhalten. Jedoch nicht alle. Das birgt Zündstoff. Eine Klinik geht wohl leer aus.

Die Corona-Prämie für Pflegekräfte birgt sozialen Zündstoff in den Bochumer Krankenhäusern. „Es wird äußerst schwierig, die zur Verfügung stehenden Gelder gerecht zu verteilen. Das wird in der Belegschaft viele Fragen aufwerfen, die wir kaum beantworten können“, sagt Ralf Dietz, Vorsitzender der Mitarbeitervertretung des Katholischen Klinikums, im WAZ-Gespräch.

Als Anerkennung für die außerordentlichen Belastungen in Corona-Zeiten stellen die gesetzlichen und privaten Kassen 100 Millionen Euro für Krankenhäuser bereit. Bestimmt ist die steuerfreie Zuzahlung für Schwestern und Pfleger, die seit Ausbruch der Pandemie unmittelbar mit der Versorgung von Covid-19-Patienten beschäftigt sind. Bis zu 1000 Euro pro Mitarbeiter sind vorgesehen. „Grundlegend sollen Pflegekräfte im Sinne der ,Pflege am Bett’ begünstigt werden“, heißt es bei der Deutschen Krankenhaus-Gesellschaft (DKG).

Auch im Bergmannsheil (hier ein Archivbild von der Intensivstation) werden regelmäßig Covid-19-Erkrankte behandelt, derzeit einer. Dennoch geht die Klinik davon aus, bei der Zuteilung der Corona-Prämien nicht bedacht zu werden.
Auch im Bergmannsheil (hier ein Archivbild von der Intensivstation) werden regelmäßig Covid-19-Erkrankte behandelt, derzeit einer. Dennoch geht die Klinik davon aus, bei der Zuteilung der Corona-Prämien nicht bedacht zu werden. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

Corona in Bochum: Mitarbeitervertretung befürchtet Neid-Debatte

„Aber was heißt ,unmittelbar’?“, fragt Ralf Dietz, der im Katholischen Klinikum die Interessen von mehr als 5100 Mitarbeitern vertritt. „Beginnt das schon bei der Aufnahme und endet schlimmstenfalls auf der Intensivstation? Und was ist mit der Reinigungskraft, die ein Corona-Zimmer säubern und dabei ebenfalls Risiken in Kauf nehmen muss?“

Zahlreiche Kolleginnen und Kollegen hätten schon wegen der Prämie nachgefragt. Eine – durchaus berechtigte – Neid-Debatte sei zu befürchten, so Dietz. Dabei wäre die Mitarbeitervertretung mittendrin statt nur dabei: Ausdrücklich kommt der Arbeitnehmervertretung die Aufgabe zu, zusammen mit der Klinikleitung über „die Auswahl der anspruchsberechtigten Pflegekräfte und die Definition der individuellen Prämienhöhe für die Pflegekraft“ zu entscheiden.

Knappschaftskrankenhaus: Prämie für alle Mitarbeiter

Viel lieber wäre es Ralf Dietz, den Prämien-Topf gleichmäßig über allen Kolleginnen und Kollegen auszuschütten. Denn verdient habe es jede und jeder. Gerade im Katholischen Klinikum, das mit dem St.-Josef-Hospital die meisten Covid-19-Patienten in Bochum versorgt. Aktuell sind es fünf, davon zwei auf der Intensivstation, berichtet die Klinikleitung, die im Oktober mit einer exakten Summe für die Sonderleistungen rechnet. „Auf dieser Basis werden wir in Gespräche mit unserer Mitarbeitervertretung eintreten.“

Kliniken warnen vor Blockadehaltung

Mehr als 40 Personal- und Betriebsräte deutscher Kliniken haben in einem offenen Brief kritisiert, dass der Corona-Bonus nur an einen Teil der Beschäftigten ausgezahlt werden soll. Das, so heißt es, werden sie nicht mittragen. Zum Vergleich: In der Altenpflege profitieren alle Mitarbeiter von Sonderzahlungen.

Die Deutsche Krankenhaus-Gesellschaft warnt vor einer Blockadehaltung. Komme es zu keiner Einigung mit den Arbeitnehmervertretern, müssten die Kliniken die Gelder für die Prämien zurückzahlen. Damit gingen alle Beschäftigten leer aus.

Eine für alle: Diese Meinung vertritt auch Thomas Jebbink, Betriebsratsvorsitzender im Knappschaftskrankenhaus Langendreer. Er geht sogar einen Schritt weiter. Die Sonderleistung solle nicht nur an Pflegekräfte, sondern sämtliche Mitarbeiter gezahlt werden. Schließlich hätten alle dazu beigetragen, dass die Klinik (mit aktuell einem Corona-Patienten) die Pandemie bislang gut bewältigt habe. Geschäftsführer Hans-Peter Jochum kündigt an: „Zu diesem Themenkomplex wird es sicherlich ein im Verbund der Knappschaftskliniken abgestimmtes Prozedere geben.“

Bergmannsheil rechnet nicht mit Prämie

Die Augusta-Klinik, die nach einem Corona-Ausbruch im Sommer zwei Wochen im Lockdown war, kündigt gleichfalls Verhandlungen mit der Mitarbeitervertretung an, sobald feststeht, ob die Klinik anspruchsberechtigt ist. Derzeit werden an der Bergstraße zwei Covid-19-Patienten behandelt.

Derweil droht das Bergmannsheil durchs Raster zu fallen. Ein Maßstab für den Zuschuss aus dem Kassen-Topf ist die Zahl der bis Ende Mai behandelten Covid-19-Patienten. „Nach unserem derzeitigen Kenntnisstand ist unser Haus nicht für eine Zuteilung der Prämie vorgesehen“, erklärt Sprecher Robin Jopp auf WAZ-Anfrage.