Bochum. Bochum erwägt gemeinsam mit Gelsenkirchen und Herne die Einführung eines Telenotarzt-Systems. Und: Vor Ort soll die Rettung früher gelingen.
Mehr als 44.000 Mal gingen im vergangenen Jahr Notfallmeldungen bei der Feuerwehr Bochum ein. Die Zahl der Notarzt-Einsätze (12.349) ist weiter gestiegen. Mehr als 32.242 Mal rückten Rettungswagen mit Blaulicht aus. Und künftig sollen die Helfer auch noch schneller am Einsatzort sein.
Zehn Minuten beträgt die Hilfsfrist in Bochum momentan; d.h. in mindestens 90 Prozent aller Fälle sollen Helfer spätestens zehn Minuten nach der Alarmierung vor Ort sein. Mittelfristig soll das in acht Minuten gelingen, was bislang erst in knapp 80 Prozent der Fälle gelingt. Um deutlich öfter schneller am Einsatzort zu sein, sollen schon jetzt – zwei Jahre bevor der nächste Rettungsdienstbedarfsplan beschlossen wird – erste Maßnahmen eingeleitet werden. Dazu gehören der Einsatz von bis zu vier zusätzlichen und damit 20 Rettungswagen über Tag und eine neue Rettungswache im Bereich Gerthe.
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Das jedenfalls empfehlen die Autoren eines Gutachtens der Forschungs- und Planungsgesellschaft für Rettungswesen, Brand und Katastrophenschutz (Forplan) aus Bonn. Die Stadt hatte die Experten im vergangenen Jahr mit der Begutachtung beauftragt.
Stadt und Krankenkassen einigen sich
„Wir sind echt gut aufgestellt“, hatte Prof. Dr. Christoph Hanefeld, Ärztlicher Direktor des Katholischen Klinikums und Ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes Bochum, zwar vor zwei Jahren nach der Verabschiedung des Rettungsdienstbedarfsplan 2018-2022 gesagt. Aber um noch schneller am Einsatzort zu sein, bedarf es noch einiger Verbesserungen. Krankenkassen und Stadt haben sich nun auf die Acht-Minuten-Hilfsfrist geeinigt. „Dazu gibt es keine gesetzliche Vorgabe, aber Empfehlungen“, so Bochums Feuerwehr-Chef Simon Heußen. Aber tatsächlich sei Bochum einer der wenigen Städte, in denen noch die Zehn-Minuten-Hilfsfrist gilt.
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Telenotarzt kann Anweisungen geben
Telenotarzt-System wird eingeführt
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann, Vertreter der Krankenkassen, die kommunalen Spitzenverbände und die Ärztekammern NRW haben im Februar 2020 eine gemeinsame Absichtserklärung zum flächendeckenden Ausbau des Telenotarzt-Systems unterzeichnet.
Bis spätestens Ende 2022 soll in jedem Regierungsbezirk mindestens ein Telenotarzt-Standort den Regelbetrieb aufgenommen haben.
„Städte, Kreise und Gemeinden unterstützen die landesweite Einführung von Telenotarzt-Einsatzzentralen“ hatte Martin Klein, Hauptgeschäftsführer des Landkreistags NRW, bei der Unterzeichnung der Erklärung gesagt.
Das Telenotarzt-System soll das bestehende Notarztwesen nicht ersetzen, sondern ergänzen. „Denn nicht bei jedem Notfall ist die persönliche Anwesenheit eines Notarztes nötig“, so das NRW-Gesundheitsministerium.
Das erste Telenotarzt-System in NRW gibt es in Aachen. Als Nächstes ist die Einführung in den Kreisen Höxter, Lippe und Paderborn geplant.
Auch den Einsatz eines Telenotarztes haben die Gutachter untersucht. „Dazu gibt es noch einmal ein Extra-Gutachten“, so Heußen. Das Ergebnis liegt noch nicht . Aber nachdem ein Pilotprojekt in und um Aachen vornehmlich für den ländlichen Raum erfolgreich verlaufen ist, steht der Aufbau eines Telenotarztes-Systems auch in Städten bevor (Infobox). „Ich halte das für sinnvoll“, sagt Christoph Hanefeld. Zwar gebe es in Bochum noch genügend Krankenhäuser und Notärzte, die gerade in ländlichen Regionen häufig auftretende personelle Notlage gebe es hier nicht. Dennoch könnten Fälle auftreten, in denen eine ärztliche Expertise aus der Ferne hilfreich ist – etwa dann, wenn für einen Einsatz kein Notarzt angefordert wurde, sich vor Ort aber die Notwendigkeit dafür ergibt. Das „therapiefreie Intervall“, also die Phase, in der noch keine Behandlung möglich ist, ließe sich verkürzen, weil der Telenotarzt auch Anweisungen aus der Ferne geben kann.
Nicht zuletzt die rasante Entwicklung der technischen Möglichkeiten spreche für den Einsatz von Telenotärzte. „EKG, Blutdruck, Puls und andere Werte. Das alles kann über sichere Leitungen in kurzer Zeit vorliegen. Über Videobilder kann sich der Telenotarzt außerdem ein Bild vom Patienten machen“, so Hanefeld. Notärzte vor Ort werde es aus zwar weiter geben. Als Ergänzung zum System seien Telenotärzte aber auch in Städten sinnvoll.
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Interkommunale Kooperation
Tatsächlich habe Bochum schon vor der verabschiedeten Landesinitiative über die Einführung von Telenotärzten nachgedacht, sagt Simon Heußen. Dazu würden bereits seit längerem Gespräche mit den Nachbarstädten Gelsenkirchen und Herne geführt. Geplant sei es, in der modernisierten Leitstelle in Werne auch eine Telenotarztzentrale einzurichten, „für Bochum, Gelsenkirchen, Herne und vielleicht auch noch für andere Städte“, so der Feuerwehr-Chef.
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