Bochum-Langendreer. Seit Kindesbeinen malt und sprüht Graffiti-Künstler „M.T.“. In seinem Stadtteil Bochum-Langendreer bringt er Farbe in Betonlandschaften.

An den Zeitpunkt, an dem er das erste Mal eine Sprühdose in der Hand gehabt hat, kann er sich schon gar nicht mehr erinnern. Heute sind seine Garage, sein Keller und die Regale in seiner Wohnung voll mit Hunderten davon. Groß, klein, Grundfarben, grelle Farben - in Reih und Glied hat er sie aufgestellt. „Ich male, seit ich denken kann“, sagt Graffiti-Künstler „M.T.“ aus Langendreer.

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Statt Wasserfarbkasten und Pinsel griff er mit Freunden irgendwann zur Sprühdose. „Das hat sich einfach so ergeben. Wir wollten das Graue bunter machen“, sagt der 30-Jährige. Erst nur als Hobby, mittlerweile immer professioneller. Zahlreiche seiner Graffiti zieren bereits die Fassaden und Garagentore in seinem Stadtteil. Hauptberuflich ist der Familienvater zwar immer noch als Metalltechniker tätig, die Aufträge werden aber mehr und mehr. „Schwung in die Betonlandschaft bringen“ nennt er das selbst.

Seine Arbeiten hätten sich schnell im Bekanntenkreis herumgesprochen – so wünschten sich seine Eltern erst eine Unterwasserwelt auf der Hauswand, dann bekam ein Bekannter eine Insellandschaft auf seiner Garagenwand. Inzwischen gehören auch Vereine und Stadt zu seinen Auftraggebern.

Dschungelwelt am Spielplatz in Bochum-Werne

Sein jüngstes Werk: Der Bauwagen vor der St.-Marien-Kirche an der „Alten Bahnhofstraße“ mit einer großen weißen Taube vor blauem Himmel im Auftrag der Caritas. Vier Tage mit jeweils acht bis neun Stunden-Schichten hat das gedauert, eine Vorlage hat „M.T.“ nicht gehabt – eine schnell gemachte Skizze reichte. „Das Werk entsteht meist im Prozess, Inspiration bekomme ich im Alltag“, erklärt er.

Die meterhohe Eule im Flug gehört zu den Lieblingswerken, die M.T. in seinem Stadtteil Langendreer schuf.
Die meterhohe Eule im Flug gehört zu den Lieblingswerken, die M.T. in seinem Stadtteil Langendreer schuf. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Umso besser, wenn Auftraggeber ihm freie Hand geben. Für die Stadt Bochum hat er an der „Hölterheide“ in Werne im Rahmen einer Spielplatzerneuerung eine Garagenwand mit einer Dschungellandschaft verschönert, am Ende des Kirchhofes von St. Marien prangt eine metergroße Eule mit gespannten Flügeln auf einer Hausfassade. „Sie gehört zu meinen Lieblingswerken“, sagt „M.T.“.

Sprayer scheut die Öffentlichkeit

Beim Arbeiten braucht er vor allem Ruhe, immer häufiger klettert aber mittlerweile sein zweijähriger Sohn zwischen den Sprühdosen umher. „Vielleicht sitzt er später auf meinen Schultern und sprüht die Stellen, an die ich nicht drankomme“, hofft „M.T.“ Die Öffentlichkeit scheut der Sprayer, fürchtet etwa, dass seine Graffiti von anderen „für Publicity“ übersprüht werden. „Das passiert leider immer häufiger“, ärgert sich der Künstler.

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Er hat beschlossen: „Meine Werke sollen für sich stehen, die Person dahinter ist nicht so wichtig.“ Wenn „M.T“ aber sieht, wie Passanten stehen bleiben und seine Graffiti bestaunen, dann freut er sich jedes Mal.

Forderung: Mehr Freiflächen fürs Sprayen

Erkennbar sind sie an seinem charakteristischen Schriftzug: Einem verschachtelten, aber klar erkennbaren „M“ und „T“ – seinen Initialen. „Ich habe einmal ein Gespräch einer Mutter mit ihrer Tochter am Bahnhof mitbekommen“, erinnert sich „M.T.“ Er erzählt weiter: „Dabei hat die Mutter gesagt, dass sie die Graffiti vielleicht ganz schön fände, wenn sie sie nur verstehen würde.“

Liste zeigt Freiflächen für Sprayer

Eine Liste der Freiflächen für Sprayer findet sich unter www.bochum.de

Dazu gehören beispielsweise die große Mauer gegenüber der Erzbahnschwinge im Westpark, die Ostseite der Brücke Schattbachstraße / Wittener Straße oder die Garagenrückseite gegenüber von Euromaster an der, Riemker Straße 3 (Prater).

Die Freiflächen sind zu jeder Tages- und Nachtzeit nutzbar. Müll muss dringend vermieden werden.

Das brachte „M.T.“ dazu, nur mit gut erkennbaren Bildern, Formen und Schriftzügen zu arbeiten. „Das ist alles andere als Geschmiere“, sagt der 30-Jährige. Das findet er nämlich selbst nicht schön, meint aber: „Es wäre gut, wenn es mir Freiflächen für jugendliche Sprayer gäbe, die sich ausprobieren wollen. Dann sprühen sie auch nicht in Nacht- und Nebelaktionen Züge oder Hauswände an.“

Darstellung des Abendmahls am Kirchhof

Seiner Meinung nach sollten vor allem Unterführungen zum Sprayen freigegeben werden. Aber er ist nicht nur auf Langendreer begrenzt: „In Duisburg spraye ich bald für einen Sportclub, in Italien habe ich schon ein Werk in einer Pizzeria gemacht“, sagt er. Doch in seinem Stadtteil gäbe es definitiv noch viel zu tun. „Mir fallen da einige Garagen und Stromkästen ein, die verschönert werden könnten“, sagt der Künstler.

Ein besonderer Traum: „Ich habe schon oft die große Hausfassade am Kirchhof der St. Marien mit den eingelassenen Wänden bestaunt und gedacht: Wow, wie toll sähe hier eine Darstellung des Abendmahls aus“, sagt er.