Hustadt. Mehr Park, weniger Gräber: Weil sich die Bestattungsrituale ändern, wandeln sich auch die Friedhöfe. In Querenburg feiert einer 125-Jähriges.
Dass selbst Friedhöfe mittlerweile bei Google bewertet werden können, ist eine Merkwürdigkeit dieser Zeit, die sich wohl nicht mehr ändern lässt. Volle fünf Sterne vergibt eine Rezensentin für das Gräberfeld an der Schattbachstraße: „Ein schöner und sehr ruhiger kleiner Friedhof“, so ihr Fazit. „Hier möchte ich begraben werden.“
In der Tat: Unter den vielen Friedhöfen dieser Stadt ist jener am nördlichen Zipfel der Hustadt nahe des Ritterguts Haus Laer gewiss einer der idyllischsten. Nicht nur der Verstorbenen wird hier gedacht: Zwischen alten Grabsteinen und einem neu angelegten „Garten der Erinnerung“ floriert auch das Leben. „Ich treffe immer wieder Leute, die einfach nur vorbei kommen, um hier ein Buch zu lesen“, sagt Ulrike Frielinghaus.
Die ehemalige Friedhofskirchmeisterin engagiert sich mittlerweile ehrenamtlich für den Friedhof und kennt ihn wie kaum eine zweite. Aus einem Ort der Trauer auch einen Ort der Hoffnung und Schönheit zu machen, ist eines ihrer wichtigsten Anliegen. „Man kann sich einfach setzen, die vielen Blumen anschauen, die Aussicht genießen und etwas zur Ruhe kommen“, meint sie.
Friedhof in der Bochumer Hustadt wird 125 Jahre alt
In diesem Jahr wird der Friedhof an der Schattbachstraße 125 Jahre alt, was die evangelische Gemeinde Querenburg eigentlich mit einer kleinen Gedenkstunde feiern wollte. Doch dann kam das Coronavirus dazwischen, und die Feier musste verschoben werden: Voraussichtlich im nächsten Jahr soll sie stattfinden.
Dabei lohnt durchaus ein kleiner Blick in die Historie dieser so familiär wirkenden Grabstätte, die eher aus einer Not heraus gegründet wurde. Denn eigentlich besitzt die Kirchengemeinde bereits einen Friedhof an der Alten Ümminger Straße, der bereits im 17. Jahrhundert gegründet wurde. Heute kaum noch vorstellbar: Mitte des 19. Jahrhunderts stieg die Zahl der Gemeindemitglieder so stark an, dass eine Erweiterung des Ümminger Friedhofs nötig wurde – und schließlich ein neues Gräberfeld gesucht werden musste.
Glockenturm wurde 1995 gebaut
Mehrere Grundstücksangebote wurden geprüft. Den Zuschlag erhielt schließlich der Landwirt Frielinghaus, dessen Hof an der „Gedenkeiche“ lag. Sein Acker lag am früheren Schattbachweg, der erst später zu einer Straße ausgebaut wurde. Am 21. April 1895 wurde der Friedhof eingeweiht, zunächst war er streng konfessionell nur evangelischen Christen vorbehalten. „Diese Einschränkung ist aber längst aufgehoben“, sagt Ulrike Frielinghaus. „Jeder, der dies möchte, kann auf unserem Friedhof die letzte Ruhe finden.“
Prägend für den Friedhof sind drei parallel verlaufende Lindenalleen, die im Sommer viel Schatten spenden und viel zur gediegenen Atmosphäre beitragen. Daneben befindet sich hier die Trauerhalle und die Totenglocke, die bei jeder Bestattung erklingt: Der Glockenturm wurde 1995 gebaut und beherbergt eine der Glocken der ehemaligen Apostelkirche, die beim Bau der Ruhr-Universität wegen des Straßenbaus weichen musste.
Viele Familiengräber werden verkleinert
Eine ganze Reihe von Familiengräbern finden sich heute noch auf dem Friedhof: Einige von ihnen sind von ungewöhnlich großem Format. Ganze Stammbäume alter Querenburger Bauernfamilien liegen hier begraben. „Oftmals wird den Nachkommen der Unterhalt und die Pacht aber zu teuer, sodass die Gräber verkleinert werden“, sagt Frielinghaus. Pfarrer, die in Querenburg und Laer in den Ruhestand gehen oder im Dienst sterben, haben das Recht, in der Pfarrergruft begraben zu werden.
Doch auch an der Schattbachstraße haben sich die Bestattungsrituale im Laufe der Jahrzehnte verändert. Während bis in die 1990er Jahre überwiegend Erdbestattungen stattfanden und jede Familie ihre Grabstätte wie den eigenen Vorgarten hütete und pflegte, werden heute fast 70 Prozent aller Verstorbenen in einer Urne begraben. „Daneben verzeichnen wir eine starke Zunahme von Rasengräbern“, sagt Frielinghaus. „Viele Menschen wollen ihren Angehörigen nicht mit der Pflege ihres Grabes für die nächsten 25 Jahre zur Last fallen.“ Rasengräber sind dagegen denkbar einfach zu pflegen, dafür reicht der Rasenmäher „Solche Gräber machen das Erscheinungsbild von Friedhöfen ärmer“, ist sich Frielinghaus sicher. „Aber sie sind natürlich auch ein Zeichen der Zeit.“
Willkommen im Garten der Erinnerung
Um den Friedhof auch in Zukunft als Ort der Hoffnung erlebbar zu machen, eröffnete die Kirchengemeinde hier im Februar den „Garten der Erinnerung“. Die Gemeinschaftsgrabanlage verblüfft vor allem durch ihre ungewöhnliche Form: Sie wurde gebaut mit einer geschwungenen Mauer und einem Olivenbaum samt Bänken in der Mitte.
Die Anlage bietet Platz für 129 Urnen und sechs Särge, die in unterschiedlich gestalteten Bereichen eingelassen werden können. Ein Teil wirkt etwas japanisch, der andere schon fast mediterran. „Wir hoffen, den Friedhof so lebendig zu halten“, sagt Frielinghaus. „Bei der Gestaltung haben die Gärtnereien Dreier und Franke großartige Arbeit geleistet.“
Nähere Informationen über den Friedhof gibt es unter 0234 / 97 89 927 sowie bei der Genossenschaft der Friedhofsgärtner: 0234 / 35 07 85.