Bochum-Wattenscheid. Blühstreifen sind an vielen Ackerflächen in Bochum und Wattenscheid zu sehen. Für Landwirte ein ökologischer Vorteil, finanziell eher weniger.

Sie bilden derzeit einen bunten Blickfang entlang von Ackerfeldern: Sonnenblumen und Wildblumen säumen die Ränder, ziehen die Aufmerksamkeit von Passanten und Radlern sowie von Bienen und Insekten auf sich.

Der Natur Lebensraum zurückgeben

Viele Landwirte haben solche Blühstreifen Ende April/Anfang Mai ausgesät. Auch Martin Kohlleppel in Wattenscheid-Sevinghausen gehört dazu. Damit werde „der Natur ein gutes Stück Lebensraum zurückgegeben, die Blüten bieten Nektar, Samen dienen Vögeln als Nahrung, von Vorteil auch für Schlupfwespen, Marienkäfer und andere Tiere, die Schädlinge vertilgen“.

Ernteausfälle

Die Landwirte haben Ernteausfälle durch Blühstreifen, sehen aber den ökologischen Vorteil. Martin Kohlleppel (30) steht auch für eine neue Generation von Landwirten.

Er ließ einer Ausbildung ein Studium der Agrarwirtschaft folgen, bevor er in den elterlichen Betrieb einstieg. Dort bewohnt er nun Wattenscheids „ältestes Haus“ (Baujahr 1721), hat nicht nur die wilde Blütenpracht angelegt, sondern an seinen Feldern auch Infotafeln aufgestellt, um Interessierten das Thema Landwirtschaft näherzubringen.

Landwirte wie Achim Heinrichs in Höntrop, Ernst-Wilhelm Westerhoff in Westenfeld oder Hermann Appelbaum in Sevinghausen setzen ebenfalls auf Blühstreifen. Teils aus unterschiedlichen Gründen heraus. Wer städtische Flächen als Pächter nutzt, ist neuerdings verpflichtet, auf fünf Prozent der Fläche solche Blühstreifen anzulegen. Was natürlich mit einem Ernteausfall einhergeht, und es gibt keinen finanziellen Ausgleich. „Immerhin stellt die Stadt das Saatgut für diese Blühstreifen. Die Einsaat müssen wir selbst übernehmen. Ein ziemlicher Aufwand“, sagt Westerhoff; er musste so 0,6 Hektar Erntefläche stilllegen. Bei Kohlleppel macht die Blühstreifenfläche 1,3 Hektar aus.

Freiwillig oder Pflicht

Wer freiwillig Blühstreifen auf seinen Privatflächen anlegt, wird z.B. von der Landwirtschaftskammer oder – wie bei Achim Heinrichs – der Stiftung Westfälische Kulturlandschaft unterstützt. Teilweise gibt es dafür auch eine finanzielle Förderung, die liegt zwischen 700 und 1100 Euro je Hektar, je nach Programm, Saatmischung und Dauer.

Was die Landwirte ärgert: Einige Mitmenschen schneiden derzeit die Sonnenblumen ab oder nutzen die Blühstreifen als Trampelpfad für sich oder ihre Hunde – und zerstören dadurch die Pflanzen. Martin Kohlleppel hat deshalb zum Schutz einige Blühstreifen mitten in den Feldern angelegt und nicht direkt an Fußwegen.

Es gibt Unterschiede

Mehrjährige Komponenten wachsen teilweise am Rand der Felder. Der Buchweizen machte oftmals den Anfang, dann kam die lila Phacelia, Klee ist teils auch auf dem Programm neben den Sonnenblumen. An Mais-, Raps-, Weizen- und anderen Feldern haben die Landwirte Blühstreifen angelegt, das hat mit der angebauten Sorte nichts zu tun.

Das vielzitierte „Insektensterben“ ist auch bei ihnen ein Thema. Doch dies habe viele Ursachen, da müsse auch so mancher privater Gartenbesitzer an seinem Haus mal drüber nachdenken, „denn Steingärten, kurzer Rasen und Bodenversiegelung sind sicherlich pflegeleicht, aber in ökologischer Hinsicht nicht optimal“, sagt auch Ernst-Wilhelm Westerhoff. Er und Ehefrau Bettina bauen übrigens Sonnenblumen hinter ihrem Hofladen an der Westenfelder Straße an, die ab Ende August/September zum Verkauf angeboten werden.