Bochum. Mehr als 6000 Bochumer haben bisher die Corona-Selbsttests am Harpener Feld vorgenommen. Nun werden Zweifel an den Drive-in-Abstrichen laut.
Sind die Corona-Selbsttests in der Drive-in-Stelle am Harpener Feld zuverlässig? Dr. Eckhard Kampe, Leiter der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) in Bochum, äußert Bedenken, ob die Bürger die Abstriche hinreichend tief im Nasen-Rachen-Raum vornehmen. Die Stadt erkennt keinen Handlungsbedarf.
Seit Beginn der Pandemie wurden in der kurzfristig eingerichteten Drive-in-Stelle in Harpen mehr als 6000 Bochumer mit Corona-Verdacht getestet. Dabei bleiben die Probanden im Auto sitzen und nehmen den Abstrich selbst vor: "erst im Rachen-, dann im Nasenraum. Das Personal vor Ort ist geschult und sorgt dafür, dass die Personen in den Autos richtig und in gebotener Tiefe abstreichen", erklärt Stadtsprecherin Charlotte Meitler.
Fünf Zentimeter in den Nasenraum
"Das kann man als Laie alleine kaum selbst machen", sagt KVWL-Chef Kampe im WAZ-Gespräch. Ein bloßes Abtupfen reiche keinesfalls. Im Rachen müsse man mit dem Teststäbchen möglichst weit ans Rachendach, "hinters Zäpfchen". "Ohne Würgereiz gibt's keinen vernünftigen Abstrich. Da ist die Schwelle schon sehr hoch", weiß Kampe - ebenso wie beim tiefen Nasenabstrich, bei dem das Teststäbchen bis zu fünf Zentimeter in die Nasenhöhle geschoben werden muss, um - mitunter schmerzhaft - die Region zu erreichen, in der die Virus-Konzentration ausreichend groß sei.
Die Kassenärzte haben in ihrem im April eröffneten Behandlungszentrum gleichfalls am Harpener Feld reagiert. "Bei uns werden die Corona-Tests von Ärzten vorgenommen - exakt mit der Methodik, wie sie die Vorgaben vorsehen", betont Eckhard Kampe. Aktuell seien es im sogenannten "Fieberzentrum" 30 bis 40 Tests am Tag, rund 160 in der vergangenen Woche, davon zwölf positiv.
Klinikdirektor warnt vor falschen Ergebnissen
Auch im Katholischen Klinikum sei geschultes Personal, meist Arzthelferinnen, in der Corona-Abstrichambulanz im Einsatz, um die Tests an den Patienten durchzuführen, schildert Prof. Wolfgang E. Schmidt, Direktor der Inneren Medizin. Fachpersonal sei grundsätzlich auch in einer Drive-in-Teststelle erforderlich. Bei den Selbsttests müssten Ärzte, Krankenschwestern oder Rettungssanitäter zumindest erklären und bei Bedarf unterstützen. "Es muss eine Anleitung und wirksame Kontrolle geben. Dann ist das zu schaffen. Je oberflächlicher die Testungen, desto größer das Risiko eines falschen Ergebnisses im Labor", so Prof. Schmidt - mit möglicherweise verhängnisvollen Folgen.
Die Stadt sieht alle Kriterien für eine aussagekräftige Testung erfüllt. "Aus medizinischer Sicht wird die Qualität der Eigen- und der Fremdabstriche als grundsätzlich gleichartig eingestuft. Wir sehen deshalb keine Veranlassung, diese Testroutine zu verändern", teilt die Verwaltung auf WAZ-Anfrage mit.
Tests sollen ausgeweitet werden
Wie berichtet, sollen die Corona-Tests in Bochum deutlich ausgeweitet werden. Bis zu 500 Abstriche täglich werden angestrebt. In der Drive-in-Stelle in Harpen sind aktuell bis zu 250 Tests pro Tag möglich. Die Kapazitäten werden nach einem ersten Ansturm im März/April aber längst mehr nicht ausgeschöpft. Das nutzt die Stadt, um vorbeugend Mitarbeiter von medizinischen Einrichtungen, Rettungs- und Pflegediensten zu testen.