Bochum. Kritisch sehen außer der CDU auch die Linken den Brief von OB Eiskirch an Senioren. Der Vorwurf ist, dies sei öffentlich finanzierter Wahlkampf.

Die Debatte um den Brief von Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) an rund 60.000 ältere Bochumer Bürger im Alter von über 70 Jahren nimmt an Schärfe noch zu. Es geht um die Frage, ob Eiskirch mit diesem Reihen-Brief, der rund 60.000 Euro kostete, mit städtischem Geld indirekt seinen Wahlkampf mitfinanziert. Vor allem die CDU fühlt sich nach der Attacke von SPD-Parteichef Karsten Rudolph vom Wochenende („geschmacklose Angriffe auf die Person des Oberbürgermeisters“) zu unrecht vorgeführt.

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CDU kontert auf Attacke von Karsten Rudolph

Deshalb kontert Christian Haardt, CDU-Fraktionsvorsitzender und Oberbürgermeisterkandidat seiner Partei: „Der Oberbürgermeister muss jetzt dringend Stellung beziehen, ob die Behauptung des SPD-Chefs stimmt oder nicht. Wenn die Behauptung stimmen würde, hätte der Oberbürgermeister überplanmäßige Mittel aus der Wirtschaftsförderung für die Eigenwerbung zweckentfremdet.“ Die CDU fordert, den Dringlichkeitsbeschluss schnell zu veröffentlichen, „damit Herr Rudolph selbst nachlesen kann, dass der Brief nicht Bestandteil des Beschlusses ist. Der SPD-Vorsitzende Karsten Rudolph scheint hier sehr schlecht informiert zu sein oder er agiert bewusst mit falschen Behauptungen“, legt Haardt nach.

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Streit um Inhalt der Dringlichkeitsentscheidung

Zur Frage, was zu dieser Dringlichkeitsentscheidung vom 7. Mai gehörte, äußert sich überraschend auch die Stadtverwaltung: „Bestandteil der Dringlichkeitsentscheidung zur Finanzierung von Maßnahmen im Rahmen des 10-Punkte-Programms für Handel und Gastronomie in der Corona-Krise waren ausschließlich folgende drei Punkte: „Wir sind Bochum“ als digitales Schaufenster der lokalen Händler, ein „Mobilitätspaket“ sowie die Kampagne „Hier, wo das Wir noch zählt“. Wie anderslautende – jedoch falsche - Informationen entstanden sind, entzieht sich unserer Kenntnis.“ In dieser ungewöhnlichen Äußerung seitens der Stadt wird von Beobachtern eine deutliche Kritik an der Einlassung von Karsten Rudolph gesehen.

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Heftige Kritik von den Linken

Außer von der CDU gibt es vor allem aus dem linken Spektrum des politischen Bochums scharfe Kritik an dem Brief und den Umständen der gesamten Kampagne „Hier, wo das Wir noch zählt“. So erklärt Amid Rabieh, Kreisvorsitzender und Oberbürgermeisterkandidat der Bochumer Linken: „Wenn man den Oberbürgermeister fragt, dann soll die Kampagne die Gastronomie und den Handel in Bochum stärken. Aber Plakate mit dem Gesicht von Thomas Eiskirch drauf helfen in der Krise niemandem weiter.“ Dabei teilt Rabieh auch gegen die CDU aus: „Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die CDU solche Beschlüsse an den demokratischen und öffentlich tagenden Gremien vorbei erst möglich macht.“

Passen Sie gut auf sich auf!

In dem Rundbrief an genau 59.240 ältere Bochumer hatte der Oberbürgermeister eigenen Aussagen nach auf die größere Sorglosigkeit vieler Menschen in Bezug auf das Coronavirus reagieren wollen.

Doch von politischen Gegnern wird das Schreiben als verdeckte Unterstützung im Wahlkampfjahr angesehen. Die Angeschriebenen hatten ganz unterschiedlich auf den persönlich gehaltenen Brief von Thomas Eiskirch reagiert.

Flankenschutz von Ex-Ratsmitglied

Das sonst eher auf Distanz zu seiner Partei bedachte ehemalige Ratsmitglied der Linken, Ralf Feldmann, gibt Rabieh Flankenschutz und schreibt direkt an Oberbürgermeister Eiskirch, natürlich über die „Bande“ der Öffentlichkeit. In seinem Schreiben heißt es: „Eine Verschwendung von 60.000 Euro für einen Brief ohne neue Inhalte, der offensichtlich die Funktion hatte, Sie im beginnenden Wahlkampf als guten Menschen von Bochum zu präsentieren, wäre für Ihre Vorgängerin Frau Scholz undenkbar gewesen.“

Soziale Liste: Skandalös und unanständig

In den Wut-Chor stimmt schließlich auch die Soziale Liste im Rat mit ein. Wobei sich Günter Gleising nicht auf die Kritik an den Umständen des Eiskirch-Briefes beschränkt. Vielmehr geht es ihm um die Gesamtkosten von 1,5 Millionen Euro für die Kampagne: „Einen so hohen Betrag in Zeiten der Corona-Pandemie für eine Werbekampagne auszugeben und gleichzeitig nach einem finanziellen Schutzschirm für Kommunen zu rufen, ist schlichtweg skandalös und unanständig“.

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