Bochum. Umbaumaßnahmen an der Hattinger Straße in Bochum ärgern den Geschäftsmann Knut Gördel. Er hält Planung und Umsetzung für realitätsfern.
„Weniger Lärm, mehr Grün und ein eigener Radweg“ – mit diesen Worten bewirbt die Stadt Bochum den Ausbau der Hattinger Straße zwischen Hüttenstraße und der Kreuzung Königsallee. In den Ohren von Knut Gördel klingt das fast ein bisschen wie Hohn. Denn bislang haben ihm die Bauarbeiten und die Aussichten auf die anschließende Situation vor allem eins beschert: Ärger, Stress und Kopfschütteln.
Situation sei unhaltbar
„Die Situation ist unhaltbar und auch die Aussicht auf die kommende Verkehrssituation nach zwei Jahren Bauzeit ist realitätsfern“, beschwert sich der 53-jährige Geschäftsinhaber eines Büros für Raumgestaltung an der Hattinger Straße. Aber der Reihe nach: Die aktuelle Aufteilung der Hattinger Straße im genannten Bereich dürfte jedem Bochumer gut bekannt sein: Fußgängerwege und Parkstreifen auf beiden Seiten, jeweils zwei Fahrspuren Richtung Innenstadt und Weitmar, in der Mitte alte Straßenbahngleise.
Auch Sperrungen nötig
Die Sonderbordsteine sollen die Sicherheit erhöhen: Sie können bei langsamer Geschwindigkeit überrollt werden, verhindern aber unbeabsichtigtes Fahren auf dem Radweg.
Die neue Ableitung des Oberflächenwassers gehört zur Initiative „Wasser in der Stadt von Morgen“, bei der Schmutz- und Abwasser voneinander getrennt werden. Im Rahmen der Maßnahme müssen einmündende Straßen teilweise oder ganz gesperrt werden.
Mehrere Maßnahmen
Mit einer Baumaßnahme, angekündigter Beginn am 8. Juni, soll sich das ändern: Die Straßenbahngleise sollen zugunsten eines begrünten Mittelstreifens zurückgebaut werden, über den Oberflächenwasser getrennt von Abwasser mittels eines unterirdischen Regenrückhaltebeckens in die Kanalisation geführt werden soll. In jeder Fahrtrichtung soll eine Spur jeweils einem Radweg mit Sonderbordstein weichen. Auch die Neuanlage von Parkstreifen ist geplant – denn zwischen Hans-Ehrenberg-Platz und Pieperstraße ist ein Fußgängerüberweg geplant, außerdem wird Platz für haltende Busse benötigt. So die Baumaßnahme in Kürze.
Einspurigkeit erhöht Abgase
Wesentlich länger sind die verbundenen Probleme, die Gördel sieht: „Wo sollen Lkw, die den stationären Handel beliefern, jetzt und in Zukunft halten?“, fragt er. Er selbst bekomme oft fünf Teppichrollen und drei Ladungen Parkett auf einmal angeliefert, aber auch der nahe gelegene Bäcker werde täglich mit frischen Waren beliefert. „Wo sollen Anwohner und Kunden künftig parken, wenn noch mehr Parkplätze fehlen? Das ist ohnehin schon der Fall“, fragt Gördel weiter.
Weiteres Problem
Weiteres Problem in seinen Augen: „Durch die einspurige Verkehrsführung gibt es keine Ausweichzonen für Polizei, Feuerwehr und Notärzte.“ Dass das Verkehrsaufkommen durch die – bereits während der Bauarbeiten – geschaffene Situation der Einspurigkeit enorm ist und dadurch Lärm- und Abgasemissionen steigen, kann er täglich von seinem Geschäft aus beobachten. „Es staut sich vor allem zur Rush-Hour“, klagt er. Das Fazit, das Gördel daher zieht: „Die Planung ist eine Katastrophe und muss überdacht werden, für alle unmittelbar Betroffenen entstehen große Nachteile!“
Seien diese nur während der Bauarbeiten zu erwarten, hätte er sie in Kauf genommen – doch die geplante Maßnahme lässt in Gördels Augen nur eine Verschlechterung für alle Verkehrsteilnehmer erwarten. „Ich habe das Gefühl, dass die Umstrukturierung der Straßen nicht in Anbetracht des tatsächlichen Nutzens von Fahrrad und Auto erfolgt“, meint er. Es sei eine Tatsache, dass es allein durch Taxen oder Handwerker nicht vermeidbaren Autoverkehr gebe und gleichzeitig nicht jeder Mensch mit dem Fahrrad fahren könne.
Fahrrad-Allee als Alternative
Doch der Unternehmer will nicht nur meckern, er schlägt Alternativen vor: „Beispielsweise könnte der Mittelstreifen anstelle eines Grünstreifens zur Fahrrad-Allee ausgebaut werden. Dann könnte man die bisherigen Fahrspuren erhalten und eine 30er Zone einführen“, schlägt er vor. „Oder man verzichtet auf die Radwege und verlagert sie in die Nebenstraßen, die teilweise für Autos in Einbahnstraßen umgewandelt werden könnten“, sagt Gördel weiter. Letztlich sei auch die Schaffung von Radwegen ohne Sonderbordstein und mit Unterbrechungen für Ladezonen eine bessere Variante, als das geplante Konzept. Die Stadt verweist in Anfrage auf alternative Verkehrskonzepte nur auf ihre Pressemitteilung, in der es heißt: „Die Arbeiten dauern voraussichtlich bis September 2022 und werden in verschiedenen Abschnitten durchgeführt, so dass die Verkehrsführung und die Umleitungen jeweils der aktuellen Baustellensituation angepasst werden.“