Bochum. Die Schauspielschule Bochum hat den Lehrbetrieb wegen Corona komplett umgestellt. Mit überraschenden Folgen, nicht nur für die Schüler.

Seit Mitte März ist das Folkwang-Theaterzentrum an der Friederikastraße in Bochum offiziell geschlossen, aber die Schauspieler-Ausbildung liegt deshalb nicht brach. Gleichwohl hat Corona auch hier alles durcheinandergewirbelt. Die WAZ sprach mit Esther Hausmann, Professorin im Bereich "Praktische Theaterarbeit".

Können Sie den Lehrbetrieb in Bochum trotz Corona aufrecht erhalten?

Esther Hausmann: Es ist schwierig, aber wir geben unser Möglichstes. Das Sommersemester haben wir seit dem 1. April komplett online umgestellt. Das ist ein enormer Aufwand für die Studenten und die Dozenten, denn schließlich lebt unser Lehrplan vom Präsenzunterricht. Schauspiel kann eigentlich nur 1:1 in einem Raum und in direktem Kontakt mit dem Lehrer und den Studierenden unterrichtet werden. Allein das Körper- und Stimmtraining über Videokanäle im Internet zu vermitteln, erfordert eine Menge Kreativität von allen Seiten. Wir haben viel experimentiert, um die digitalen Meetings dennoch gut zu gestalten, aber das Ganze ist auch wahnsinnig anstrengend. Dafür sind unsere Studierenden jetzt alle viel erfahrener im Bereich Video und Film.

Klappt der theoretische Unterricht denn einfacher?

Auch hier sind wir merklich an unsere Grenzen gestoßen. Aber nach den ersten Lockerungen im Zuge der Corona-Kontaktbeschränkungen ist es uns mittlerweile immerhin möglich, dass jeweils ein Student des vierten Jahrgangs allein mit einem Dozenten in einem Raum an einer Rolle arbeiten kann.

Auch in der Schauspielschule Bochum gelten die Hygieneregeln

Dies muss natürlich in gehörigem Abstand und nach allen Hygieneregeln erfolgen: also mit Mundschutz bis in den Arbeitsraum und nur dann, wenn die Räume ausreichend groß genug sind. Überhaupt nehmen wir die ganzen Corona-Auflagen sehr ernst. Aber wir hoffen sehr auf weitere Lockerungen vielleicht Mitte Juni.

Einige Bochumer Chöre proben mittlerweile draußen im Garten. Das ginge bei Ihnen im Theaterzentrum doch auch.

Richtig! Diese Möglichkeit nutzen wir. Ich habe auch schon im Geologischen Garten unterrichtet. Da sitzen wir dann weit verteilt unter ein paar Bäumen und achten genau auf die Windrichtung. Eigentlich ganz schön.

Besonders heftig unter dem Corona-Aus zu leiden hatten die Studenten des dritten Jahrgangs, deren lang geplante Aufführung in der Zeche Eins abgesagt wurde – ausgerechnet am Tag der Premiere!

Ja, das war wirklich ganz schrecklich. Die Premiere von „Die Vereinigten Staaten von Amerika gegen Herbert Nolan“ mit Regisseur Thomas Dannemann war nach wochenlanger Probe komplett fertig und musste dann ausfallen. Das ist eine richtig große, schöne Produktion, die das hochaktuelle Thema der manipulativen Medienberichterstattung behandelt und damit viel erzählt über unsere Zeit und unsere Gesellschaft.

Neuer Termin ist nicht sicher

Wir hoffen immer noch darauf, dass wir das Stück irgendwann mal spielen können, aber sicher ist das nicht. Auch die Kurzfassung, die bei einem Schauspielschul-Treffen Ende Juni in Hannover gezeigt werden sollte, wurde abgesagt, da das Festival insgesamt nicht stattfinden kann. Aber selbst wenn die Zeche Eins irgendwann wieder öffnet: Nach den derzeitigen Auflagen dürften pro Vorstellung genau zwei Zuschauer hinein. Damit macht das keinen Sinn.

Normalerweise haben die Absolventen einer solch renommierten Schule kaum Probleme, nach Ende Ihres Studiums Jobs zu finden. Wie sieht das momentan aus?

Viele Theater sind gerade verunsichert und wissen nicht, ob und wann es weitergeht. Das wirkt sich natürlich auch auf die neuen Ensembles an den Theatern aus. Man weiß derzeit einfach nicht, wann der Spielbetrieb an den Bühnen wieder losgeht und wann wieder Filme gedreht werden. Dass unsere Absolventen deswegen auf längere Sicht aber nirgendwo einen Job finden: Dieses Problem sehe ich nicht.

>>> Zur Person

Esther Hausmann (*1959) studierte Schauspiel an den Hochschulen für Musik und Darstellende Kunst in Hamburg und Frankfurt und war an den verschiedensten deutschen Bühnen tätig.

Sie ist seit 2008 Lehrbeauftragte im Studiengang Schauspiel an der Essener Folkwang Universität der Künste und trat 2010 ihre Professur im Bereich "Praktische Theaterarbeit" an der Bochumer Folkwang Schauspielschule an.

Bis zu Beginn der 2000er Jahre arbeitete Hausmann häufig vor der Kamera, vor allem für die Fernsehserie „Die Fallers“, wo sie in über 300 Folgen die Rolle der Mechthild Kramer spielte.

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