Bochum. In Bochum verunglücken immer öfter Radfahrer. Gleichzeitig stehen sie in der Kritik von Autofahrern und Fußgängern, sie seien oft rücksichtslos.
An einigen Tagen, sagt der Bochumer Polizeisprecher Volker Schütte, habe er morgens bei der Frühbesprechung vier bis fünf Fahrradunfälle vom Vortag auf dem Tisch. Die Anzahl, so sein Eindruck, ist zuletzt deutlich angestiegen.
Allein in den vorigen drei Wochen meldete die Polizei in ihren Pressemeldungen neun Fahrradunfälle nur auf Bochumer Stadtgebiet, auch mit Schwerverletzten. Und das ist nur ein Bruchteil der Radunfälle, die in dieser kurzen Zeit tatsächlich passiert sind.
Seit 2016 sind die Unfallzahlen für Rad- und Pedelec-Fahrer in Bochum kontinuierlich angestiegen: von damals 149 auf 243 im Jahr 2019. Angesichts der Vielzahl der Radunfälle zuletzt dürfte die Kurve in der nächsten Jahresstatistik weiter nach oben gehen; die Radfahr-Saison hat gerade erst begonnen.
Ein Radfahrer verunglückte tödlich
Genaue Fallzahlen für 2020 in Bochum liegen zurzeit noch nicht vor. Sie seien aber, so Schütte, „auf gleichbleibend hohem Niveau“. Ein Radfahrer (60) ist im Mai sogar tödlich verunglückt. Ein Alleinunfall.
>>>Kommentar: Nur mehr bauliche Sicherheit hilft gegen Radunfälle
In Bochum sind immer mehr Radfahrer unterwegs, gerade jetzt in Corona-Zeiten, in denen viele Menschen mehr Freizeit haben. Das führt zu mehr Konflikten mit anderen Verkehrsteilnehmern, vor allem mit Autos und Fußgängern.
Dominik Bald vom Bochumer Fahrrad-Bündnis „Radwende“ erklärt die Unfallhäufung damit, dass die Radwege an vielen Stellen nicht so sind, wie sie sein sollten. Wenn dann auch unsichere und mehr Radfahrer unterwegs seien, gebe es Probleme. Unsichere Radfahrer schafften es zum Bespiel nicht so gut, Bahnschienen möglichst im rechten Winkel zu überfahren.
In etwa der Hälfte der Fälle werden Radunfälle von den Fahrern selbst verursacht. Zudem werden sie regelmäßig und zum Teil heftig von Autofahrern und Fußgängern kritisiert, sie seien rücksichtslos.
Scharfe Kritik an Radfahrern
WAZ-Leser Hans-Walter Peters schreibt zum Beispiel: „Ist es zwingend vorgeschrieben, dass auf kombinierten Geh-/Fahrradwegen die Fahrradfahrer bei Gruppenfahrten MINDESTENS in Zweierreihe fahren müssen? Ist es Vorschrift, beim Rückstau von Autos an Ampelanlagen oder Baustellen, sich zwischen den Autos vorbeizuschlängeln?“
Dominik Bald sagt, dass es sicher auch solche Radfahrer gebe. Aber: Radfahrer und Fußgänger müssten sich oft einen schmalen Weg teilen (etwa die Springorum-Trasse), dann sei der Konflikt programmiert. Fußgänger würden sich erschrecken, wenn Radfahrer sie überholen. Das sei aber „keine böse Absicht“. Deshalb fordert die Radwende breite Radwege auf allen Ausfallstraßen, getrennt von Fußgängern.
Das Problem der vielen Radunfälle besorgt auch Ralf Bindel von der Radwende. „Wir bekommen nicht mehr Radfahrer auf die Straße, wenn mehr Unfälle passieren.“ Autos müssten mehr Platz an Radfahrer abgeben. „Die Stadt wird sich bewegen müssen.“