Bochum. Seit 2019 wachsen die Chancen, Langzeitarbeitslosen eine berufliche Perspektive zu geben. Bochum hat dazu nun eigens eine Gesellschaft gegründet.
Jana E. ist überglücklich. An diesem Dienstag hat sie ihre Arbeit als Hausmeistergehilfin an der Theodor-Körner-Schule in Linden aufgenommen. Mit ihr profitieren insgesamt 700 Bochumerinnen und Bochumer vom Teilhabechancengesetz – immerhin fast zehn Prozent aller Langzeitarbeitslosen (7300) in der Stadt.
„Ich bin so froh endlich wieder in Arbeit zu sein“, sagt sie und erzählt von den Aufgaben, die auf sie zukommen. „Zu tun gibt es vieles, gerade jetzt“, so die stellvertretende Schulleiterin Elke Arnscheidt. Die Theodor-Körner-Schule wird momentan aufwendig saniert – und das im laufenden Betrieb. „Daher freuen wir uns über die zusätzliche Unterstützung“, so Elke Arnscheidt.
Jobcenter hat im Vorjahr 5,9 Millionen Euro bereit gestellt
Jana E. ist eine von 34 Frauen und Männern, die jetzt über die neugegründete Bochumer Beschäftigungsförderungsgesellschaft (BBG) eine Arbeit gefunden haben. Von einer „Win-win-Situation“ spricht Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) bei der Vorstellung der BBG. Langzeitarbeitslose erhalten die Chance, den Weg zurück auf den ersten Arbeitsmarkt zu finden. Und die Gesellschaft profitiere, weil Aufgaben erledigt werden können, die sonst liegen bleiben würden – in der Regel, weil sie nicht zu finanzieren seien.
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Geld zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit ist nun da, seit die Bundesregierung im Vorjahr das Teilhabechancengesetz verabschiedet hat und 453 Frauen und Männer in Bochum allein 2019 nach Jahren der Arbeitslosigkeit wieder eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung gefunden haben. Nicht vorübergehend, nicht als befristete Maßnahme; sondern als gesetzlich verankerte Chance mit mehrjähriger Laufzeit und der Möglichkeit, am Ende vielleicht sogar „regulär“ bei der Stadt oder einem Unternehmen in unbefristeter Position anzufangen.
Eine Erfolgsgeschichte
Schon im Vorjahr hatte sich angedeutet, dass das neue Teilhabechancengesetz ein Erfolg werde würde. Neun Monate nach Beginn des Programms war Frank Böttcher, damaliger Geschäftsführer des Jobcenters Bochum und damit Vorgänger von Georg Sondermann, voll des Lobes über das neue Instrumentarium.
„Das ist wirklich mal eine Erfolgsgeschichte.“ Positiv überrascht habe ihn vor allem, dass so viele gewinnorientierte Unternehmen dabei sind. Zwei Drittel der damals bereits mehr als 400 vermittelten Stellen haben private Firmen angeboten, nur ein Drittel sind Jobs bei Trägern. Er hätte es eher umgekehrt erwartet.
4,3 Millionen Euro hat das Jobcenter Bochum allein 2019 aus seinen Mitteln bereit gestellt. Dazu kamen 1,6 Millionen Euro aus dem Passiv-Aktiv-Tausch; Geld das für die Finanzierung neuer Jobs bereit stand, weil es als Transferleistung eingespart wurde. In diesem Jahr steht Geld für insgesamt 246 weitere Personen zur Verfügung. Und auch für 2021 werden Mittel bereit gestellt, kündigt der neue Jobcenter-Chef Georg Sondermann an.
Abbrecherquote von neun Prozent
Nicht nur er ist begeistert von dem neuen Instrument – und von der geradezu erstaunlich geringen Abbrecherquote in Bochum von gerade einmal neun Prozent. „Ich kenne keine andere Beschäftigungsmaßnahme, bei der die Zahl der Abbrecher so niedrig ist.“
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Nachdem in den vergangenen Monaten bereits Hunderte Jobs auf dem freien – und nicht selten dem ersten Arbeitsmarkt gefunden wurden, steigt nun auch die Stadt Bochum in die Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen ein. Am Ende des Jahres wird der Konzern Stadt, also Verwaltung plus städtische Tochterunternehmen, insgesamt 115 Stellen besetzt haben: in Schulen, in Kitas, in Jugend- und Freizeiteinrichtungen, als Grillscouts auf öffentlichen Flächen, in der Grünpflege oder bei der Betreuung legaler Graffiti-Flächen. Und nächstes Jahr, das jedenfalls deutet der OB schon jetzt an, könnten weitere Aufgaben und Stellen hinzukommen. „Das hier ist nicht das Ende der Fahnenstange.“
Stadt investiert 350.000 Euro
350.000 Euro pro Jahr lässt sich die Stadt das Kosten. Das Geld wird vor allem für die Durchführungs- und Betreuungskosten an Weiterbildungsträger bezahlt, die von der Stadt zur Betreuung und Begleitung der Beschäftigten beauftragt werden.
Damit scheint auch der Streit zwischen Verwaltung und Weiterbildungsträgern beigelegt zu sein. Die Träger hatten sich bitter beschwert, als Bochum im vergangenen Jahr die Idee verfolgt hat, der Arbeitsförderungsgesellschaft gemeinnützige Arbeit (Gafög) in Gelsenkirchen beizutreten und darüber Langzeitarbeitslose zu beschäftigen. So sollte, ohne eine eigene Verwaltungsstruktur aufzubauen, schnell Tempo aufgenommen werden. Am Ende gab es rechtliche Bedenken gegen diese Konstruktion und Bochum hat nun seine eigene Beschäftigungsförderungsgesellschaft auf den Weg gebracht – gut ein Jahr nachdem der Rat dies beschlossen hat.
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