Bochum-Langendreer. Seenotrettung auf dem Mittelmeer thematisiert die Ausstellung des Bochumer „Netzwerks Flüchtlinge Langendreer“. Ein Wechselbad der Gefühle.
„Ich verspüre Ohnmacht, Hilflosigkeit und Wut bei Nachrichten über Flüchtlinge, die auf ihrem Weg über das Mittelmeer verunglücken.“ Das erklärt Sibylle Leipold vom „Netzwerk Flüchtlinge Langendreer“, als sie die Ausstellung „Retten statt Reden – Zivile Seenotrettung an Europas Grenzen“ eröffnet.
Begleitprogramm zur Ausstellung
Die Ausstellung „Retten statt Reden“ im Luther-LAB (Alte Bahnhofstraße 166) öffnet dienstags (10-17 Uhr), donnerstags (10 – 18 Uhr), und samstags/sonntags (jeweils 11 – 18 Uhr) die Türen.
Am Montag, 10. August, startet das Begleitprogramm mit dem Theaterstück „Mittelmeermonologe“ im Bahnhof Langendreer (Wallbaumweg 108). Es bringt Interviews mit Geflüchteten auf die Bühne. Beginn: 19.30 Uhr.
Am Dienstag, 11. August, heißt es „Wir tragen mit“. Die Ausstellung wandert als Mahnwache während des Markttages auf den Langendreer Markt. Zeit: Nach 9 – 12 Uhr.
Am Mittwoch, 12. August, berichtet die Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum zum Mittelmeer als tödlichste Grenze der Welt im Luther-LAB um 19 Uhr. Alle Veranstaltungen sind eintrittsfrei unter Corona-Bedingungen. Um Spenden wird gebeten.
Zu sehen ist die Ausstellung bis Sonntag, 30. August, im Luther-LAB, der entwidmeten Lutherkirche (Alte Bahnhofstraße 166). Über 15 Veranstaltungen – in der Kirche aber auch im Bahnhof Langendreer, im Kino Endstation und im Naturfreundezentrum - begleiten sie.
15 Veranstaltungen begleiten die Bochumer Ausstellung
„Diesen negativen Gefühlen wollen wir Informationen, Netzwerkarbeit sowie Kraft zum Handeln durch die Ausstellung sowie den Veranstaltungen entgegensetzen“, so Leipold weiter. Die Ausstellung erzeugt ein Wechselbad der Gefühle.
18 großformatige Fotos aus 2019 zeigen zwar eine gelingende Aktion des Rettungsschiffs „Sea Watch 3“, in dem Flüchtlinge aus Schlauchbooten sowie - angezogen mit Rettungswesten - aus dem Wasser geborgen werden. Ein riesiges Transparent (etwa 10 mal 4 Meter) mit der Forderung „Jeden Menschen aus Seenot retten!“ dokumentiert jedoch, dass viele nicht so viel Glück haben.
Tausende starben auf der Flucht
Zwischen 1998 und 2019 starben 35.597 Menschen bei ihrer Flucht übers Mittelmeer. Und die Dunkelziffer ist hoch. Superintendent Dr. Gerald Hagmann (Ev. Kirchenkreis Bochum) begleitet als Schirmherr die Ausstellung. In seinem Grußwort positioniert er sich und und die Kirche eindeutig zu dieser Seenotrettung.
„Man lässt keine Menschen ertrinken“, betont er mit Blick auf die Predigt beim Abschlussgottesdienst des Evangelischen Kirchentages in Dortmund. Er berichtet zudem, dass die Evangelische Kirche von Deutschland (EKD) die aktuell startende Rettungsmission von „Sea Watch 4“ finanziell kräftig unterstützt.
Anziehungspunkt zum Auftakt war ein 18 Meter langes und 4 Meter breites Schlauchboot vor der Kirche, in das 120 Personen passen. Mit solchen Nussschalen begeben sich Flüchtlinge auf die gefährliche Reise übers Meer. Die Ausstellungsmacher fanden es vor der libyschen Küste. Da es nicht in der Kirche passt, wird es am Wochenende wieder abgebaut.
Ein Betroffener erzählt
Flüchtling Ahamadou Diallo (Guinea) ging aus persönlichem Erleben auf diese waghalsige Bootsflucht ein. „In das Schlauchboot, mit dem ich über das Mittelmeer nach Europa gekommen bin, passten nur 30 Leute. Einer starb auf der Überfahrt“, erzählt er sichtlich bedrückt.
Nachdenklich sind auch die Besucher. „Diese Fotos beeindrucken mich mehr als die vielen Bilder, die ich dazu schon in den Nachrichten gesehen habe. Sie sprechen mich intensiv an“, sagt Gesa Born (27). Seniorin Hedda Niemeyer meint vor dem Transparent: „Es ist mir unbegreiflich, dass jemand etwas gegen diese Rettungen haben kann.“
Das „Netzwerk Flüchtlinge Langendreer“ gründete sich im August 2015. „Über 1000 Geflüchtete hatten wir damals im Stadtbezirk Ost. Mit zeitweilig über 80 Helfern lebten wir eine tolle Willkommenskultur, auf die wir stolz sein können“, erinnert Bezirksbürgermeisterin Andrea Busche in ihrem Grußwort.