Bochum. Der Husemannplatz liegt zentral im Herzen Bochums. Immer wieder hat er sein Gesicht verändert. Wir verraten, was ihn so besonders macht.
Der Husemannplatz zählt zu den bekanntesten Örtlichkeiten in Bochum. Demnächst wird er im Zuge des Neubaus des Einkaufs-Centers „Viktoria-Karree“ groß umgestaltet, die Pläne sind fix und fertig. Der Platz wird dann abermals sein Aussehen ändern, wie schon oft in seiner langen Geschichte. Doch kaum jemand weiß etwas über diese Historie, die weit zurückreicht.
Älter als der Husemannplatz ist nur der „Alte Markt“ an der Propstei, der aber in seiner ursprünglichen Form nicht mehr existiert. Die WAZ begibt sich auf Spurensuche nach den Ursprüngen des Husemannplatzes, der im Laufe von über 150 Jahren mehrfach sein Aussehen und den Namen gewechselt hat.
Wieso gibt’s an dieser Stelle der Innenstadt überhaupt ein Platz?
Das hat mit der Entwicklung Bochums zur Großstadt zu tun. Im Südwesten der früheren Altstadt sollte einst die „Neustadt“ entstehen. In der Mitte der Siedlung war als zentraler Treffpunkt ein großer Marktplatz geplant. Er wurde nötig, weil immer mehr Menschen nach Bochum strömten, die in den Zechen und Fabriken Arbeit fanden. Für die stetig wachsende Bevölkerung waren die alten Bochumer Märkte, die noch aus den Ackerbürger-Zeiten stammten, zu klein geworden waren. 1853 begann die Entwicklung des „südlichen Stadtteils“, dessen Mitte der Wilhelmsplatz – also der Husemannplatz – wurde. Nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/71 wurde dort im Zuge des nationalen Überschwangs ein Siegerdenkmal aufgestellt – für 21.000 Reichsmark!
Was wurde aus dem Denkmal?
Das Monument für die Gefallenen des Krieges 1870/71 wurde in den 1930er Jahren zum Neuen Stadtpark verlegt. Heute besteht es nicht mehr. Der Wilhelmsplatz war bis zum Zweiten Weltkrieg ein repräsentativer Ort im großbürgerlichen Bochum, das Landgericht, Banken, Juristerei und Verwaltung waren hier ansässig. Im Bombenkrieg fiel der Wilhelmsplatz wie die gesamte Innenstadt in Schutt und Asche.
Wie ging es nach den Kriegszerstörungen weiter?
Ab 1946 war die komplette Innenstadt Neuordnungsgebiet, und dem Platz kam eine wichtige Rolle als Klammer zwischen Rathaus/Drehscheibe und der neu trassierten Verkehrsachse Südring/Viktoriastraße zu. Rundum entstanden Häuser im Stil der Wiederaufbaumoderne, Rasterfassaden, kein Zierschmuck, Flachdächer. Gleichwohl wurde der Repräsentationscharakter beibehalten, aus dem Königlichen Gericht wurde das demokratische Land- und Amtsgericht, Geldhäuser (Commerzbank, Dresdner Bank, Deutsche Bank) und Verwaltungsgebäude kehrten zurück. Die Fläche selbst diente bis 1963/64 weiter als Parkplatz. Dann wurde sie für Autos gesperrt und umgestaltet. Später kam das Justizzentrum, groß ausgebaut, dazu. Jedermann kennt noch die Hochhäuser „Weiße Riesen“, erst im letzten Jahr wurden sie abgerissen.
Woher hat der Platz seinen Namen?
Nach dem Gewerkschafter und Sozialdemokraten Fritz Husemann. Er war bis 1933 Vorsitzender des Bergarbeiterverbands und SPD-Reichstagsabgeordneter. Im März 1933 wurde er nach der „Zerschlagung“ der Gewerkschaften durch die NSDAP verhaftet und ins KZ Esterwegen verbracht. Dort erschoss man Fritz Husemann am 14. April 1935, angeblich „auf der Flucht“. Auf dem Freigrafendamm erinnert ein Ehrengrab an den verdienten Gewerkschafter und Demokraten.
Platzcharakter kehrt zurück
Ähnlich wie in vielen Wohnungen, hatte sich mit der Zeit auch auf dem Husemannplatz allerhand angesammelt, im Laufe der Jahre ist der Platz immer mehr vollgestellt worden. Das wird sich in absehbarer Zeit ändern.
Die Pläne für den Umbau sehen einen ganz freien Platz vor, der wieder „eine wichtige Gelenkfunktion“ innerhalb der Innenstadt bekommen und das geplante „Haus des Wissens“ in der alten Post mit dem Viktoria-Karree (auf dem ehemaligen Justizgelände) und der Einkaufszone am Boulevard/Kortumstraße verbinden soll.
Was macht den Platz zu etwas Besonderem?
Vor allem seine zentrale Lage im Herzen Bochums. Mehr noch als der Dr.-Ruer-Platz war und ist der Husemannplatz die Anlaufstelle für zahllose Aktivitäten des großstädtischen Treibens. So facettenreich wie das Leben selbst, sind die Ereignisse, die er gesehen hat: Vom Straßenkarneval bis zur Demonstration gegen die Zechenschließungen, vom Biwak der Maischützen bis zur Montags-Demo, vom Weihnachts- bis zum Hamburger Fischmarkt. Aktuell wird der Platz als temporäres „Spieleparadies“ für Kinder genutzt. Nicht zuletzt ist es die urbane Aufenthaltsqualität, die diesen Ort auszeichnet. Es gab das Glascafé und das Café Zeitlos, beide mussten wegen des anstehenden Umbaus schließen. Lange war das Eiscafé der Familie Faghera ein Ankerpunkt am Husemannplatz, es fungierte als Treff für viele Kicker des VfL, mit denen man hier locker plaudern konnte.
Was hat es mit dem Brunnen auf sich?
Der Jobsiade-Brunnen ist vergleichsweise jung, er wurde 1986 aufgestellt, ein Geschenk der Deutschen Bank, die damals ihr markantes Eckgebäude an der Viktoriastraße errichtete, und ihre Verbundenheit zu Bochum zeigen wollte. Das Wasserspiel mit den Bronzefiguren stammt von dem Stuttgarter Bildhauer Nuss, der auch das Tana-Denkmal am Schauspielhaus gestaltet hat. Es zeigt eine Szene aus Karl Arnold Kortums Vers-Epos „Die Jobsiade“, mit der der Dichter Bochum ein literarisches Denkmal setzte.
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Der „Jobs“ ersetzte ein Brunnenbecken mit sechs steinernen Säulen, das an der nordöstlichen Ecke, an der Kortumstraße, in den 60er und 70er Jahre ein Blickfang am Husemannplatz war. Der Steinbrunnen sollte erst abgerissen werden, wurde dann aber im Ganzen nach Weitmar-Mark zum Pfarrer-Halbe-Platz umgesetzt, wo er seit über 30 Jahren nutz- und wasserlos sein Dasein fristet.