Wattenscheid. Die Hygiene-Auflagen der Corona-Pandemie machen Gastronomie-Betrieben in Wattenscheid zu schaffen. Viele Kunden gehen gar nicht vor die Tür.

Sascha Vincon hat nichts dem Zufall überlassen. Die Wiedereröffnung im Kolpinghaus am Wattenscheider Hellweg sollte damals an einem Freitag sein. „Bloß nicht“, das wäre der 13. Januar gewesen, und die Traditionsgaststätte in Höntrop sollte schließlich unter einem glücklichen Stern neu starten. Dann Samstag.

Was nun aber in der Corona-Zeit auf ihn zukommen könnte, hat er sich nie ausmalen können. „Zwei Frühstücke waren es heute“, fasst er zusammen, „und der Biergarten wäre voll“, während draußen gerade an zwei Tischen Kunden sitzen.

Während der Kalender sonst voll wäre, zählt Vincon schnell auf, was alles ausgefallen ist seit Beginn des Lockdowns: Sieben Hochzeiten, Ostern, Konfirmation, Kommunion, Tanz in den Mai, Muttertag, alles Tage für Hochbetrieb. „Das lässt sich nicht nachholen, die Leute essen und trinken ja nicht hinterher zweimal“, sagt er resigniert.

Gläser mit 60 Grad spülen


Auch der Regelbetrieb ist ins Bodenlose gesunken, „keine Stammtische, keiner auf der Kegelbahn, keine Jahreshauptversammlungen“, all das hat dazu geführt, dass hier nun eine Vier-Tage-Woche eingelegt werden muss. „Wer Angst hat, bleibt zuhause“, weiß der Wirt, da kann er die Vorgaben noch so streng einhalten. Und bei denen steckt auch der Teufel im Detail: „Gläser mit 60 Grad spülen heißt, du müsstest ständig das Wasser aufheizen, musst 20 Gläser vorhalten für fünf Bier“, denn die Gläser bleiben lange heiß. Also kommen sie mit dem anderen Geschirr in die Maschine.

Zum Glück hilft der Senior Hans-Josef im „Café Spanier“ am August-Bebel-Platz in Wattenscheid bei Sohn Christian (35) Spanier aus.
Zum Glück hilft der Senior Hans-Josef im „Café Spanier“ am August-Bebel-Platz in Wattenscheid bei Sohn Christian (35) Spanier aus. © WAZ | Uli Kolmann


Sehr überschaubar ist auch der Betrieb im „Café Spanier“ am August-Bebel-Platz, in dem Christian Spanier (35) den Stab von seinen Eltern übernommen hat. Und heilfroh sein kann, dass Vater Hans-Josef (70) jetzt wieder in der Küche mithilft. Denn die vier Mitarbeiter, die hier vorher drinnen wie draußen den Service gestemmt haben, sind jetzt in Kurzarbeit, die Aushilfen weg. Dabei muss alles fast so vorgehalten werden, als wäre kein unter Corona-Abstandsregeln eingeschränkter Betrieb.

Viele gehen gar nicht mehr raus

„Viele gehen gar nicht mehr raus“, weiß der Juniorchef, „gerade mal noch zum Friedhof in Westenfeld, weil sie wissen, da begegnet ihnen auf der Straße niemand.“

Gerade zum Frühstück wollen viele sich mit Freunden treffen, „nicht mehr nur mit dem Partner wie in den letzten Wochen“. Und die Geselligkeit fehlt.

Dazu kommt für die Gastronomen das ständige Überlegen „Machst du alles richtig?“, denn nach dem Vorfall im ostfriesischen Leer, bei dem sich viele Menschen nach einem Restaurant-Besuch mit dem Coronavirus infizierten. Der Betreiber musste inzwischen sein Geschäft aufgeben.

Für einen Kuchen kommt keiner

Es ist allein im Café schwer zu kalkulieren, was überhaupt in die Auslage kommt. „Für einen Kuchen kommt doch keiner“, weiß Vater Hans-Josef. Vielen Kunden, weiß Sohn Christian inzwischen, sind die Auflagen auch unangenehm. „Schatz, hol mal eben die Maske aus dem Auto! Aach nee, dann lassen wir’s für heute lieben“, hört er dann schon mal.

Die Erfassung der Gäste stößt manchem Besucher unangenehm auf, haben die Wattenscheider Gastronomen erfahren.
Die Erfassung der Gäste stößt manchem Besucher unangenehm auf, haben die Wattenscheider Gastronomen erfahren. © FFs | Olaf Ziegler

Oder die Erfassung der Daten, die ist manchem Besucher doch lästig. Die Bögen werden sicher hinter im Büro verwahrt, unterstreicht Christian Spanier. „Aber ich kann doch auch nicht jeden nach dem Ausweis fragen. Und die Dreiergruppe Frauen, die an zwei Tische aufgeteilt wird, die kommt doch nie wieder.“https://www.waz.de/archiv-daten/article217475059.ece

Mit Blick auf die nächsten Feiertage, Pfingsten und Fronleichnam, fällt es ihm und Sascha Vincon in Höntrop nicht leicht, auf Besserung durch die sich schnell ändernden behördlichen Auflagen zu hoffen. „Vor allem schreit jetzt ja auch schon die Nordsee wieder“, schätzt Sascha Vincon.

Auch das kürzlich neu eröffnete Traditionslokal „Kümmelkopp“ am Wattenscheider Hellweg 249 samt „Kapellen-Biergarten“ habe sich „einen Start unter anderen Voraussetzungen gewünscht“, sagt Bernd Wirth zur Osten.