Bochum. Von den „Känguru-Chroniken“ bis zum Harry-Potter-Musical: Was beliebte Bochumer Theaterpreisträger der letzten Jahre heute so machen.
Johan Simons und das Schauspielhaus-Team haben sich in die Sommerpause verabschiedet und hoffen auf ein Wiedersehen mit dem Publikum im Herbst – so das Coronavirus es zulässt. Die theaterlose Zeit weckt die Erinnerung an Künstler, die vor noch gar nicht so langer Zeit an der Königsallee engagiert waren. Unter dem Motto „Was macht eigentlich... ?“ hat die WAZ nachgeforscht, was aus Bochumer Publikumslieblingen geworden ist.
Dimitrij Schaad als Side-Kick für das Känguru
Im jüngst beendeten Autokino am Kemnader See, und nicht nur dort, war „Die Känguru Chroniken“ ein Renner. Der witzige Film, in dem ein kommunistisch orientiertes Beuteltier die Hauptrolle spielt, begeistert allerorts die Zuschauer. Bochumer Theatergänger konnten zuerst kaum glauben, wer den menschlichen Side-Kick neben dem anarchischen Vieh gibt: Niemand anderer als Dimitrij Schaad, Bochumer Theaterpreisträger der Kategorie Nachwuchs 2011!
„Dimi“ ist hierzulande unvergessen, der quirlige Darsteller überzeugte zu den Intendanten-Zeiten von Anselm Weber in so verschiedenen Produktionen wie „Kurze Interviews mit fiesen Männern“ nach David Foster Wallace oder der Bühnen-Adaption von Franz Kafkas Roman „Amerika“. Vor allem aber hat er sich als „Hamlet“ in der langen Bochumer Aufführungsgeschichte dieses Shakespeare-Dramas verewigt. Nachdenklich und überdreht zugleich, gab er den Dänenprinzen in Jan Klatas schriller Inszenierung, die im März 2013 Premiere hatte.
Vielseitiger Künstler in vielen Rollen
Wie vielseitig der in Kasachstan geboren, in Berlin lebende Darsteller ist, zeigt er nun in den „Känguru-Chroniken“ als phlegmatischer Kleinkünstler Jens-Uwe, der mit dem egoistischen Anarcho-Hüpftier in einer WG haust. Wie viel Dimitrij Schaad steckt wohl in dieser ungewöhnlichen Rolle? „Uns verbindet das grundsätzliche Bedürfnis nach Ruhe und die enorme Verunsicherung bei Annäherungen an potenzielle Liebespartner“, verriet der 34-Jährige in einem Interview.
Ebenfalls zu den Bochumer Theaterpreisträgern gehört Kristina Peters, die 2013 als beste Nachwuchsschauspielerin des Schauspielhauses ausgezeichnet worden war. Ihre zurückhaltenden, fast stillen Rollenaneignungen haben bleibenden Eindruck hinterlassen, man denke an die Darstellung des „Mädchens“ in David Böschs Inszenierung von „Draußen vor der Tür“ (2012) oder Peters‘ elegant-melancholischen Aufritt in dem 40er-Jahre-Drama „Arc de Triomphe“, das 2017 in den Kammerspielen herauskam.
Inzwischen lebt die Schauspielerin in Hamburg, was auch an ihrem aktuellen Engagement liegen mag. Im brandneuen Harry-Potter-Musical, das erst im März in der Elbmetropole Premiere feierte, gehört Kristina Peters in einer Nebenrolle dem großen Cast an. „Harry Potter und das verwunschene Kind“ fühlt sich an wie ein erwachsenes Spin-off der weltberühmten Film- und Romanreihe, das aber auf ganz eigene Art verzaubert. Im Herbst gibt’s weitere Aufführungen. Auf nach Hogwarts, Kristina!
Schauspieler Günter Alt braucht die Bühnenluft
Wer Günter Alt kennt, weiß, dass dieser Schauspieler die Bühnenluft zum Atmen, zum Leben braucht. Umso schlimmer, dass der in Bochum immer noch sehr populäre Mime zurzeit untätig sein muss. Alt, der am Schauspielhaus in dem legendären „Bochum“-Musical seine Paraderolle als knuddeliger „Roger“ gefunden hatte, aber auch als Königin in „Ende gut, alles gut“ glänzte, wurde durch die Corona-Krise stillgelegt. Wie so viele freiberufliche Schauspieler.
Eigentlich hätte der 1961 geborene Bochumer Theaterpreisträger des Jahres 2018, wie in den letzten beiden Jahren, wieder bei den Sommerfestspielen in Bad Hersfeld mitwirken sollen. Aber auch die wurden wegen der Pandemie gecancelt. Seit Mitte März gibt es keine Live-Veranstaltungen im Kulturbereich mehr. Das trifft viele Künstler, aber auch Licht- und Bühnentechniker, Veranstalter und Caterer.
Für viele Künstler geht es um das nackte Überleben
Für sie alle – meist Selbstständige – geht es gerade ums nackte Überleben. Auf seinem Facebook-Profil macht der engagierte Günter Alt wieder und wieder auf diese vergessene Problematik aufmerksam.
Felix Lampert ist einer der gefragtesten freien Darsteller in Bochum, vor allem kennt man ihn als Mann der ersten Stunde im Theater Rottstraße 5. „Fight Club“ mit ihm in der Hauptrolle läuft im Theaterkeller unter den Bahngleisen immer noch – fast zehn Jahre nach der Premiere.
Felix Lampert demnächst im Fernsehen
Bald wird man den 37-Jährigen gebürtigen Dresdner auch im TV bzw. im Internet bewundern können. Lampert spielt eine Hauptrolle in der Event-Serie „Sunny - wer bist du wirklich?“, die von TVNOW, einem Video-on-Demand-Angebot der Mediengruppe RTL, produziert wird. Lampert spielt „Brian Fox“, Leiter einer Fotografie-Masterclass. Sein Credo: nur wenn die Seele des Fotografen im Bild zu sehen ist, ist es Kunst.
Um die Story so erzählen zu können, wie das Produktionsteam es wünscht, ging der gesamte Hauptcast der Serie vor dem Dreh erstmal in Vollquarantäne“, verrät Felix Lampert.
Corona macht vor nichts und niemandem Halt.
>>> Info Theaterferien Schauspielhaus
Das Schauspielhaus bleibt bis zum 10. September geschlossen. Dann steht die Premiere von „King Lear“ (Regie Johan Simons) auf dem Spielplan.
Das beliebte Saison-Eröffnungsfest fällt in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie aus.
Die Theaterkasse im Foyer des Schauspielhauses und das Abo-Büro sind aktuell für den Besucherverkehr geschlossen. Infos unter 0234 3333 5555