Kornharpen. Patrick Kühnemund arbeitet als Fachkraft auf der Zentraldeponie in Bochum-Kornharpen. Die Coronakrise hat auch seinen Job stark verändert.

Er legt einen pH-Streifen auf eine Schale mit Abstreumittel und gießt einen kleinen Schluck der unbekannten Flüssigkeit darauf. Schnell weiß Patrick Kühnemund, was ein Kunde da wohl beim Ausmisten in seinem Keller gefunden hat: „Es ist eine Lauge“, sagt der 26-jährige Brillenträger in neongelber Uniform und schmeißt sie in die entsprechende Tonne. „Vermutlich Metallpolitur“, ergänzt er.

https://www.waz.de/staedte/bochum/corona-kaum-noch-wartezeiten-auf-bochumer-wertstoffhoefen-id229411466.htmlFür Kühnemund kein ungewöhnlicher Ablauf: Der Bereich der Problemabfälle gehört als Fachkraft für Kreislauf- und Abfallwirtschaft zu seinen häufigsten Einsatzgebieten. Auch als er kurz darauf einem Kunden die Mülltonne für CDs und DVDs zeigt und noch weitere Bürgerfragen beantwortet, ist das für seinen Job völlig typisch. Dass aber alles so wie immer ist, lässt sich trotzdem nicht behaupten: Mundschutz, Abstandsregeln und Absperrungen auf dem Parkplatz der Zentraldeponie an der Havkenscheider machen das schon auf den ersten Blick deutlich.

Alltag auf der Zentraldeponie: Ein Bochumer entsorgt Elektronikschrott in Kornharpen.
Alltag auf der Zentraldeponie: Ein Bochumer entsorgt Elektronikschrott in Kornharpen. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Nur sieben Autos sind aktuell auf dem Parkplatz erlaubt, entsprechend lang die Warteschlangen vor den Toren der Deponie. Auch die WAZ hat bislang viel darüber berichtet, was die Corona-Krise für die Kunden der Deponie bedeutet – von geänderten Öffnungszeiten bis hin zu Wartezeiten. Bislang noch nicht im Fokus: Die andere Seite der Warteschlange – Kühnemunds Arbeitsplatz.

Im März überrannt worden

„Wir sind Mitte März völlig überrannt worden“, erinnert er sich. Als Corona die Geschäfte zum Schließen zwang und viele Veranstaltungen abgesagt wurden, widmeten sich viele Menschen der Gartenarbeit und produzierten dabei jede Menge Grün- und Holzabfälle. Sogar zu Fuß hätten Menschen im Anschluss ihren Abfall gebracht, erzählt Kühnemund, der den Beruf wegen seiner Vorliebe für Chemie und Physik während der Schulzeit gewählt hat.

https://www.waz.de/staedte/bochum/bochum-mehr-restmuell-und-papier-muss-entsorgt-werden-id228907593.html„Es herrschte ja ein Ansammlungsverbot, aber dennoch kamen hunderte Menschen“, sagt er. Der USB sah sich gezwungen, die Zentraldeponie für einen Tag zu schließen, um ein Krisenkonzept zu erarbeiten. Teilweise gehörte die vorübergehende Schließung von Außenstellen dazu, aber auch die Maskenpflicht und die Beschränkung auf Pkw für die Abfallabgaben ohne Termin wurde eingeführt. „Seitdem geht alles geordneter zu“, meint Kühnemund.

Für alle Abfallarten geöffnet

Die Zentraldeponie (Havkenscheider Straße) hat von 7.30 bis 20 Uhr für alle Abfallarten geöffnet. Transporter und Anhänger brauchen einen Termin.

Die Wertstoffhöfe Am Sattelgut, Blücherstraße, Brandwacht, In der Provitze und Schattbachstraße nehmen nur private Anlieferungen mit Pkw an.

Restmüll, Bauschutt und Baumischabfall müssen kostenpflichtig an der Zentraldeponie abgegeben werden.

Abfälle aus ausgemisteten Kellern oder Dachböden sieht er in letzter Zeit besonders häufig. „Den berühmten Schubladen mit Elektrokabeln geht es gerade an den Kragen“, sagt er. Zu den bisher häufigsten Fragen „Was kann in den Hausmüll?“ und „Bis wann habt ihr samstags geöffnet?“ haben sich die Fragen „Muss ich morgen wieder so lange warten?“ und „Wann sind Transporter endlich erlaubt?“ gesellt.

Umgangston wieder rauer

Zu Beginn der Krise sei ihm noch der freundlichere Umgangston vieler Menschen aufgefallen, das lasse aber bereits wieder nach. „Es gibt vor allem Diskussionen wegen der Maskenpflicht. Weil die Müllentladung unter freiem Himmel stattfindet, wollen das viele nicht akzeptieren“, erklärt er. Noch immer müsse man täglich etwa vier Autofahrer wieder zurückschicken. Ob jemand ihn anlächelt oder mit böser Miene dreinblickt – das erkennt Kühnemund auch hinter den Masken.

Die Warteschlangen sind lang, denn seit Corona sind nur noch sieben Fahrzeuge auf dem Parkplatz erlaubt.
Die Warteschlangen sind lang, denn seit Corona sind nur noch sieben Fahrzeuge auf dem Parkplatz erlaubt. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

„Ein bisschen mehr Verständnis wäre schön“, wünscht er sich. Besonders freut er sich in diesen Zeiten über ein „Bleiben Sie gesund“. Anders als bei anderen Betrieben war Kurzarbeit beim USB, der zur kritischen Infrastruktur gehört, kein Thema. Die Coronakrise hat hingegen sogar mehr Arbeit geschaffen: „Wir haben extra Leute für die Zufahrtsregelung abgestellt, außerdem muss die Terminvergabe für Transporter geregelt werden“, erklärt Kühnemund.

https://www.waz.de/staedte/bochum/wattenscheid-usb-wertstoffhof-bluecherstrasse-ab-sofort-offen-id228993427.htmlDamit vor allem die regelmäßige Abfallentsorgung von Restmüll auch im Falle von Coronaausfällen beim USB weiter funktionieren würde, wurden Mitarbeiter kurzfristig geschult, um im Notfall für einen anderen Bereich abgezogen zu werden. Stressiger sei das Arbeiten unter Corona-Bedingungen nicht unbedingt, das körperliche Arbeiten mit Maske sei aber anstrengender. Ob eine Maske nicht gegen Gerüche Abhilfe schaffe? „Daran bin ich nach zehn Jahren sowieso schon gewöhnt“, sagt Kühnemund und lacht.