Bochum-Langendreer. Ehemalige Lutherkirche „Luther LAB“ in Langendreer wird zum Labor für kleine Naturwissenschaftler. In Experimenten geht es um Töne und Schall.
Laute Musik schallt aus den Boxen, in der Kirche wird munter getanzt. Aber es sind keine Menschen, die tanzen, sondern Flammen von flackernden Kerzen. Noch gestern hätte Charlotte (9) nicht erklären können, warum das so ist. „Jetzt schon. Das machen nämlich die Schallwellen“, sagt die Viertklässlerin der Kreyenfeldschule in Bochum.
„Schall ist mir schon die ganze Zeit im Alltag begegnet, zum Beispiel, wenn ein Hund bellt oder das Radio läuft“, sagt sie. Gemeinsam mit ihren Mitschülern besucht Charlotte das „Luther LAB“, ein Experimentierraum in der ehemaligen Lutherkirche. „Wir machen heute Experimente mit Schall“, erklärt Organisatorin Viktoria Hupertz-Masukowitz. Die Sozialarbeiterin veranstaltet das Projekt gemeinsam mit Mint-Lotsen - naturwissenschaftlich ausgebildeten Fachkräften – des Netzwerkes „Zukunft durch Innovation“. Dabei bietet die Kirche mit ihren meterhohen gewölbten Decken ideale Bedingungen für ortsspezifisches Experimentieren.
Wie Töne zustande kommen
Die vierten Klassen der Grundschule sind an diesem Tag selbst Testkaninchen: „Wir machen den Workshop heute in einem Probedurchlauf. Wenn alles klappt, sind im nächsten Jahr alle Klassen aus dem Bochumer Osten eingeladen“, sagt Hupertz-Masukowitz. Es sieht ganz danach aus: „Die Experimente sind cool“, sagt Justin (9). An verschiedenen Stationen hat der Junge erforscht, wie Töne zustande kommen und wie Schall sich verändert. „Ich habe nicht gewusst, dass man mit einer Trommel Tannennadeln bewegen kann“, sagt er.
„Zukunft durch Innovation“ wird vom Land NRW gefördert
Das Netzwerk „Zukunft durch Innovation“ ist ein Projekt des Landes NRW zur Förderung des naturwissenschaftlich-technischen Nachwuchses. Der Workshop zum Thema Schall wird darüber hinaus vom Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert.
Die MINT-Lotsen sind bis Anfang 2021 in den Klassen 1 bis 7 und in Freizeiteinrichtungen des Bochumer Stadterneuerungsgebietes WLAB (Werne/Langendreer-Alter Bahnhof) unterwegs. Der Verein „Luther LAB“ hat es sich zum Ziel gesetzt, die ehemalige Kirche für soziale und ökologische Projekte und Begegnungen zu öffnen.
Orgel hinter den Kulissen
„Wir haben auch Flaschen unterschiedlich befüllt und so verschiedene Töne erzeugt“, sagt Justin. Marlene (9) ist besonders begeistert davon, den Schall am eigenen Körper zu spüren. „Dazu haben wir am Bauch getrommelt oder einen Ballon an laute Musikboxen gehalten“, erklärt sie. Mika (9) ist vom Orgelraum angetan. Während vorne jemand auf die Tasten drückt, darf er hinter den Kulissen die 1300 Pfeifen bestaunen. „So nah war ich noch nie dran“, sagt der Grundschüler und begutachtet die Pfeifen, die zwischen zwei Zentimetern und 4,80 Metern groß sind. Lehrerin Alexandra Mann-Hamel freut sich, ihre Schützlinge so lernfreudig zu sehen. „In der Schule bleibt nicht so viel Zeit für ausgedehnte Experimente“, sagt sie.
Theorie zum Anfassen
„Das Budget würde auch nicht reichen, und für Experimente in Gruppenarbeit braucht man mehr Personal“, ergänzt Mint-Lotsin Marieke Schaden. Mit den praktischen Angeboten will sie Theorie zum Anfassen liefern. „Wir wollen Interesse wecken und auch Chancen für Schüler stärken, die aus bildungsferneren Haushalten kommen“, erklärt sie. „Die Schüler sehen, dass Naturwissenschaften gar nicht so kompliziert sind“, ergänzt Schaden, die selbst Umwelttechnik studiert hat.
Naturwissenschaften spielen in der Zukunft eine immer wichtigere Rolle, weil alles technischer werde. Wer den Gesprächen der Schüler lauscht, der bekommt den Eindruck, dass der Testdurchlauf ein voller Erfolg war: Denn es geht um hoffentlich baldige Experimentierkästen unter dem Weihnachtsbaum.